Kapitel 2

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Es war Dienstag, ich war, mal wieder, viel zu spät in der Redaktion, nur dass mich heute irgendwie alle komisch anstarrten und der Grund sollte nicht lange auf sich warten lassen. >Sophia, meine Rettung in der Not!< Kevin platzte aus seinem Büro heraus und kam mir hektisch entgegen gerannt. Ich konnte gar nicht so schnell gucken, da hatte er mich schon am Arm gepackt und zog mich schnellen Schrittes in die Richtung, aus der ich gekommen bin. >Kevin, draußen schüttet es in Strömen und ich würde mich jetzt gerne an meinen trockenen Schreibtisch setzten. Ich habe eine Menge zu erledigen.<, protestierte ich und versuchte mich von ihm loszureißen. Vergebens. >Kevin was..< >Das Management von Mr Cumberbatch hat angerufen. Sie wollen das Interview auf heute verlegen, sonst haben wir keine Chance mehr Infos zu erhalten.<, erklärte er endlich und hob einen Arm. Ich sah ihn nur irritiert an. Im nächsten Moment hielt ein Taxi neben uns, in welches er mich rein schob. >Ins Marbel Arch Hotel.<, rief er dem Taxifahrer zu. Dann drehte sich Kevin wieder zu mir. >Sophia das Interview ist unsere große Chance. Du schaffst das!< Dann knallte er die Tür zu und ich sah ihn gerade noch in die Redaktion flüchten, bevor sich das Taxi auch schon in Bewegung setzte. Verwirrt saß ich auf der Rückbank und versuchte meine Gedanken zu ordnen. >Aber ich hab nichts.<, sagte ich mehr zu mir selbst, als zu Kevin, welchen ich mittlerweile schon weit hinter mir gelassen hatte. In weniger als einer halben Stunde würde ich Benedict Cumberbatch gegenüber sitzen, ohne jegliche Vorbereitung.

Okay jetzt bloß nicht verzweifeln Sophia. Das ist dein Job und du bist gut darin, Improvisation gehört zu deinen Stärken. Ich kramte mein Notizbuch hervor und blätterte die Seiten durch als würde ich hoffen, dass plötzlich irgendwo etwas brauchbares stehen würde. Selbstverständlich geschah nichts der gleichen. Fuck! Was wusste ich über Benedict Cumberbatch? Er ist Schauspieler, Mitte dreißig und wohnt in London. Nichts verwertbares also, super. Das einzige was ich nun tun konnte, was so viel wie möglich über diesen Mann zu googlen und das tat ich auch.

>Ich weiß nicht, ob wir es pünktlich zu ihrem Termin schaffen Mrs. Der Verkehr heute ist wirklich furchtbar.< Der Taxifahrer hatte mich aus meinen Gedanken gerissen und schaute mich durch den Rückspiegel an. Erst jetzt viel mir auf, dass wir standen und nur gelegentlich ein paar wenige Meter vorwärts rollten. Auch das noch. Ich sah auf meine Uhr. Ich hatte noch eine viertel Stunde und bei diesem Verkehr würde ich es niemals rechtzeitig schaffen und mir somit eine einmalige Gelegenheit durch die Finger gehen lassen. >Lassen Sie mich hier raus. Ich laufe den Rest.<, beschloss ich kurzerhand. Dann kramte ich bisschen Geld aus meiner Tasche und reichte es dem Fahrer. >Behalten Sie den Rest.<, fügte ich noch hinzu und sprang aus dem Taxi direkt auf den Bordstein. Ich orientierte mich kurz und ging dann zielstrebig los, so schnell wie es meine hohen Absatzschuhe eben zuließen. Der Wind pfiff und der Regen peitschte in mein Gesicht, dass es schon weh tat. Ich zog den Kragen meines Regenmantels so weit wie möglich zu und beschleunigte meinen Schritt nochmals. Dass ich furchtbar aussehen werde wenn ich am Hotel ankomme, damit hatte ich mich abgefunden, aber wenigstens pünktlich konnte es sein, wenigstens dieses eine Mal. Was fiel Kevin auch ein einfach so Termine anzunehmen ohne meine Erlaubnis. Das brachte meinen kompletten Wochenplan durcheinander und das obwohl ich ohnehin schon mehr als genug zu tun hatte. Von weitem sah ich den Eingang des Hotels und ein kleiner Glücksstoß durchzog meinen Körper. Die zehn Minuten zu Fuß hatten gereicht, um mich bis auf die Unterwäsche zu durchnässen. So war eben das Wetter in London. Unberechenbar und scheiße.

Wie ein nasser Pudel betrat ich die Eingangshalle des Hotels und staunte nicht schlecht über das, was ich zu sehen bekam. Kurz beschrieben wirkte es sehr luxuriös und teuer. Ich erblickte die Rezeption und ging schnellen Schrittes darauf zu. Als die Dame hinter der großen Theke mich sah, verzog sie das Gesicht. >Mrs, haben Sie sich vielleicht verlaufen?<, fragte sie gekünstelt nett. Was für eine Unverschämtheit, doch ich hatte keine Zeit mehr um mich darüber aufzuregen, weshalb ich sie nur anlächelte. >Mein Name ist Sophia Taylor und ich habe in wenigen Sekunden ein Interview mit Mr Cumberbatch.<, sagte ich nur und reichte ihr meinen Journalistenausweis, damit sie sehen konnte, dass ich keine Betrügerin war. Damit hatte sie wohl nicht gerechnet. >Verzeihung Mrs Taylor. Mr Cumberbatch befindet sich im Konferenzraum zwei, also einmal mit dem Fahrstuhl ganz nach oben.<, erklärte sie mir jetzt peinlich berührt und deutete auf einen der drei Fahrstühle. >Dort oben ist auch ein Bad, falls Sie sich noch mal frisch machen möchten.<, fügte sie noch hinzu und lächelte mich nun vorsichtig an. Nun schenkte auch ich ihr ein warmes Lächeln und verschwand anschließend Richtung Fahrstuhl und betätigte den Knopf. Es dauerte nicht lange und die Türen öffneten sich, sodass ich einsteigen konnte. Dann wartete ich darauf, dass mich der Fahrstuhl über die Dächer Londons bringen würde.

Oben angekommen war mein erster Weg direkt ins Bad. Ohne dass mich jemand gesehen hat, verschwand ich darin und betrachtete mich in dem riesen Spiegel über den Waschbecken. >Ach du Scheiße.<, murmelte ich als ich mich sah. Meine Haare klebten an meinem Gesicht und von meiner ursprünglichen Hochsteckfrisur war nichts mehr zu sehen. Mein Makeup war verschmiert und ich sah aus als hätte ich drei Nächte nicht geschlafen. Ich öffnete meine Haare und hielt sich unter den Händetrockner, aus dem angenehm warme Luft strömte. Not macht eben erfinderisch. Dann kämmte ich meine Haare durch und steckte sie nur ganz locker zusammen. Anschließend kramte ich ein Abschminktuch aus meiner Tasche heraus, wischte mir mein verlaufenes Makeup vom Gesicht und klatschte mir danach auch nur das Nötigste wieder drauf. So ganz ohne Makeup war mein Aussehen heute nicht zumutbar. Ein letzter Blick in den Spiegel verriet mir, dass ich halbwegs zufrieden war, mit dem was ich sah, also betrat ich erneut den Flur und suchte den Konferenzrum zwei. Schwer zu finden war dieser nicht, denn zwei große schwere Typen im Anzug versperrten die Tür, welche sich als richtige erwiesen hat. Ich hielt ihnen meinen Ausweis vor die Nase und nach kurzer Absprache über die kleinen Knöpfe im Ohr ließen sie mich den Raum betreten. Er sah aus, wie man sich einen Konferenzraum halt so vorstellte. Ein großer langer Tisch mit vielen Sesseln drum herum. Auch eine Bar war vorzufinden und hinter den großen Glasfensterfronten konnte man einen Blick auf das verregnete England erhaschen. >Sophia Taylor?< Eine blonde junge Frau kam auf mich zu und reichte mir ihre Hand zur Begrüßung. >Kommen Sie ich bringe Sie zu Mr Cumberbatch. Brauchen Sie noch etwas?<, fragte sie mich, während ich ihr hinterher lief. >Ja, einen doppelten, nein, dreifachen Whiskey und einen Kaffe, bitte.< antwortete ich und kassierte damit einen fragenden Blick der jungen Dame. Doch dann nickte sie und machte auf dem Absatz kehrt. Ich dagegen war nur noch wenige Meter entfernt von dem Mann, mit dem ich arbeiten sollte. Ich raffte mich zusammen und ging bestimmt auf ihn zu.

>Mr Cumberbatch? Ich bin Sophia Taylor und führe heute das Interview mit Ihnen.<, sagte ich höflich, jedoch bestimmt. Er sah erschrocken zu mir hoch, steckte sein Handy weg und stand auf, um mir die Hand zu reichen. >Setzten Sie sich bitte.<, bot er mir dann an und zeigte auf den Stuhl neben ihm. Ich nickte höflich und nahm neben ihm platz. Dann nahm ich mir ein paar Sekunden Zeit, um ihn genauer zu betrachten. Er trug einen dunkelblauen Anzug und schwarze Lackschuhe. Seinen dunklen Haare waren nach hinten gekämmt und trotzdem fielen ihm ein paar Locken, die sich gelöst hatten ins Gesicht. Sein Gesicht war markant, mit hohen Wangenknochen und schmalen Lippen. Seine Augen dagegen waren interessiert, hatten eine undefinierbare Farbe, irgendwas zwischen grün, blau und grau, aber vor allem schauten sie mich an. >Hier ist Ihr Kaffee und ihr Whiskey Mrs Taylor. Ab jetzt störe ich nicht mehr.< Die blonde Frau stellte die zwei Getränke auf den Tisch vor uns verschwand so gleich wieder. Mr Cumberbatch lächelte mich amüsiert an. >Schlechten Start in den Tag gehabt?<, fragte er dann und nippte selbst an seinem Kaffee. >Kann man so sagen.<, antwortete ich knapp und trank meinen Whiskey in einem Zug aus. Ich spürte wie es in meiner Kehle brannte und um ehrlich zu sein, war dass das beste Gefühl was ich bis jetzt hatte.

>Also Mr Cumberbatch, erzählen Sie mir etwas über sich.<, schlug ich vor und sah ihn an. Mein gegenüber blickte nur verdutzt zu mir zurück. >Sie, Sie stellen mir keine Fragen?<, fragte er dann ein wenig fassungslos. Ich schüttelte mit dem Kopf. >Nicht wirklich. Ich möchte Sie nichts fragen, was jeder schon weiß und was Sie schon hundert mal beantwortet haben. Also reden wir über etwas, was Sie möchten.< erklärte ich und sah ihn neugierig an. Er wiederum nippte erneut an seinem Kaffee und schien wohl immer noch zu denken, dass ich ihn verarschen möchte. Als ich jedoch keine Anstalten machte etwas zu sagen, drehte er sich zu mir und sah mich ernst an.

>Dann reden wir über Sie.<

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