(6) Ursula

7 0 0
                                    

Nachdem Lee mich zum Tisch gebracht hatte, auf dem heute trockene Nudeln standen, konnte sie auch schon nach Hause gehen. Das hat mich ein wenig belastet, weil ich gehofft hatte, sie könnte auch beim Essen bei mir bleiben. Denn ich weiß schon ganz genau was, oder besser gesagt, wer jetzt auf mich zukommen wird.

Ursula eine 60 jährige schizophrene Patientin...

Sie setzt sich gegenüber von mir an den Tisch.

„Hallo Leo, mein Schatz!", begrüßt sie mich mit ihrer kratzigen und unangenehm hohen Stimme.

„Bist du immer noch so schüchtern, dass du nicht mit mir reden willst?"

Ich bin nicht schüchtern, aber ich hoffe, dass mein ewiges Schweigen sie irgendwann langweilen wird. Damit sie endlich nicht mehr zu mir kommt. Denn den Pflegern, ist es komplett egal, dass Ursula mich ständig belästigt.

„Ach Schätzchen, du weißt doch, dass du nicht schüchtern sein musst. Du machst mich viel wütender, wenn du nichts sagst."

Sie sagt das alles nicht wie eine nette alte Dame, sondern eher wie eine verschrumpelte Hexe aus einem grausamen Märchen. Sie macht mir wirklich Angst.

„Hast du schon gemerkt, dass ich eine neue Verletzung an meiner rechten Handoberfläche habe?"

Ich schüttle meinen Kopf, woraufhin sie mir ihre faltige Hand direkt vor meine Augen hält. Man könnte fast meinen, sie würde ihre Hand, jeden Moment in mein Gesicht drücken wollen.

„Diese tiefen Kratzer haben mir die schwarzen Dämonen hinzugefügt. Du weißt schon, die Dämonen, die mich täglich verfolgen und mir Schaden zufügen. Die, die Löcher, statt Augen haben. Aus diesen Löchern floss gestern noch mehr Blut als sonst. Und willst du auch wissen, wie sie mich verletzt haben?"

Sie macht mir so viel Angst. Ich verspüre keinen Appetit mehr und merke, wie mir ein kalter Schauder über den Rücken läuft. Mir steigen Tränen in die Augen. Ich will am liebsten gar nichts von Ursula wissen und das weiß sie eigentlich auch.

„Willst du es jetzt wissen? Schätzchen, du musst doch einfach nur deinen Kopf von oben nach unten bewegen. Wo liegt da das Problem?"

Ich werde nicht nicken. Also schüttle ich meinen Kopf.

„Ach, Mädchen. Das was du gemacht hast nennt man Kopf schütteln, du hättest jedoch nicken sollen. Ich bin mir sicher, dass das ein Versehen von dir war. Also gut, dann erzähle ich dir Mal wie diese schwarzen Dämonen mir wehgetan haben. Ach vorher, wollte ich noch erwähnen, dass sie mir gesagt haben, wenn du weiter schweigen wirst, werden sie dir auch weh tun."

Ich kann das nicht mehr ertragen. Ich muss ihre Worte irgendwie ausblenden, ich muss mich irgendwie ablenken. Denk an was Schönes!

„Da ist nichts Schönes!"

Doch! Mein Bruder oder die neue Pflegerin zum Beispiel.

„Meinst du den Bruder, der dich schon seit Wochen nicht mehr besucht hat?"

Das stimmt doch gar nicht! Er war vor ein paar Tagen noch hier!

„Ach war er das? Entschuldigung hatten wir wohl ganz vergessen."

„Sag Mal Leo, hörst du mir überhaupt zu?"

Ich nicke und gucke währenddessen nur auf meine trockenen Nudeln.

„Ach Mädchen, hör doch auf mich anzulügen!"

Ich will einfach nur noch weg von hier! Also stehe ich auf und frage einen Pfleger, ob er mich in meine Zelle bringen kann.

„Hast du denn schon aufgegessen?"

„Nein, aber Ursula erzählt mir schlimme Sachen! So kann ich nicht weiter essen."

„Mhm, verstehe. Die tägliche Ausrede also. Wenn du jetzt auch noch magersüchtig wirst, bringt dich das auch nicht weiter!"

Ich schweige, da mir Mal wieder, nicht geglaubt wird. Naja, was hatte ich auch anderes erwartet.

Leo, dein ewiges Schweigen bringt dich auch nicht weiter."

Das ist so gemein! Wieso musste mir das alles passieren?! Wieso? Hab ich das wirklich verdient?! Ich will einfach nur noch sterben! Bitte! Erlöst mich!

„Meinst du uns?"

Nein!

Wer soll dich denn dann erlösen?

Sag uns, bist du jetzt gläubig geworden?"

Nicht wirklich.

„Aber was denkst du denn dann wieder für ein Schwachsinn?"

Ich weiß es selbst nicht...

Weil du dumm bist!"

„LEEOO! Bist du in einer anderen Welt abgetaucht?!"

Ich gucke dem Pfleger kurz in die Augen und gucke anschließend aber auch schnell wieder nach unten.

„Ich hab dich was gefragt! Antworte mir, gefälligst!"

„Ich weiß nicht. Kann schon sein."

„Aha... kommst du jetzt mit mir, zu deiner Zelle, oder willst du ewig hier stehenbleiben?"

„Nein, ich komme ja schon."
________________________________
Hi, ich werde jetzt demnächst wahrscheinlich wieder regelmäßiger updaten. Findet ihr das mit den Absätzen so besser?

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 07, 2021 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Psycho Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt