Kapitel 5 "Allein"

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Nial's P.o.V.

Ich schloss die Tür auf und trat in das riesige, verlassene Haus meiner Eltern. Seufzend knallte ich die Tür hinter mich zu, während ich meine Schuhe auszog und mein Tasche auf einen Stuhl schmiss. Meine Lederjacke lies ich an, da ich sowieso nicht lange in diesem riesen Haus bleiben würde. Meine Eltern waren die meiste Zeit nie zu Hause und reisten um die Weltgeschichte, sodass ich sie nur selten zu Gesicht bekam. Meine Mutter war eine Designerin und damit die meiste Zeit in Paris. Mein Vater hatte verschiedene Firmen auf der Welt und war dementsprechend auch nie zu Hause. Ich durchquerte das überdimensionale Wohnzimmer, mit der Ledercouch und dem gigantischen Plasmafernseher, um in die Küche zu gelangen, die genauso monströs war wie das Wohnzimmer, sie hatte eine kleine Insel in der Mitte. Ich schnappte mir einen Apfel von der Schale, welche auf der Insel stand. Zum Kochen hatte ich nämlich jetzt keine Lust, da ich es auch nicht kann, würde es auch nicht schmecken und auf Pizza hatte ich keinen Appetit, also musste ein Apfel genügen. Ich durchquerte wieder das Wohnzimmer und ging die Treppen aus Marmor hoch. Das Haus hat drei Etagen, die oberste Etage gehörte mir allein, ich hatte ein gigantisches Zimmer, ein Ankleidezimmer, ein Bad und sogar ein kleines Wohnzimmer für mich. Wenn man mich fragt ist das Haus scheiße, zumindest wenn hier nur eine Person lebt, da meine Eltern nur selten hier her kommen. Ich stieg die zweite Treppe hoch in mein Zimmer und schmiss mich erst mal auf meinem Bett.

Mein Zimmer hatte meine Mutter eingerichtet, ganz wie das restliche Haus. Ich hatte ein viel zu großes Himmelbett aus Holz, das meine Mutter unbedingt für mein Zimmer wollte, der Rest des Zimmers war ziemlich neutral, weiße Wände, ein Regal mit Büchern, die ich nie angefasst habe, eine Couch, ein Fernseher an der Wand, sodass ich vom Bett aus schauen konnte und ein Schreibtisch. Ich war fast nie hier drinnen und wenn, dann hatte ich meistens die Augen zu und schlief. Ich schloss meine Augen und dachte unwillkürlich an Melodie. Wieso verstellte sich dieses Mädchen nur und lies sich alles gefallen? Das kann nur heißen das sie versucht etwas zu verbergen, da bin ich mir sicher. Ich kenne mich damit gut aus. Ich muss nur noch heraus finden was sie verheimlicht...

Plötzlich hörte ich Geräusche unten im Haus. Ich stand auf und ging runter um zu schauen, ich musste sowieso mein Apfel weg schmeißen. Als ich unten angekommen war ging ich zur Küche.

>>Hallo Nial<<, sagte eine ältere, kleine, Frau mit schwarzen Haaren.

>>Maria<<, murmelte ich und schmiss mein Apfel in den Müll. Maria war unsere Haushälterin. Sie hielt das Haus sauber und kaufte Lebensmittel ein, was halt eben eine Haushälterin alles tut. Sie packte gerade eine Tüte mit Lebensmittel aus, was dann bedeutet das einer meiner Elternteile wiederkommt. >>Wer kommt?<<, fragte ich.

>>Deine Mutter<<, sagte sie und ging an mir vorbei zu dem Kühlschrank. Maria reichte mir gerade mal bis zur hälfte meiner Brust, aber dafür kommt sie an jede Ecke, um Staub zu wischen. >>Was ist das?<<, fragte sie mich und hob ein Briefumschlag hoch, welchen ich vorhin auf die Insel gelegt habe. >>Du hast schon wieder ärger.<<, stellte sie fest und schaute mich tadelnd an.

Ich schnappte ihr den Brief aus ihrer Hand, welchen mir vorhin der Direktor gegeben hatte, weil ich ja dank dem Mathelehrer dort vorbei gehen musste. Der Direktor hat mir ein Vortrag gehalten, bei dem ich sowieso nicht zu gehört hatte und gab mir den Brief für meine Eltern. Ich weiß, dass ich schon längst von der Schule geschmissen worden wäre, wenn meine Eltern nicht die Schule finanziell unterstützen würde.

>>Deine Mutter hat dir doch gesagt, du sollst kein Ärger mehr machen!<< Ich verdrehte die Augen. Ich hatte vergessen, dass Maria sich immer gerne als meine Mutter aufspielt.

>>Ich habe schon schlimmeres gemacht, also relax.<<, meinte ich nur und ging aus der Küche, dass wurde mir schon alles zu viel.

