Kapitel 6

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Als ich am Samstagmorgen aufwachte, waren meine Gedanken direkt bei gestern Abend. Es war kein wirklich förmliches Treffen, eher sehr persönlich und locker. Ich dachte an seinen Vorschlag, mit ihm nach New York zu fliegen. Gestern Sand ich dem ganzen noch kritisch gegenüber, doch heute war ich Feuer und Flamme. Zum einen wäre das, bei guter Arbeit, ein bedeutender Erfolg für die Haper's Bazaar und zum anderen könnte ich somit mehr Zeit mit Benedict verbringen, was mich auch reizte. Es war komisch ihn Benedict zu nennen, obwohl wir uns erst zwei mal gesehen hatten und überhaupt nicht in einer Liga spielten.
Mir fiel der Umschlag mit dem Vertrag ein, den ich gestern bekommen hatte. Neugierig kramte ich ihn aus der kleinen Clutch heraus und öffnete ihn. Tatsächlich stand dort beschrieben, dass ich eingeladen werde mit nach New York zu fliegen, um hinter den Kulissen von „Anvengers Infinity War" zu sehen. Daraus sollte dann ein ausführlicher Bericht entstehen, welcher gleichzeitig gute Promo für den Film wäre, welcher in ein paar Wochen erscheinen würde. Ohne Zweifel war das eine einmalige Chance, die großen Erfolg versprach.

An diesem Wochenende tat ich nichts, außer auf der Couch zu liegen und Serien zu schauen. Unter der Woche kam ich nicht dazu und für gewöhnlich war ich am Wochenende mit Freunden unterwegs oder arbeitete. Das Nichts-tun tat wahnsinnig gut, obwohl ich Benedicts Angebot immer im Hinterkopf hatte und kaum erwarten konnte, es Kevin zu erzählen.

Endlich stand der Montag wieder vor der Tür und ich hatte mich selten au die Arbeit gefreut, wie an diesem Tag. Dreimal überprüfte ich, ob ich den Umschlag mit dem Vertrag tatsächlich eingepackt hatte. Dann verließ ich mein Apartment und machte mich auf den Weg.
Im Konferenzraum angekommen, marschierte ich direkt an Chloe vorbei. Diese schaute mich zwar komisch an, aber ich hatte eine Mission und war gewillt, diese umzusetzen. Also klopfte ich an Kevins Bürotür und wurde zugleich hereingebeten.
>Sophia! Was verschafft mir die Ehre?<, rief er gut gelaunt. >Wie war das Wochenende Kevin?<, fragte ich höflichkeitshalber. Ich wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. >Fantastisch! Paolo und ich waren auf einer wunderbaren Vernissage.<, erzählte er aufgeregt. Paolo war Kevins Ehemann. Die beiden waren nun seit drei Jahren verheiratet und die Hochzeit damals war ein einziges Fest.
>Hat sich Mr. Cumberbatchs Management bei dir gemeldet?< Das war zwar ein schneller Themenwechsel, aber ich war froh, dass er von selbst auf das Thema zu sprechen kam.
>Ja, und nicht nur das..<, begann ich und setzte mich auf einen der Sessel vor seinem Schreibtisch. >Sie haben mir außerdem angeboten mit Mr. Cumberbatch nach New York zu fliegen und einen exklusiven Einblick von der Arbeit an seinem neuen Film zu bekommen. Selbstverständlich mit weiteren Schauspielern.<, erklärte ich und reichte meinem Boss den Umschlag. Kevin öffnete ihn interessiert und laß sich die ersten paar Zeilen durch. >Wann soll's losgehen?<, fragte er beiläufig, ohne den Blick von den Seiten zu nehmen.
>In ein paar Wochen.<, antwortete ich ehrlich. Danach herrschte Schweigen und ich wartete, bis Kevin alles wichtige gelesen hatte. Anschließend legte er die Blätter auf seinem Schreibtisch ab, verschränkte die Hände und sah mich an. >Du weißt, dass das eine einmalige Gelegenheit ist.<, stellte er ernst fest. Ich nickte nur und traute ich nicht etwas zu sagen. So ernst hatte ich Kevin nur sehr sehr selten erlebt.
>Könnte jemand deine Arbeit übernehmen?<, wollte er wissen. >Charly Kommunion ein paar Tagen wieder. Aktuell habe ich auch keine langfristigen Projekte und den Kleinkram können die Praktikanten übernehmen. So viel ist es momentan nicht.<, erwiderte ich ehrlich und hoffte auf seine Zustimmung. Kevin atmete ein paar mal hörbar ein und aus, dann sah er mich an.
>Du wirst das Management von Mr. Cumberbatch noch heute anrufen und sagen, dass du bereit wärst, dieReportage zu schreiben. Ich kümmere mich um den Rest.<, sagte er dann abschließend und lehnte sich in seinem übergroßen Schreibtischstuhl zurück. Die Anspannung viel von mir ab und ich bedankte mich ausgiebig bei ihm.

Glücklich und zufrieden schlenderte ich in mein Büro und schloss die Tür hinter mir. Ohne zu zögern griff ich zu meinem Diensthandy und suchte die Nummer heraus, mit er Benedict mich vor wenigen Tagen kontaktiert hat. Es rief ein paar mal, bis eine tiefe Männerstimme zuhören war.
>Cumberbatch.<, sagte diese und ich wahr erleichtert, dass es Benedict persönlich war. >Hier ist Sophia. Störe ich?<, fragte ich schnell, da ich nicht davon ausging, dass er sonderlich viel Freizeit hatte an einem Montag Morgen. >Hi Sophia! Nein Sie stören nicht. Woher haben Sie meine Nummer?<, wollte er wissen. >Sie haben mich mit der Nummer angerufen, als Sie sich bei mir für den Artikel bedankt haben. Ich wusste nicht, dass das Ihre private Nummer ist.<, gestand ich und war gleichzeitig nervös, da ich nun die Handynummer von einem bekannten Schauspieler hatte. >Ja richtig, ich hatte Sie von meinem Handy angerufen.<, bestätigte er.
>Weshalb ich Sie anrufe ist, dass ich mit meinem Vorgesetzten gesprochen habe und die Reise genehmigt ist.<, sagte ich und konnte mir einen glücklichen Unterton nicht verkneifen. >Das freut mich! Dann gebe ich das so an mein Management weiter.<, hörte ich meinen Gesprächspartner sagen. >Auf Sie wird wahrscheinlich ein Haufen Papierkram zukommen.<, fügte er noch hinzu.
>Das ist kein Problem. Sollte es Fragen geben, stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung.<, versicherte ich ihm. Benedict bedankte sich und legte dann auf. Genauere Details würden in den kommenden Tagen beziehungsweise Wochen folgen. Schon jetzt war klar, dass das Ganze mit großer Verschwiegenheit abgehandelt werden muss, solange die genauen Rahmenbedingungen noch nicht vertraglich festgehalten sind. So etwas hatten wir im Studium direkt als erstes gelernt, um Fehltritte so gut wie möglich zuverdienen. Unser Job erforderte manchmal ziemliche Diskretion.

Ein paar Tage später kam Charly zurück und es fiel mir wirklich schwer, ihr nicht von den aufregenden Neuigkeiten zu erzählen. Zwar löcherte sie mich mit Fragen, wer denn mein Partner bei dem Geschäftsessen gewesen war, doch ich konnte eine genaue Antwort immer vermeiden. Letztendlich war ich einfach nur froh, sie wieder auf Arbeit zu sehen. Ihr Büro war direkt neben meinem und so gut wie jede Pause verbrachten wir zusammen, indem wir über unsere Kollegen lästerten.
Allen viel natürlich auf, dass Kevin mich in den nächsten Wochen des öfteren zu sich ins Büro rief. Die ganzen Formalitäten, die mit der Reise verbunden waren, bedurften jeder Menge Absprachen, doch irgendwann lag uns der fertige Vertrag vor und ich setzte eilig meine Unterschrift. Auch Kevin segnete das Vorhaben ab und endlich konnte ich meinen Kollegen davon erzählen. Schließlich mussten auch meine Aufgaben noch verteilt werden. Bereits in zwei Wochen sollte es losgehen.

Eines Nachmittages rief Kevin deshalb unsere ganze Belegschaft zusammen und alle versammelten sich im Konferenzraum.
>Also meine lieben Kinder, es gibt großartige Neuigkeiten! Unsere Sophia hat es geschafft und wurde von niemand geringerem als Mr. Cumberbatch für einen exklusiven Report über seinen neuen Film in New York engagiert.<, verkündete er stolz und zog mich neben sich nach vorn. Meine Kollegen und Kolleginnen applaudierten und einigen, besonders Chloe, stand der Neid ins Gesicht geschrieben.
Charly kam zu mir uns umarmte mich stürmisch. Sie freute sich wahrscheinlich am allermeisten für mich.
Dann wurden meine Aufgaben verteilt. Meine letzten zwei Arbeitswochen vor der großen Reise würde ich damit verbringen meine Kollegen in meine Arbeit einzuweisen Fragen zu beantworten. Und davon gab es nicht gerade wenige. Vor allem die Praktikanten schienen von dem Berg an Arbeit überfordert zu sein, doch ich erklärte ihnen allen in Ruhe, bis auch sie sich in die Thematik eingefitzt hatten.
Der Tag der Abreise rückte unterdessen immer näher und war vor Vorfreude kaum noch zu bremsen.

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