1. Das Zuhause verlassen

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Dieses Buch widme ich meiner guten Freundin, Künstlerin und Übersetzerin, Zee, die mich seit Anfang an unterstützt.

~ Samine

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Der sanfte Duft von Lavendel wehte durch die mit Spitze bedeckten Vorhänge und strich durch Camellias Haar, genau, wie die zärtlichen Finger ihrer Mutter.

"Liebling," sagte Mrs. Larke. "Du wirst sie doch die ganze Zeit um dich haben, wieso bleibst du nicht noch ein paar Tage länger bei uns? Wir gehen sicher, dass es dir wirklich gut geht!"

Camellia seufzte und vermied den Augenkontakt zu ihrer Mutter, stattdessen fixierte sie, mit vorgetäuschter Interesse, ihren Blick auf eine Taube, die auf der Straße vor ihrem Fenster gegen das Kopfsteinpflaster pickte. Mit der gleichen Angst vor dem Gehen, wie Camellia, lehnte ihr vollgestopfter Koffer, dessen Nähte fast rissen, sowie ihr Stoffbeutel gegen ihren Stuhl. Die Eule der Familie pfiff Camellia verächtlich zu, woraufhin sie ihm einen bösen Blick zu warf, bevor ihre Mutter wieder zu sprechen begann.

"Cami, Schatz, geht es hierbei um—"

"Nein, nein, Mum, es ist nicht wegen ihm," unterbrach Camellia schnell, wobei ihre Wangen heiß wurden. "Mach dir darum keine Sorgen. Es ist nur, weil ich— Ich hab schon gepackt, weißt du? All meine Sachen, mein Zimmer ist komplett leer, ich habe auf dem Sofa geschlafen..."

"Es hat dich aber keiner dazu gezwungen, oder?" kam Mr. Larkes Stimme vom Sessel, nur wenige Meter entfernt. Camellia machte den Fehler ihren Kopf zu heben, womit sie direkt in die durchdringenden Augen ihres Vaters blickte, der sie über seine Lesebrille hinweg ansah. "Wir haben dir gesagt, es gibt keine Eile deine Sachen raus zu räumen und dass wir dir helfen würden zu packen, sobald du bereit wärst. Es scheint, als wärst du in einer furchtbaren Hektik. Deine Mutter und ich machen uns einfach nur Sorgen um dich, mehr nicht."

Als sie mit 18 Jahren Hogwarts, nach dem abrupten Ende des Krieges, verlassen hatte, zog Camellia zurück zu ihren Eltern nach Èze, einer kleinen Gemeinde im Süden Frankreichs, wo diese seit ihrem 13 Lebensjahr lebten. Ein Jahr war vergangen, seitdem sie die Schule, aufgrund des Krieges, einen Monat zu früh verlassen hatte und mit jedem Tag wurde ihr Wunsch, zurück nach England zu kehren, größer. Natürlich nicht, weil sie ihre Familie nicht lieben würde... aber mit ihrem Vater in diesem Muggel-Antikladen zu arbeiten war ermüdend und anders, als er es sich erhofft hatte, war es nicht die Zukunft, die sich Camellia erträumt hatte.

"Ich weiß, Dad," meinte Camellia. "Ich weiß. Aber es ist schon fast ein Jahr vergangen und im Oktober werde ich 20. Ich liebe es mit dir im Laden zu arbeiten, wirklich, aber ich denke ich bin dafür bereit zu gehen und mir einen anderen Job zu suchen. Außerdem habe ich euch doch gestern gesagt, dass ich für heute einen Portschlüssel eingeplant habe und ihr habt gesagt, es wäre in Ordnung—"

"Zu dem Zeitpunkt hatten deine Mutter und ich noch nicht darüber gesprochen. Wir wissen einfach nicht, ob das das Richtige für dich ist, Liebling," sagte Mr. Larke, indem er sich in seinem Sessel nach vorne lehnte. Wir unterstützen dich natürlich, wenn du ausziehen willst, aber muss das genau jetzt sein? London ist ein gefährlicher Ort— und außerdem ist die Schule noch immer geschlossen, oder nicht?"

Camellia atmete erneut tief durch. Ihr Vater hatte recht— London lag noch immer aufgrund des Krieges in Trümmern und Hogwarts war tatsächlich nach wie vor geschlossen— doch ihr Eigensinn und ihr Verlangen, ihr Zuhause zu verlassen, überkam sie. "Ich werde gehen, Dad. Ich werde in Sicherheit sein! Ich komme bei den Weasleys unter und ihr wisst, sie wohnen weit weg von der Stadt. Sie haben sogar schützende Zau—"

Golden Boy | Deutsche ÜbersetzungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt