chapter 5

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chapter 5: calm down

Chan

Nun stand ich da an den Treppenstufen und wusste nicht was ich tun sollte. Sollte ich jemanden anrufen, aber was sagte ich dann? „Oh, ich glaube einer unserer Wachsfiguren entwickelt ein Eigenleben." Das glaubt mir doch keiner.

Sollte ich einfach an der Figur vorbeilaufen und so tun, als stände sie nicht dort? Das klang fast noch am sinnvollsten. Ich meine, tun konnte sie mir ja nichts. Sie ist und bleibt eine Skulptur, egal ob sie sich bewegte oder nicht. Außerdem, scheint sie sich ja nicht zu bewegen, wenn ich sie im Auge habe, also keinen Grund zur Sorge.

Einfach weiter machen und ignorieren, was hier komisches vor sich geht, Chan.

Einmal atmete ich tief aus und nickte mir selbst zu.

Meine Hand griff nach dem Edding vor mir und ich richtete mich wieder auf. Ich gehe jetzt duschen und gut ist. Jetzt weiter herum zu rätseln, bringt mich nicht weiter.

Mit langsamen Schritten ging ich die Treppen hinauf, bis die Figur des Jungen ohne Namen direkt vor mir stand. Stumm sah ich zu ihm auf und scannte jeden Zentimeter dessen Körpers ab. Besonders achtete ich hierbei auf die Gesichtszüge und ob sich diese verändert hatten.

Nichts. Er stand so da, wie er schon oben im Atelier gestanden hatte. Unverändert und mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Auch wenn er unglaublich hübsch war, machte er mir Angst. Seine Anwesenheit machte mich nervös.

Sei ein Mann, Chan! Es ist nur eine Skulptur!

Als wäre nichts gewesen, lief ich an ihm vorbei und geradewegs in mein Zimmer, das mit meinem eigenen privaten Badezimmer verbunden war. Dort schloss ich die Tür direkt hinter mir und seufzte laut aus. Was war nur los? Warum war alles so komisch seit Vater nicht mehr da ist? Es schien so, als würde man mir was sagen wollen oder als ob man mich verflucht hätte.

In meinem Raum legte ich den Edding auf einem Sideboard ab und musterten diesen kurz etwas abwesend, ehe ich mich abwendete. Ich ging zu meinem Schrank, wo ich nach Wechselsachen kramte und lief daraufhin in mein Bad, welches ich zur Sicherheit ebenfalls von innen abschloss. Man weiß ja nie.

Ich duschte mich und lief halb angezogen und mit noch nassen Haarspitzen aus dem Bad. Diese Dusche hatte echt Wunder bewirkt. Ich schien etwas ruhiger zu sein und versuchte mich abzulenken. Um etwas positive Stimmung in den Raum zu bringen, spielte ich Musik auf meinem Handy. So fühlte ich mich nicht so allein und beobachtet. Musik war echt immer eine Heilung, egal ob von Stress, Angst oder Unsicherheit. Es gab einem etwas Selbstvertrauen.

Mit neuer Energie stolzierte ich durch meinen Raum. Dabei konnte ich mir kaum verkneifen etwas zu der Musik zu tanzen. Keine Ahnung, ob ich wirklich so cool aussah, wie ich glaubte auszusehen.

Als der Song vorbei war, entschloss ich mich in die Küche zu gehen, um mir etwas zu essen zu holen.

Ich griff nach meinem Handy und ging zur Tür, welche ich öffnete und auch wenn ich Angst hatte, drehte ich mich zur Treppe.

Die Statue hatte sich wieder bewegt. Sie stand immer noch am selben Punkt wie zuvor, aber hatte sich um 180 Grad gedreht. Hieß, dass sie mir genau in die Seele starrte. Diese Skulptur schien irgendwie von mir besessen. Immer schien sie mir näher zu kommen oder mich zu beobachten.

Laut ausatmend ging ich auf ihn zu und blieb kurz vor ihm stehen. Er regte sich weiterhin nicht und ich tippte mit dem Zeigefinger auf dessen Wange. Nope, er war immer noch aus Wachs und nichts an ihm war menschlich. Komisch.

Ich bekam langsam aber sicher etwas Panik. Was ist, wenn sie mich immer verfolgen würde? Ich könnte nie wieder in Ruhe schlafen. Ich fühlte mich ja jetzt schon die ganze Zeit beobachtet und der Fakt, dass ich alleine war, machte das Ganze nicht besser.

„Was willst du eigentlich von mir, heh?", fragte ich die Skulptur, als wüsste ich, dass sie mir antworten würde, doch wie war es auch anders zu erwarten: Stille. Dieser Junge ist und blieb eine Wachsfigur.

„Gesprächig unterwegs bist du ja auch noch...", lachte ich und blickte der Statue genau in dessen braunen Glasaugen, welche im Licht schimmerten. Als wieder nichts zu hören war und die Skulptur sich weiterhin keinen Zentimeter bewegte, schnalzte ich mit der Zunge. Wow, mich die ganze Zeit verfolgen können, aber jetzt nichts tun. Wurde ich verrückt oder war das alles eine Art Scherz?

Vielleicht war ich auch einfach zu alleine und bildete mir ein, dass die Figur vor mir stand. Was ist, wenn sie so etwas wie ein imaginärer Freund war, den nur ich sehen konnte? Alles war möglich. Ich meine, warum sollte sich genau JETZT, wo keiner Zuhause war und ich noch keine Freunde an der Schule gefunden hatte, Paranormales abspielen? Es schien wirklich so, als würde sich mein Kopf einen Spaß erlauben, damit ich mich nicht mehr so alleine fühle.

„Wieso rede ich überhaupt mit dir? Du bist sowieso nicht echt und jetzt lass mich zufrieden, du wunderschöner Wachsklotz", motzte ich und musterte die Figur kurz. Auch darauf erhielt ich als Antwort Stille.

Es war so als sprach ich zu mir selbst. Das alles war irgendwie verrückt. Ich war verrückt.

Ich rieb mir über die Augen und entschloss mir etwas zu Essen aus der Küche zu holen. Vielleicht sollte ich das Ganze einfach ignorieren und mein Leben weiter führen, als wäre nichts und diese Wachsfigur nicht suspekt.

Seufzend ging ich wieder nach unten und schleppte mich vor den Kühlschrank. Selbiger war so gut wie leer, was ich nicht wirklich sonderlich toll fand. Es war noch früh am Morgen, also sollte ich etwas essen, was zumindest ansatzweise an ein Frühstück erinnerte.

Der Rest der Pizza von gestern war zum Beispiel eine gute Option.

Diese schmiss ich aus dem Karton auf einen Teller und pfefferte sie in die Mikrowelle. Gesund unterwegs, Chris.

Während meinem ausgewogenen Frühstück schaute ich eine Dokumentation über einen Stadtteil in Hong Kong, der wohl der eng bebauteste Wohnblock der Welt war. Ja, man konnte nie wissen, wozu man solche Informationen mal brauchen könnte. Ich meine, in der Schule lernt man ja auch nichts, was man mal brauchen könnte.

Wie man vielleicht merkte, versuchte ich alles gerade lockerer anzugehen, um mich selbst etwas aufzulockern. Dies klappte aber so gut wie gar nicht. Ich fühlte mich immer noch von allen Seiten beobachtet.

Hör auf zu viel darüber nachzudenken, Chan!! Das macht es sowieso nicht besser.

Vielleicht sollte ich das Haus einfach mal etwas verlassen. So bin ich etwas weiter weg von dem Ganzen hier. Es war Sonntag und die Sonne schien von draußen in das Wohnzimmer. Das waren doch die perfekten Voraussetzungen für einen kleinen Spaziergang durch die Stadt. Die Läden haben auf und es war nicht zu viel los.

Ich schob mir das letzte Stückchen Pizza quer und räumte schnell alles in die Spülmaschine. Jetzt nur noch mein Handy, etwas Geld, eine Maske und den Schlüssel suchen und einpacken.

Alles war unten und ich war nicht dazu gezwungen erneut nach oben zu der Wachsfigur zu gehen. In den Flur musste ich trotzdem und somit auch an der Treppe vorbei. Das würde ich aber überleben, ohne einen Herzinfarkt zu bekommen. Hoffentlich.

Kurz zögerte ich, ehe ich in den Flur ging und meinen Blick zur Treppe wendete. Die Skulptur ohne Namen stand nun schon mitten auf der Treppe und hatte sich somit wieder bewegt und das in so kurzer Zeit. Sie wurde schneller.

Und ab da, wurde es mir zu viel. Schnell nahm ich meine Jacke, stopften alles was ich brauchte in die Taschen, ehe ich meine Schuhe anzog und das Haus in Eile verließ. Die Tür schlug ich zu und schloss sofort von außen ab. Den Schlüssel drehte ich zweimal um seine eigene Achse und verriegelte die Tür zur Sicherheit mit dem Code unseres Sicherheitssystem. Danach rannten meine Füße wie von selbst die Auffahrt hinunter und ich ließ das Haus schnell hinter mir.

Soviel zum Thema „ruhig bleiben".

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Hey :D

Chan hat doch endlich die Flucht ergriffen xD Hätten wohl viele schon um einiges früher gemacht :') 

Naja, ich hoffe, dass euch das Kapitel gemundet hat und dass ihr ein schönes Weihnachtsfest hattet ^^

bye bye <3

SculptureWo Geschichten leben. Entdecke jetzt