>>Nial, versteh doch. Wir wollen nur das Beste für dich...<< Sie stockte, ihr blick fiel auf meine Hand >>Was hast du mit deiner Hand gemacht, hast du dich schon wieder...<<

>>Boah! Geh mir nicht auf die Nerven alte.<<, sagte ich und flüchtete in Richtung Haustür.

>>Wo willst du hin?<< Sie rannte mir nach.

Ich schnappte mir schnell meine Schlüssel. Ich machte den scheiß Gips ab, den mir Melodie umgelegt hatte und machte dann die Haustür auf >>Du bist nicht meine Mutter, also geh und mach das scheiß Haus sauber!<<, schnauzte ich sie an, bevor ich raus trat und die Tür mit einem lauten Knall zu machte. Wie ich es hasste, dass alle sich alle um mich sorgen und mir helfen wollen. Melodie hatte es heute ja auch gemacht, aber das war irgendwie anders, obwohl sie anscheinend Mitleid mit mir hatte. Aber sie hatte wohl wegen einem anderen Grund Mitleid mit mir. Nicht so wie meine Familie, ich hasste sie einfach für ihren Mitleid.

Meine Füße trugen mich zum Park, der zwanzig Minuten von unserem Haus entfernt lag. Ich schaffte es aber dieses mal in zehn Minuten, da ich so wütend war und mit schnellen Schritten ging. Erst als ich den Park erreichte, beruhigte ich mich etwas. Seufzend lehne ich mich an einem Baum an und genoss kurz die Sonne, die auf mich herunter schien. Als ich mich vollkommen beruhigt hatte öffnete ich wieder meine Augen. Ich schaute meine verletzte Hand an. Vielleicht hätte ich den Gips doch lieber nicht abgemacht, meine Hand war leicht geschwollen, aber das würde bis morgen wieder verschwunden sein. Hoffe ich mal... Seufzend fuhr ich mit meiner heilen Hand durch meine Haare und schaute mich dann um.

Für diese Uhrzeit waren recht wenige im Park, stellte ich fest. Nur ein Pärchen und ein paar Kinder die spielten waren hier. Normalerweise war der Park voll von Leuten, die die Sonne genießen wollten. Ich schaute mich weiter um und da sah ich sie plötzlich. Sie trug das gleiche wie heute in der Schule, nur ihre Haare waren unter einer Mütze, sodass man sie nicht sah. Sie lief, mit einem Hund, auf einem steinigen Weg, in Park hinein. Ich sah sie das Erste mal hier, wahrscheinlich weil ich so selten hier her kam.

Als sie hinter den Büschen und Bäumen verschwand, entschied ich mich ihr zu folgen. Vielleicht finde ich etwas über sie heraus, dass mich ihrem Geheimnis näher bringt und außerdem ist das eine gute Ablenkung. Ich folgte ihr also mit einem großen Abstand, sodass sie mich gar nicht bemerkte. Doch ich sah sie jetzt schon nicht mehr, also musste ich mich beeilen. Schnell folgte ich ihr, doch ich musste mir eingestehen das ich nicht wusste wo lang sie gegangen war. Der Park war riesig, das heißt, sie könnte überall hingegangen sein. Ich ging einfach mal quer durch den Park, so werde ich sie ja bestimmt finden, hoffte ich zumindest.

Nach langem suchen, fand ich sie dann zu meinem Glück endlich. Sie spielte gerade mit ihrem Hund oder verarschte ihn gerade besser gesagt. Ich lehnte mich erneut an einem Baum an und beobachte sie eine ganze Zeit lang, wie sie mit ihrem Hund spielte und dabei richtig entspannt war. Sie lachte sogar, was man bei ihr in der Schule ganz selten sah, fast gar nie. Sie hatte ein süßes Lachen. Ich schüttle den Kopf bei dem Gedanken und beobachte sie weiter. Ich fragte mich was ihr Geheimnis sein kann, dass sie sich so sehr verstellen muss.

Plötzlich schaute sie sich um. Fühlte sie das sie jemand beobachtete? Glaubte ich zwar nicht, aber sie hätte mich sowieso nicht gesehen hinter den ganzen Büschen und da ich mich auch nicht bewegte, wäre es sehr ungewöhnlich, wenn sie mich doch finden würde hier hinten. Sie fasste sich an die Mütze und zog sie ab...

Mein Mund klappte auf, als ihre langen Haare um ihre Schulter fielen. Doch dies war nicht das Seltsame, das Seltsame war, dass ihre Haare plötzlich schneeweiß waren. Ich rieb mir meine Augen, vielleicht spielten sie mir ein Streich, aber nein, ihre Haare waren wirklich schneeweiß. Das war also ihr Geheimnis. Sie wollte nicht, das jemand weiß, dass sie ein Freak ist. Ein kleines Lächeln tauchte auf meinen Lippen auf. Leise verließ ich mein Versteck und ging auf sie zu.

>>Das ist also dein Geheimnis<<

Save my SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt