Kapitel 5

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Eher ich mich versah war es Freitag geworden und ich fieberte auf das Essen mit Mr. Cumberbatch hin. Bereits gegen fünf verabschiedete ich mich auf der Arbeit mit der Begründung, dass ich zu einem Geburtstag eingeladen wurde. Dann ging ich nach Hause, sprang unter die Dusche und bereitete mich körperlich wie seelisch auf den Abend vor. Ich hatte keine Ahnung was mich erwartete und wollte es einfach auf mich zukommen lassen. Da mein Tages-Make-up sonst eher schlicht ausfiel, wagte ich mich heute an etwas Lidschatten und Eyeliner. Meine Haare steckte ich locker zusammen, sodass mir einzelne hellbraune Strähnen ins Gesicht fielen. Anschließend schlüpfte ich in das von Charly ausgewählte Kleid und zog mir dazu passende schwarze Highheels an. Mein Handy, Portemonnaie, Schlüssel und Kleinkram quetschte ich in eine kleine silberne Clutch.
Es war kurz nach halb acht, als ich das Gesamtbild zufrieden im Spiegel betrachtete. Ich verließ mein Apartment und stieg in das Taxi, dass ich mir für halb acht bestellt hatte. Im Londoner Verkehr war nie klar, ob man rechtzeitig ein Taxi finden konnte. Trotzdem zog ich diese kleinen Gefährte vor, anstatt selbst zu fahren. Auf dem Rücksitz des Taxis stieg mir langsam aber sicher die Aufregung hoch. Am Freitag Abend war der Berufsverkehr besonders schlimm und ich kam fünf Minuten zu spät am Peninsula an. Ich bezahlte des Taxifahrer, während ein Angestellter des Restaurants meine Tür öffnete und mir aus dem Auto half.

>Mrs. Taylor?<, fragte er freundlich. >Die bin ich.<, antwortete ich knapp. >Wenn Sie mir bitte folgen würden.< Der junge Mann führte mich quer durch das Lokal bis in den Wintergarten, der an die inneren Räumlichkeiten angrenzte, von dem man aber einen wunderschönen Blick nach draußen hatte. An einem Tisch, welcher gleichzeitig der einzig besetzte war, saß Mr. Cumberbatch bereits. Als er mich sah, stand er auf und lächelte. Selbstverständlich entging mir nicht, dass er mich kurz von oben bis unten gemustert hatte. Zugegeben, er selbst machte auch eine gute Figur in seinem schwarzen Anzug.
>Haben Sie gut hergefunden?<, frage er, als wir uns förmlich die Hand reichten. >Das Taxi hat in der Tat gut hergefunden<, erwiderte ich mit einem Schmunzeln. Im gleichen Moment kam direkt ein Kellner, welcher nach Getränken und Speisen fragte. >Trinken Sie Rotwein?<, wollte mein Gegenüber wissen, was ich bejahte. Also bestellte er eine Flasche des teuersten Rotweins. Dazu bestellte sich jeder von uns etwas zu Essen. Die Bestellungen ließe nicht lange auf sich warten und uns wurde Wein in zwei Gläser gefüllt, sowie lecker duftende Teller auf den Tisch gestellt. Dann verließen die Kellner der Wintergarten und schlossen die Tür hinter sich.
>Also dann.. auf ihre grandiose Arbeit.<, verkündete Mr. Cumberbatch und erhob sein Glas. Ich tat es ihm gleich und trank einen Schluck des köstlichen roten Getränks. Er war fruchtig und nicht allzu trocken, das mochte ich sehr. >Haben Sie oft Interviews mit... ähhm..<
>Mit bekannten Leuten wie Ihnen?<, unterbrach ich sein Gestotter. Er wurde ein wenig rot, doch nickte. >Gelegentlich. Für Gewöhnlich lasse ich meinen überaus engagierten Kolleginnen den Vortritt.<, erklärte ich ihm. >Und wieso dieses mal nicht?<, hakte er weiter nach und sah mir direkt in die Augen. Aktuell waren seine Augen stechend blau und schienen durch mich hindurch zu sehen.
>Dieses mal ließ sich das wohl nicht vermeiden. Aber wie es scheint, war da ja nicht das Schlechteste, was passieren konnte.<, redete ich weiter und versuchte seinem Blick standzuhalten. >Mr. Cumberbatch..<, begann ich, doch wurde von ihm unterbrochen.
>Benedict. Oder Ben.<, sagte er nur. Als er meinen fragenden Blick sah, musste er lachen. >Mr. Cumberbatch ist mein Vater. Mich nennen alle Ben.<, erklärte er. >Sophia.<, platzte es aus mir heraus. Wenn ich ihn beim Vornamen nannte, sollte er das auch tun, obwohl wir die geschäftliche Ebene damit wohl überschritten. >Also Benedict..<, setzte ich erneut zu meiner Frage an. >Warum bin ich heute hier?<
Benedict schien etwas verlegen zu werden. >In ein paar Wochen ist da diese Premiere in New York von einem neuen Film und Ihre Zeitschrift braucht doch sicherlich jemanden für diesen Abend.<, begann er zu reden. >Nun ja, normalerweise machen das unsere Kollegen in New York.<, erläuterte ich, lehnte mich in meinem Stuhl zurück und trank noch einen Schluck Wein. >Ein paar meiner Freunde und Kollegen haben Ihren Artikel gelesen Sophia und würden sie unheimlich gern kennenlernen. Also biete ich Ihnen an mit mir nach New York zu fliegen. Sie bekommen VIP-Pässe und können alles festhalten, was hinter den Kulissen so passiert. Das wäre als wäre als  für unseren Film gut und für Ihre Zeitschrift.<, beendete Benedict seinen Vortrag und sah mich neugierig an. Für unsere Zeitschrift wäre das natürlich ein riesiger Gewinn. >Und warum schlagen Sie mir das vor und nicht ihr Management?<, fragte ich nach. Benedict huschte ein Lächeln über das Gesicht. >Das liegt eher an persönlichem Interesse.<, sagte er dann schließlich und lehnte sich ebenfalls zurück. Verlegen schaute ich zu Seite und versuchte die Röte an meinen Wangen zu unterdrücken.
>Sie verstehen sicher, dass ich das nicht allein entscheiden kann.<, antwortete ich, als ich ich wieder beruhigt hatte. Benedict kramte in der Innentasche seines Jackets und zog einen Umschlag hervor. >Selbstverständlich, darum ist hier ein erster Vertrag den sie Ihrem Vorgesetzten vorlegen können.<, sprach mein Gegenüber und reichte mir den Umschlag. Ich drehte den klaren weißen Umschlag in meinen Händen und steckte ihn schließlich in meine kleine Tasche. >Ich werde das am Montag meinem Vorgesetzten vorlegen. Ich bin mir sicher, dass er sich deswegen mit Ihnen in Verbindung setzten wird.<, sagte ich sachlich und sah ihn an. Benedict nickte zufrieden und schenkte mir Wein nach. Er schien jetzt viel lockerer als vorher zu sein, also redeten wir über seinen neuen Film, meine Arbeitsstelle und wie bekannt auch ich in Journalisten-Kreisen war. Er hörte mir zu und interessierte sich für das, was ich tat.

Gegen elf war die Weinflasche geleert und ich entschied mich, den nach Hause Weg anzutreten. Benedict bezahlte und begleitete mich nach draußen. >Ich danke Ihnen für diesen Abend.<, verabschiedete ich mich höflich. >Mein Waagen steht gleich hier. Soll ich sie nicht nach Hause fahren?<, hakte er nach, doch ich winkte ab. >Machen Sie sich keine Umstände.<, erwiderte ich. >Aber das sind doch keine Umstände!<, kam auch prompt die Antwort und er hielt mir die Beifahrertür seines schwarzen Sportwaagen auf. Ich verdrehte die Augen, doch entschied mich sein Angebot anzunehmen. Vorsichtig nahm ich auf dem schicken Ledersitze Platz. Benedict lief einmal um das Auto herum und stieg dann neben mir ein. Ich nannte ihm meine Adresse und er fuhr los. >Vielleicht schaffen wir es ja zu meinem Apartment, ohne dass Sie jemanden umfahren.<, witzelte ich und sah aus dem Fenster. In der Spiegelung der Scheibe sah ich Benedict grinsen.
>Der Alkohol lässt Sie also frech werden.<, stellte er amüsiert fest. Ich musste laut lachen und schüttelte den Kopf. Dann betrachtete ich die Straßenlaternen Londons, wie sie an uns vorbei zogen. Gelegentlich schielte ich zu meinem Fahrer. Er saß locker da mit nur einer Hand am Lenkrad. Die andere hatte er am Fenster abgelegt. Zugegeben, sah er wahnsinnig attraktiv aus wenn er so da saß.

Viel schneller als mit dem Taxi legten wir den Weg zurück. Benedict parkte an der Seite der Straße vor meinem Haus, stieg aus und öffnete mir die Tür. Er war doch ein echter britischer Gentleman. Er schlug die Beifahrertür zu und musterte mein Wohnhaus. >Hier wohnen Sie also.<, sagte er leise und klang ein wenig beeindruckt, immerhin wohnte ich in einer der reicheren Gegenden Londons. >Sehen sie die Dachterrasse da oben? Das ist mein Apartment.<, zeigte ich stolz. Er nickte anerkennend. Ich drehte mich zu ihm um.
>Danke für diesen Abend. Ich hab ihn wirklich sehr genossen.<, sagte ich ehrlich. >Immer wieder gern.<, antwortete Benedict grinsend und gab mir einen leichten Handkuss zum Abschied. >Sie werden von mir hören.<, versicherte ich ihm. Dann drehte ich mich um und ging in mein Wohnhaus. Ich spürte seinen Blick in meinem Rücken und gab mir alle Mühe, dem Drang mich umzudrehen zu widerstehen. Als ich vor dem Fahrstuhl ankam, hörte ich sein Auto mit quietschenden Reifen davon fahren.

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