UTOPIA

Kapitel 3

"Hallöchen Shiri", begrüßte ich die kleine Katze von Jonas. Er hatte sie vor kurzem neu gekauft und sie damit vor dem Tod durch Einschläferung bewahrt. Das Tierheim hatte gesagt, es habe nicht genügend Kapazitäten für solche Tiere, weswegen viele jeden Tag getötet wurden.

Als Antwort bekam ich ein zufriedenes "Meow".

Jonas mochte zwar manchmal ein Arschloch sein, aber Katzen liebte er über alles.

Seine Wohnung war nicht gerade größer als meine, aber er hatte dafür eine Spielekonsole, an der wir oft die Zeit totschlagen würden. Chips und Cola würden uns auch dieses Mal Gesellschaft leisten.

Wir schmissen unsere Jacken auf den Boden, dann sprangen wir auf das Bett, auf dem sich noch ein Pizzakarton von letztem Mal befand.

Felix hatte sein Handy kurz gecheckt und sah uns nun nachdenklich an.

Neugierig nickte ich ihm zu. "Was ist?"

"Ach, nichts wirklich Besonders. Kate und Madox haben Schluss gemacht"

Ich lachte kurz auf. "War ja auch nicht anders zu erwarten, keine Beziehungen von beiden haben jemals lange gehalten"

"Ich habs dir doch gesagt, nicht mal drei Wochen halten die durch!", kommentierte Jonas. "Übrigens, haben wir nicht darüber gewettet?"

"Ich weiß nicht, wovon du redest"

Felix schaute ihn mit gespielter Unwissenheit an.

"Jajajajaja, du willst nur nicht blechen! Los, her mit dem Geld, wir hatten 10 Euro gewettet"

"Ich hab wirklich keine Ahnung", grinste Felix.

"Komm, Ryder, du hast es doch auch gehört, oder?"

Die beiden wandten ihren Blick zu mir, beide bittend.

"Uhhhh"

"Was soll uns das jetzt sagen?"

"Ich meine... ehm... macht das unter euch selbst aus, ich hab damit nixe zu tun, euer Problem"

Felix sah Jonas feixend an. "Na, siehst du?"

"Kinder", erwiderte dieser. "Lass ich nur heute durchgehen"

Ich lachte. "Hast du die letzten Male auch gesagt"

"Ich bin zu großzügig mit euch, merk ich schon"

"Wir teilen unser Geld doch eh iwie"

"True"

"Wie läufts eigentlich mit Leyla?", fragte Felix mich interessiert.

"Gut wie immer, haha"

"Mann, ihr seid jetzt schon seit zwei Jahren zusammen. Soviel Glück möchte ich auch haben"

Jonas kicherte fies. "Das liegt nicht an Glück, das liegt an deiner Fresse"

"Du Hurensohn, eins aufs Maul?"

Von seinem Ton konnte man allerdings hören, dass er es mit Humor nahm. Wir beleidigten uns eh immer.

Mit einem Knall schlug ich eine Chipspackung auf, dabei fiel gefühlt die Hälfte des Inhalts auf den Boden.

"Du kannst echt nixe lmao"

Ich überhörte den Kommentar und holte eine Schüssel aus einem kleinen Schrank.

Shiri sprang zu den anderen aufs Bett und ließ sich von Felix kraulen.

"Arme Katze", meinte er.

Jonas nickte traurig. "Ja, sie hat wohl einiges durchgestanden"

"Das mein ich doch gar nicht. Ich mein, sie hat Pech bei dir gelandet zu sein. Der Armen würde es im Jenseits sicherlich besser gehen"

"Fick dich"

"Hast doch gewusst, dass das kommt"

"Schon iwie"

Ich stopfte mir ein paar Chips ins Maul, während die zwei weiterstritten.

"Wie kann man eigentlich nur so verfressen wie Lance sein?"

"Wüsste ich auch gerne"

Grinsend drehte ich mich um. "Ihr seid nicht besser"

Ein paar Krümel fielen von meinem Mund runter.

"Zumindest können wir richtig essen"

"Auch wieda recht"

"Jonas, hast du dich nicht mal an ner Dating-Seite angemeldet?"

"Joa, sind aber alle scheiße. Auf solchen Plattformen findet man eh nix Vernünftiges, One-Night-Stand und das wars"

"Kannst im Moment doch eh nichts anderes gebrauchen, oder? Also no front jetzt, das war ne ernste Frage"

"Ist im Moment halt bissel scheiße mit Arbeit und so, mein Boss will nämlich, dass ich noch öfters und länger für ihn arbeiten geh als sonst, ziemlich stressig grad, er ist ein wenig besorgt"

"Besorgt?"

"Ja, weil die Cops im Moment immer mehr von uns fangen und auch öfters Razzien durchziehen, viele trauen sich im Moment nix zu kaufen, damit geht die Kundschaft und das Geld pleite"

Felix holte sich auch ein wenig Chips. "Ich könnte eigentlich auch mal wieder ein bissel Stoff gebrauchen"

Ich hielt mich raus. Wie gesagt, noch ganz war ich in der Drogenszene nicht drinne. Plante ich auch nicht wirklich, nur ab und zu ein wenig leichteres Zeug auf Partys oder so, mehr nicht.

Auch hatte ich mal mitbekommen, wie Felix beinahe ausgerastet war. Er war schon ein wenig abhängig, an dem einen Tag war es ihm ziemlich schlecht gegangen, also hatte er versucht, seine Frust in Drogen zu erstecken. Hatte aber keine, war auf die Straße gegangen und hatte beinahe Leute zusammengeschlagen, wenn ich nicht in der Nähe gewesen wäre.

Daraufhin hatte er gesagt, er würde es nie mehr nehmen. Wollte auf eigene Kraft einen Entzug machen, hatte dies aber nach ein paar Wochen wieder aufgegeben.

Und ja, Jonas war ein Dealer. Er hatte mal von Freunden ein wenig Stoff bekommen, und hatte danach versucht, an mehr zu gelangen. Hatte dabei ziemlich viele Leute gefragt und einen ziemlichen Wirbel ausgelöst. Am Ende wurde er als vertrauenswürdig abgestempelt und hatte einen neuen Job, der ihm genügend Geld einbrachte.

Jonas schaltete seine Konsole ein und schob die neuen Spiele in den Player.

Ein Playstation6-Logo grüßte uns.

Ich blickte auf die Uhr. Es war jetzt 14 Uhr, um 7 würde ich losfahren und Leyla abholen, dann würden wir uns irgendwo hinsetzen und den Abend genießen.

Die Spielmusik schreckte mich aus meinen Gedanken, und ließ mich in eine faszinierende Welt eintauchen.