chapter 4: good morning, chris
Chan
Ein fernes Klingeln war zu hören. Es hallte in meinem Kopf nach, was dazu führte, dass dieser nun weh tat. Langsam wurde das Klingeln immer und immer lauter, ehe ich es direkt neben mir hörte. Eine Vibration erschütterte meinen ganzen Körper und ich zuckte kurz.
Meine Augen riss ich auf und saß sofort kerzengerade da. Ich war im Wohnzimmer und sah an die Wand vor mir. Was?
Ich warf einen kurzen Blick um mich und vergewisserte mich, ob alles wie immer war. Alles war wie immer. Das Einzige, was auf den ersten Blick komisch erschien war, dass der Fernseher lief. Wieso war ich hier? War ich gestern beim Fernsehschauen eingeschlafen?
Stimmt, ich war zu ängstlich gewesen, gestern in mein Zimmer zu gehen und dort zu schlafen. Nach allem, was gestern Abend vorgefallen war, traute ich mich nicht wirklich, irgendeinen Raum welcher sich in der Nähe des Ateliers befand, zu betreten. Also hatte ich auf dem Sofa geschlafen.
Etwas benommen sah ich zu meinem Handy, das neben mir lag und vibrierte. Der Bildschirm war erleuchtet und der Name meines Vaters war auf diesem zu erkennen. Kurz verstand ich nicht, bis mir wieder einfiel, dass er nicht hier war und immer morgens anrufen wollte.
Schnell griff ich nach meinem Mobiltelefon und nahm schnell an, bevor meine Mailbox dran gehen würde.
„Na, mein Sohn... habe ich dich geweckt oder warum hast du so lange gebraucht?", hörte ich seine Stimme durch den Hörer und rieb mir etwas über die Augen. Wie spät war es? 7 Uhr oder so.
Das heißt bei meinem Vater war es gerade 23 Uhr nachts.
„Ja, hast du.", meinte ich mit kratziger Morgenstimme und fuhr mir mit einer Hand durchs Haar. Eine kurze Pause, bis ein leises Lachen zu vernehmen war.
„Das tut mir leid. Ich wollte nur kurz nachfragen, wie es aussieht, bevor ich ins Bett gehe. Morgen muss ich wieder früh raus", erklärte er sein doch sehr frühes Telefonat an einem Sonntag Morgen.
„Verstehe schon... wie ist es so in London? Ist das Hotel schön? Wie war der Flug?", fragte ich die Standartfragen und wurde langsam etwas wacher. Ich fühlte mich etwas eklig und schwitzig, da ich mit meinen Klamotten geschlafen hatte und streckte mich.
„London ist schön wie immer, aber wirklich viel habe ich noch nicht gesehen, weil ich erst einmal einchecken musste. Wahrscheinlich sehe ich morgen mehr, obwohl der Ausblick aus meinem Raum auch schon einen guten Überblick über die Stadt hat. Man hat mir einer der teuren Suites gegeben, also gefällt mir das Hotel echt gut. Und der Flug... naja, wie immer. Ich habe die meiste Zeit eh geschlafen", erklärte er alles und ein stummes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Ich liebte es mit ihm über seine Reisen zu reden. Man merkte das er bei solchen Gesprächen einfach aufblüte, was ein weiteres Indiz dafür war, wie sehr er diesen Job liebte.
So redeten wir über unseren gestrigen Tag, aber sonderlich viel war bei keinem von uns passiert. Sobald es mit seiner Arbeit so richtig losging und ich wieder Schule hatte, würde sich dies sicher ändern.
Es war bereits eine Viertelstunde vergangen und mein Vater wollte sich gerade verabschieden, um Schlafen zu gehen, als mir noch etwas einfiel, was ich mit ihm besprechen wollte.
„Du, Dad?", fragte ich dann und hörte ein kurzes „Mhh?".
„Hast du einer der Skulpturen gestern irgendwie nochmal umgestellt, bevor du gegangen bist?", fragte ich und hoffte auf ein „Ja". Alles andere würde bedeuten, dass jemand die Skulpturen verschoben hätte oder... das sie sich von selbst bewegten, was komplett absurd wäre.
„Was? Wie kommst du darauf? Ich stelle nie irgendwelche Figuren um... Selbst wenn, du weißt selbst, wie viel sie wiegen können", meinte er und der verwirrte Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören. Kurz schluckte ich. Er hatte Recht. Diese Wachsfiguren konnten bis an die 100 Kilogramm wiegen je nach Verarbeitung.
Das hieß also, dass irgendwas nicht stimmte. Sofort fühlte ich mich beobachtet und traute mich nicht meinen Kopf auch nur einen Zentimeter nach hintenzudrehen. Auf einmal spürte ich Blicke auf mir und wusste kaum mit allem umzugehen.
„Wieso fragst du, Chris?", hackte er nach und ich war kurz davor ihm alles zu erklären, doch hielt inne. Er würde denken, das ich paranoid werde und irgendwie hatte ich auf einmal Angst darüber zu sprechen. Was ist, wenn man mich umbringt, wenn ich zu viel verrate? Ich begann jetzt schon zu viel in Sachen herein zu interpretieren.
„I-Ist schon gut. Ich dachte nur, dass ich irgendwas gesehen hatte, was sich verändert hat", log ich so halb und lachte, als wäre es nichts.
„Dann ist ja okay. Ich geh dann mal ins Bett.", meinte er und ich nickte. Ja, der Moment, wenn man nickte, obwohl die andere Person es nicht hören konnte.
„Okay, Dad. Gute Nacht. Wir hören uns morgen", meinte ich und meine Mundwinkel zogen sich etwas nach oben.
„Habe einen schönen Tag und bis dann, Chris!", hörte ich ihn sagen, ehe ich mein Handy vom Ohr entfernte und den Anruf beendete.
Für einen kurzen Moment saß ich da und wusste nicht wirklich wohin mit mir. Alles von gestern spielte sich vor meinen Augen ab. Wie war das möglich? Das Witzige dabei war, dass ich nicht wusste, was mir lieber war. Das jemand hier drinnen sein könnte und die Sachen verschob oder das die Skulpturen ein Eigenleben entwickelten.
Vielleicht sollte ich auch einfach aufhören zu viel darüber nachzudenken. Am Ende ist es wirklich nichts und ich verschwende nur meine Energie damit. Es war nur eine Illusion. Genau. Ich war gestern vielleicht nur zu hungrig oder müde gewesen.
Kurz zuckte ich mit den Schultern und knackte mit dem Nacken.
Ich sollte aufstehen und ins Bad gehen, um zu duschen. Irgendwie fühlte ich mich echt etwas eklig und konnte etwas frisches Wasser gut gebrauchen.
Mit aller Kraft, die ich im Moment aufbringen konnte, stand ich auf und streckte mich ausgiebig. Meine Augen schloss ich und mein ganzer Körper zitterte etwas, bevor ich meine Muskeln wieder entspannte.
Etwas schlapp und fast über den Boden schlürfend lief ich durch das Wohnzimmer in den Flur, um zur Treppe zu gelangen. Jetzt müsste ich wohl hoch. Woanders gab es keine Dusche.
Bei der Treppe angekommen, setzte ich den ersten Fuß auf die Stufe und verlagerte mein Gewicht nach vorne. Meinen Blick wendete ich dabei auf.
Der Anblick der sich mir dort bot, war mehr als nur angsteinflößend.
Das konnte nicht wahr sein. Ich musste träumen.
Diese Wachsfigur stand einfach da oben an den Treppenstufen und sah stumm nach vorne. Das war nicht mehr normal. Diesmal konnte ich mit Sicherheit sagen, dass das nicht durch jemanden passiert war. Diese Figur musste sich von selbst bewegen. Anders ging es nicht.
Nie im Leben hätte man sie diese schmale Wendeltreppe heruntergetragen können und das erst recht nicht alleine. Außerdem wäre ich von den Geräuschen hundertprozentig wach geworden. So ein tiefer Schläfer war ich nämlich nie gewesen.
Sofort stolperte ich zurück und landete auf meinem Hinterteil. Mein Blick immer noch starr auf die Skulptur oben gerichtet.
Was sollte ich nun tun? Sie zerstören? Aber mein Vater und ich hatten monatelang daran gearbeitet.
Und dann passierte erneut etwas Unerwartetes. Ein Rollen war zu hören und kurz darauf sah ich einen Stift die Treppenstufen hinunter purzeln, welcher mit einer langsamen Geschwindigkeit auf mich zu kam. Jede Stufe klimperte er herunter, bis er vor meinen Füßen zum Stehen kam.
Wieder dieser Edding.
Irgendwas wollte man mir sagen,... aber was?
---
Hey :D
Ja, es wird gruseliger, aber ich schätze es ist für die Meisten noch zu ertragen, richtig? ^^
Ich hoffe, dass es gemundet hat und bleibt gesund ^^
bye bye <3
DU LIEST GERADE
Sculpture
Romance"Irgendwie sieht diese Skulptur lebendiger aus, als die anderen..." - chanlix (chan x felix) - short story - fluff - kind of creepy - horror elements