a shy stranger

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Ich öffnete zögernd das große Holztor und schaute in die Scheune.
Erst sah ich nichts, es war dunkel und die Luft war feucht.
Ich drückte auf den Knopf der Taschenlampe und ließ den Lichtkegel zögernd durch den Raum schweifen.
"Hallo?" Rief ich in die Dunkelheit und trat einen kleinen Schritt nach vorne. Ich kam mir dumm vor, mit einem großen nichts zu sprechen, und erwartete erst recht keine Antwort.
Doch sie kam.

Gerade als ich mich umdrehen und das Tor der Scheune wieder schließen wollte, hörte ich jemanden sprechen.
"Ähm, hallo?" Ich zuckte zusammen und drehte mich ein weiteres mal um.
Ich hob die Taschenlampe wieder und hielt sie in Richtung der Stimme, oder jendenfalls wo ich dachte das sie herkam.
Es schaute ein junge zurück in meine Richtung, ein junger Mann, eher.
Er saß auf dem Boden, hinter einer blauen plane und hatte eine regenjacke über seinen Kopf und seine Schultern gezogen, auf dem Boden neben ihm lag eine stofftasche.
Er zitterte, obwohl es warm war, er muss komplett durchnässt sein.
"Was machst du hier?" Fragte ich dümmlich und ließ meine Hand, in der die Taschenlampe lag, sinken.
"Ich... brauche einen Platz zum Schlafen?" Sagte er zögerlich und ich stockte verdutzt.
Einen Platz zum schlafen.

Es schwirrten mir tausend Fragen im Kopf herum, ich war in meinen Leben wahrscheinlich noch nie so verwirrt gewesen, doch als aller erstes hörte ich gerade auf mein Gewissen.
Dort saß ein junger Mann in meiner Scheune, zitternd und durchnässt, müde und höchstwahrscheinlich extrem ängstlich.
"Komm." Sagte ich nur und sofort traf mich der fragende Blick des jungen.
"Wie bitte?"
"Komm mit ins Haus." Sagte ich ruhig und er schüttelte den Kopf.
"Nein, ehrlich." Sagte er hastig und schüttelte den Kopf. "Ich will wirklich keine Umstände machen." Sagte der Fremde leise, doch ich hörte es trotzdem.

"Naja... versucht in mein Haus zu kommen hast du ja eh schon also.." Sagte ich spaßeshalber, ein Versuch, die Stimmung etwas zu lockern, der allerings scheiterte.
Er verzog das Gesicht "Das tut mir wirklich leid, ich wusste nicht, dass-"
"Es ist alles in Ordnung." Unterbrach ich ihn "Ich würde es dir nicht anbieten, wenn ich es nicht okay fänd." Versicherte ich und nickte in Richtung Haus. "Komm mit."
Er zögerte kurz ehe er mit zittrigen Beinen aufstand und auf mich zukam.
Ich lächelte ihm aufmunternd zu und ging als erster aus der Scheune.
"Wie heißt du?" Fragte ich, er lief mittlerweile neben mir her, der Boden gab unter unseren Füßen nach und es machte ein unangenehmes Geräusch.
"Louis." Antwortete er und ich nickte zur Kenntnis nehmend.
"Ich bin Harry." Gab ich zurück und er lächelte schüchtern.

Ich schloss die Haustür auf und zog mir die Gummistiefel von den Füßen.
Sofort kam alfi auf uns zu und schnupperte an dem fremden, der schüchtern seine Hand ausstreckte.
"Du kannst duschen gehen, wenn du willst, und die Sachen aus der Tasche kannst du zum trocknen auf die Heizung legen" Bot ich ihm an und er schaute nur verdutzt.
Ich sagte nichts weiter auf seine Reaktion und versuchte mich selbst ebenso wenig zu fragen, wieso ich ihm meine Dusche anbot, kam aber schnell zu dem Schluss, das alles andere unhöflich gewesen wäre. Sicherlich möchte er nicht durchnässt von Regen schlafen.

Ich legte ihm ein Handtuch bereit und ließ ihn allein.
Als er die Tür hinter sich schloss, ging ich nach oben in mein Zimmer und zog eine Jogginghose, Unterwäsche und ein t-shirt aus meinem Schrank.
Mit diesen ging ich wieder nach unten und legte sie auf die Couch, ehe ich die Kissen so drapierte, dass man darauf schlafen konnte, und eine meiner gemütlichen Decken ausbreitete.
Ich stellte ebenfalls eine Flasche Wasser auf den Kaffeetisch und setzte mich dann auf die Couch, wartete auf den Jungen.

Dieser kam nach ungefähr fünf weiteren Minuten aus dem bad, er hatte sich offensichtlich beeilt, und ich stand schnell von der Couch auf.
"Da liegen frische Sachen zum anziehen." Erklärte ich und zeigte beiläufig auf den kleinen stapel Wäsche auf der Couch "Und dort kannst du schlafen."
"Wieso machst du das?" Fragte er ruhig und ich zuckte mit den Schultern.
"Ich hätte nicht in der Scheune schlafen wollen, wenn ich in deiner Situation gewesen wäre." Gab ich zur Antwort und er lächelte schüchtern.
"Aber du kennst mich doch gar nicht."
"Dafür ist morgen auch noch Zeit." Erklärte ich.
"Dankeschön." Sagte er, er kling aufrichtig.
"Gern geschehen."

Ich wünschte ihm eine gute Nacht und verschwand wieder nach oben in mein Schlafzimmer.
Als ich mich zurück unter die Decke legte wurde mir erst so richtig klar, in was für einer Situation ich mich gerade befand.
Da lag ein fremder auf meiner Couch, gekleidet in meinen Sachen, der vorher versucht hat bei mir einzubrechen und dann in meiner Scheune schlafen wollte.
Niemals hätte ich auch nur im Traum an sowas verrücktes gedacht.

take me with you | larryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt