Kapitel 2

188 6 0
                                    

Alle waren zum Festplatz gezogen. Nur Jenny und Ronny standen noch an der großen Bühne. Die neue Alpha hatte noch einige Dinge mit dem Beta ihres Vaters, Benno, klären müssen, der nun auch ihr Beta war.

Benno war wie ein Onkel für sie und genoss ihr volles Vertrauen. Deshalb war es nur verständlich, dass er in seinem Amt verblieb und damit seine Erfahrung auch weiterhin einbringen konnte. Eines Tages würde sie selbst einen Beta ernennen. Aber dieser Tag lag noch in weiter Ferne.

Nun aber war es Zeit, zu feiern. Sie wollte sich gerade auf den Weg zum Festplatz machen, da stellte sich ihr Filippo, der Alpha des Toskana-Rudels in den Weg. Er und Olivier, der Alpha des Frankreich-Rudels waren zur Feier angereist. Allerdings war sich Jenny nicht ganz sicher, ob die beiden zum Gratulieren oder zum Auskundschaften gekommen waren.

„Na, meine Kleine? Das ist dann doch etwas viel Verantwortung für ein so kleines und schwaches Mädchen", meinte Filippo.

„Du bist heute aber ausgesprochen charmant, mein lieber Filippo. Sind die Italiener sonst nicht diplomatischer?", konterte Jenny.

„Ich will dir nichts vormachen. Ich halte dich für nicht geeignet, ein Rudel zu führen. Eine Frau gehört in die Küche und soll für die Kinder sorgen."

„Und zwischendurch den Alpha bespaßen, nehme ich an."

Er ließ seinen Blick ungeniert über ihren ausgesprochen wohlproportionierten Körper gleiten. Jenny hatte den Eindruck, als würde er sie mit den Augen ausziehen.

„Warum nicht? Hast du darin bereits Erfahrung?"

„Das werde ich ausgerechnet mit dir besprechen", entgegnete Jenny. Sie lachte dabei hämisch. „Sei mir nicht böse, aber dafür bist du eindeutig zu alt."

„Ich würde dir schon zeigen, dass ich nicht zu alt für dich bin. Ich denke vielmehr, du würdest mich nachher anbetteln, es dir noch einmal zu besorgen."

„Sei mir nicht böse, aber ich warte lieber auf meinen Mate. Ich halte nichts davon, mit jedem dahergelaufenen Werwolf ins Bett zu springen."

Filippo sog überrascht die Luft ein. Dass sie ihn als dahergelaufenen Werwolf bezeichnete, das behagte ihm natürlich nicht. Er blickte zusehends ärgerlicher drein. Das Gespräch hatte ganz offensichtlich eine Wende genommen, die ihm so ganz und gar nicht gefiel.

„Du wirst schon sehen, wie weit du mit deiner großen Klappe noch kommst, du dumme Göre."

Damit ließ er sie einfach stehen und machte sich auf den Weg zum Festplatz. Jenny und Ronny schauten sich verdutzt an.

„Was war das denn?", wollte Ronny wissen.

„Eine Kampfansage. Filippo nimmt mich nicht ernst. Ich muss mir etwas einfallen lassen, um länger Alpha zu bleiben. Sonst nimmt das ein böses Ende für mich und vor allem für das Rudel."

„Du glaubst, es ist so schlimm?"

„Noch schlimmer", entgegnete sie.

„Aber jetzt lass uns erst einmal feiern. Schließlich bist du heute zur Alpha ernannt worden."

Der Platz vor dem Rudelhaus stand leer und verlassen da. Jenny blickte auf die Siedlung, die idyllisch mitten im Wald lag. Sie liebte diesen Ort. Schließlich war sie hier aufgewachsen. Aber sie wusste, dass sie darum kämpfen muss.

„Geh schon mal vor. Ich muss mich noch etwas sammeln", bat sie ihren Freund.

Die Wölfe der KarpatenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt