Kapitel 16 - Zeit der Emotionen

25 5 2
                                    

Elara's Sicht:
Die Temperaturen waren gestiegen und die Tage wurden immer länger, da die Sonne erst spät unterging. Rayla und Jaiden hatten sich mittlerweile auch an das monatliche Verwandeln zur Vollmondnacht gewöhnt. Ich hasste diese Zeit im Jahr. Sie erinnerte mich immer wieder an meine Kindheit, meine unschöne Kindheit. Doch trotz all den negativen Emotionen und Gefühlen war der Schulalltag gleich geblieben. Langweilig und nervig. NEIN! Wenn ich es so ausdrücke könnte man ja fast glauben, dass es einfach wäre! Denn ganz im Gegenteil. Es ist anstrengend, kräftezehrend und aufwendig! Jeden Tag aufs neue stehe ich auf, in dem Wissen, dass ich am Abend völlig ausgelaugt ins Bett zurückfallen werde, meine Augen schließe und schlafe, um neue Energie zu sammeln, welche ich am nächsten Morgen wieder komplett aufbrauche.

Es ist ein niemals endender Teufelskreis.

Schließe ich meine Augen, tanke ich Energie, wie ein Handy, welches ausgeschalten und aufgeladen wird. Doch sobald ich meine Augen öffne, verbrauche all diese getankte Energie viel zu schnell, wie ein Handy bei dem der Akku kaputt ist.

Manchmal frage ich mich, ob ich alleine mit diesem Problem bin.

Meine kleine Schwester sieht immer glücklich und perfekt aus! Sie lächelt immer, selbst wenn eine Situation noch so aussichtslos ist, strahlt ihr sanftes Lächeln wie ein Stern am Abendhimmel. Sie ist der Lichtblick in meinem Leben, mein Anker, der mich festhält, auf den ich mich immer verlassen kann.

Ein Leben ohne sie ist unvorstellbar.

Es würde gar nicht gehen!

Wir haben schon so viel miteinander durchgestanden.

In unserem Leben haben wir so viele Rückschläge erlitten.

Wir haben unsere Eltern verloren, haben sie nie kennengelernt, haben keine Erinnerungen an sie.
Wurden von Menschen adoptiert, welche uns nicht wie ihre eigenen Töchter liebten, ihren Sohn bevorzugten.
Uns die Schuld an jeglichen Katastrophen oder Beschädigungen im Haus gaben.

Wir wurden misshandelt, geschlagen, angeschrien.
Nächtelang konnte ich nicht schlafen und wenn doch immer in der Angst ich könnte Rayla, meinen Lebensanker verlieren.

Doch trotz allem was uns angetan wurde hat Rayla nie die Hoffnung auf ein besseres Leben aufgegeben und darum beneide ich sie so sehr.

Elara?", riss mich Nico's Stimme aus meinen Gedanken, Geht es dir wirklich gut?" Ja, natürlich...", sagte ich und zwang mir ein Lächeln auf. Nico sah nicht sehr überzeugt aus. Er fragte aber nicht weiter nach und das war auch besser so.
Wir saßen wie so oft schon unter der Trauerweide. Es war Samstag, also hatten wir frei und wir verbrachten schon den ganzen Tag hier. Immer wenn eine Windböe kam, schloss ich meine Augen und schwelgte verloren in meiner Gedankenwelt, in meiner Vergangenheit.

Nach einer Weile stand Nico auf. Ich hole kurz etwas. Warte hier!", sagte er, als er schon los rannte.

Ich liebte ihn. Ich liebte ihn so sehr. Er war ein Mensch, der genauso wie Rayla war. Immer liebevoll, einfühlsam, hilfsbereit und vor allem ein guter Zuhörer. Ich könnte ihm all meine Gefühle, Gedanken, Sorgen preisgeben und er würde an meiner Seite bleiben, zu mir halten, mich festhalten, um mich nicht in meinen Problemen versinken zu lassen. Doch ich tat es nicht, behielt sie für mich.

Ich war so in Gedanken versunken gewesen, dass ich gar nicht bemerkt hatte, dass Nico schon wieder da war. Er hatte seine Gitarre geholt und stimmte sie gerade.

Dann fing er an zu spielen...

Hoffnung stirbt immer zuletztWo Geschichten leben. Entdecke jetzt