Kapitel 2

214 10 7
                                    

Mit einem gehässigen Grinsen schaut er mich von oben herab an. Ich winde mich unter seinem starrenden Blick, doch letztendlich weiß ich, dass das nichts bringt. Ich bin hier gefangen. Seinetwegen. 

Während ich meinen Kopf zur Seite drehe und der Sonne, die das Zimmer mittlerweile in orange-gelbliches Licht taucht, entgegenblinzle, tritt er zur mir heran, den Blick immer noch fest auf mich gerichtet. 

Als er dann vor mir steht, schaue ich noch immer nach draußen in den stillen Garten, als gäbe es nichts spannenderes.  

Dann befreit er mich von der Liege und führt mich aus dem Zimmer in einen Behandlungsraum, der noch viel steriler als mein Zimmer ist. Durch die lange Zeit, die ich nun schon hier liege, sind meine Beine die Belastung schon nicht mehr gewohnt, sodass ich mich erschöpft auf die Behandlungsliege sinken lasse, obwohl ich doch am liebsten abhauen würde. 

Als erstes nimmt er mir dann ein wenig Blut ab. Was auch immer er daraus ablesen möchte. Dann spritzt er mir irgendwas. Obwohl ich eigentlich nicht mit ihm reden will, frage ich: „Was macht das?" 

Er macht eine wegwerfende Handbewegung und murmelt irgendwas, was nach einem 'Egal' klingt. Idiot halt. 

Schlussendlich wühlt er in einem Kühlschrank, bis er dann anscheinend gefunden hat, was er gesucht hat. 

Mit einer bis oben gefüllten Blutkonserve dreht er sich dann wieder zu mir um. Meine Augen weiten sich vor Schreck. Was zum Teufel hat er damit vor? 

Statt wie ein normaler Mensch eine Schere zum Öffnen der Tüte zu nehmen, rammt er seine Zähne hinein und reißt so ein Loch hinein. Aber was will er denn nun damit tun? 

Still reicht er es mir, doch ich schaue ihn immer noch völlig verständnislos an. 

Genervt verdreht er die Augen und befiehlt: „Trink das!" 

Ich schätze, meine Gesichtszüge entgleiten mir in diesem Moment völlig. Ich meine, das kann doch nicht sein Ernst sein... oder? 

Angewidert rümpfe ich meine Nase und schüttle den Kopf. Keine zehn Pferde könnten mich dazu bringen Blut zu trinken. Das ist einfach widerlich. 

„Als ob du eine Wahl hättest", wirft er mir überheblich entgegen. 

Natürlich hab ich die. Was will er schon machen, wenn ich meinen Mund einfach zumache? 

Plötzlich spüre ich, wie er meinen Nacken mit festen Griff gepackt hält. Und dann geht alles ganz schnell. 

Er drückt meinen Kopf ein Stück hinunter, sodass mir der metallische Geruch des Blutes in die Nase steigt. Im ersten Moment will ich mich angewidert aus seinem Griff befreien, um von dem Blut wegzukommen. Doch dann verändert sich irgendwas in mir.  

Plötzlich riecht das Blut nicht mehr ekelerregend, sondern fast schon appetitlich. Und dann überkommt es mich schlagartig und ich reiße dem Idioten die Blutkonserve gierig aus der Hand und schütte sie mir in den Hals. Und ehe ich darüber nachdenken kann, ist das Blut auch schon alle. Verzweifelt schüttle ich die Tüte noch ein letztes Mal über meinem offenen Mund, um auch wirklich den kleinsten Tropfen noch zu bekommen. 

Wie aus weiter Ferne höre ich ein tiefes Lachen und schaue auf. Natürlich ist es nur der Idiot, der mir das Blut auch gereicht hat, doch trotzdem wische ich mir peinlich berührt mit meinem Ärmel über den Mund, sodass auf dem, wie man es aus Krankenhäusern nun mal gewohnt ist, weißen Nachthemd eine Blutspur zurückbleibt. 

Ich kann nicht glauben, was da in mich gefahren ist. Dieser plötzliche Blutdurst widert mich ehrlich an. Außerdem habe ich ein schlechtes Gewissen, schließlich kam dieses Blut ja von irgendwem. Oder was, wenn es das Blut von einem kranken Patienten war? Schnell schüttle ich meinen Kopf, um diesen Gedanken wieder zu vertreiben. 

Amüsiert schaut der „Arzt" mich an und fragt: „Was hast du denn?" 

„Von wem... war das Blut?", frage ich zögerlich. Eigentlich will ich die Antwort doch lieber nicht wissen. 

„Mach dir darum keine Sorgen. Es war weder krankes Blut noch das eines Menschen." 

Ich atme erleichtert auf, während ich mich auch frage, wie er gerade auf die Dinge kommt, über die ich gerade eben noch nachgedacht habe. 

Doch dann kommt die schockierende Nachricht von ihm: „Es war mein Blut." 

Sein Blut. Idiotenversautes Blut. Als wäre es nicht so schon schlimm genug, dass ich Blut getrunken habe. 

Angewidert springe ich auf und werde erstaunlicherweise nicht mal aufgehalten. Gut, die Tür hat er wahrscheinlich sowieso abgeschlossen. Aber ich will ja auch gar nicht fliehen, zumindest nicht jetzt. 

Ich stütze mich über das Waschbecken und spüle meinen Mund eine gefühlte Ewigkeit aus. Zwar fühle ich mich danach noch immer nicht viel besser, aber immerhin ein wenig. 

Er notiert sich noch ein paar Sachen in meine Krankenakte, bevor er mich dann ausmisst und ich die Waage besteigen muss. Anscheinend habe ich das Schlimmste nun überstanden, denn nun notiert er lediglich noch die Messergebnisse. 

Gerade als ich mich wieder hinsetzen will, steht er auf und deutet mit der Hand auf die Tür. 

Seufzend folge ich ihm. Auf, auf in mein Verlies. Zumindest fühlt es sich so an. 

Während wir zu meinem Zimmer laufen, schweigt mein allerliebster Doktor. Generell war er heute sehr schweigsam. Außerdem scheint er es eilig zu haben. Die ganze Zeit checkt er die Zeit auf seiner Armbanduhr ab. Und als wir dann vor dem Zimmer ankommen, öffnet er bloß die Tür und schiebt mich ins Zimmer hinein, bevor er die Tür mit Nachdruck wieder zuzieht. 

Völlig verdutzt stehe ich in dem stillen Raum. Er hat mich nicht angebunden. Ich kann mich bewegen! 

Freudig laufe ich in dem Raum hin und her, zu der großen Fensterfront bis hin zum Bad. Dann lasse ich mich erschöpft aufs Bett fallen. Ich sollte es nicht gleich so übertreiben. 

Vielleicht hat er die Tür zugeschlossen, vielleicht auch nicht. Das werde ich nachher herausfinden. 

Wer weiß, vielleicht bin ich hier ja doch bald schon wieder weg?

________________________________________________________________________________

Hey Leute,

ich hoffe euch gefällt das hier einigermaßen, ich muss mich noch ein wenig an die ich-Sicht und die Gegenwart gewöhnen, aber ich schwöre, das wird noch besser^^

- Daydream_xx

Stormgrey or Bloodred?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt