Kapitel 16 "Leckerlies"

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Melodie P.o.V.

Ich konnte nicht aufhören zu grinsen. Ich war jetzt schon einige Straßen weiter, aber diese Szenen gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. Dieser Tag konnte einfach nicht besser werden. Erstmal war mir einiges an Lernen erspart worden und ich hatte verdammt nochmal meinen ersten Kuss. Oder sollte ich sagen Küsse? Und das dann auch noch mit Nial! Leider musste ich zugeben, dass es mir ganz schön gefallen hatte, ob das jetzt gut oder schlecht war, konnte ich nicht sagen. Man merkte auf jeden Fall, dass er Übung hatte. Ich sollte das öfter machen.... Nein. Nein, nicht mit Nial, sondern einfach im Allgemeinen. Knutschen war ein echt schöner Zeitvertreib, soweit man kein Herpes davon bekam. Innerlich lachte ich über meinen schlechten Witz und summte vor mich hin. Ich würde ihn jetzt nicht gleich so beanspruchen, wie diese komische Natalie es gemacht hatte. Mir war klar, dass das eher eine einmalige Sache war, aber vielleicht würden wir ja doch noch Freunde werden. Außerschulisch versteht sich. Allein bei dem Gedanken daran, dass ich einen Kumpel haben könnte, breitete sich dieses Grinsen wieder auf meinem Gesicht aus, welches außenstehenden bestimmt Angst machte.

Ich hatte schon ewig keinen Freund beziehungsweise keine Freundin mehr. Die Letzte die ich hatte, hatte ich im Kindergarten. Sie hieß Paola und wir haben uns immer gut verstanden. Bis meine Mom merkte, dass ich etwas anders war. So verbot sie mir den Kontakt mit ihr und bisher hatte ich sie auch nicht mehr wiedergesehen, aber ich konnte damit Leben. Irgendwann hatte ich mich daran gewöhnt, nicht immer alles bekommen zu können und auch mal einstecken zu müssen, denn man konnte ja nicht ein perfektes Leben verlangen. So etwas gab es gar nicht. Ob einem jetzt Essen zum Glück fehlte oder doch richtige Freunde war egal, denn beide Seiten waren nicht perfekt. Das konnte man auch gut in der katholischen Religion sehen. Man konnte nie alle Sakramente empfangen, weil man nicht Priester und Verheiratet gleichzeitig sein konnte. So spielte das Leben eben.

Aber hey, ich Melodie würde vielleicht bald einen Kumpel haben. Da er mir heute sogar ein Kompliment gemacht hatte, ging ich stark davon aus, dass er mich auch mochte. Ich würde diesen Tag nie vergessen, ich konnte immer noch seine Berührungen auf meiner Haut spüren, seine Küsse an meinem Hals und auf meine Lippen, wie er durch meine Haare gewühlt hatte. Ach war das schön! Ich quickte auf und klatschte mir gleichzeitig auf beide Wangen. Eine furchtbare Gänsehaut bereitete sich auf meinem Körper aus.

Geführt von Glückshormonen, drehte ich mich mit ausgebreiteten Armen um meine eigene Achse. Geschockt nahm ich meine Arme aber dann doch schnell wieder herunter. Nicht einmal 20 Meter hinter mir ging ein älterer Herr, welcher mich komisch anstarrte. Daraufhin drehte ich mich peinlich berührt wieder nach vorne, doch mein Jocker Lächeln blieb. Warum fühlte ich mich nur so, als könnte ich die Welt von ihren Sorgen gentlich befreien? Eigentlich hatte sich ja nur eine neue Person in mein Leben geschlichen, aber irgendwie veränderte das so viel. Eine Sache die mich am meisten freute war, dass ich mein Haare vor Nial, alias Lucian, nicht verstecken brauchte. Sie waren das was mich ausmachte, das ich anders war. Ihm gefielen sie auch noch und er war nicht verstört oder so. Was mich aber mehr störte, als ich zugegeben hatte, war, dass er so ein Geheimnis hatte. Eigentlich war es ziemlich unfair, dass ich meine Kräfte benutzt hatte, aber ich konnte es in dem Moment nicht leiten, daran übte ich noch.

Doch auch, dass ich den Brief gelesen hatte, brachte mich nur ein Stück weiter. Nun wusste ich, dass er adoptiert war und dass sein Vater irgendwas angestellt hatte. Ich fragte mich nur, warum er nicht froh war, dass er ihn wiedersehen können würde. Was konnte so schlimm gewesen sein, dass man seinen Vater so verabscheute? Klar, ich war auch kein Fan davon, dass mein Dad gegangen war, aber ich liebte ihn doch irgendwie. Ach ich verstand einfach die ganzen Zusammenhänge nicht, aber ich würde noch dahinter kommen, auch wenn ich Nial ankettete, um an Informationen zu kommen. Außerdem hatte ich ja auch noch meine Gaben, die mir weiterhelfen konnten.

Wieder tat er mir leid, und zwar nicht wegen seinem Vater, sondern weil ich einfach einen unendlichen Vorteil hatte. Ich dachte mir nämlich, dass nicht nur ich darauf aus war mehr aus ihm herauszuquetschen. Aber er musste es bei mir ohne Hilfsmittel schaffen, obwohl das auch nicht allzu schwer sein sollte, denn ich plauderte gerne mal aus dem Nähkästchen. Also sollte ich mir eine gute Strategie ausdenken, wie ich ihm ausweichen könnte.

Zuhause angekommen, schrie ich ein lautes: >>Hey Mom, ich bin wieder da.<<, nach oben und lächelte zufrieden, denn ich wusste, dass wie immer keine Antwort kommen würde. Außer, dass Serafina die Treppen herunter kam und wedelnd im Kreis um mich herum lief.‏ >>Na meine süße, ist es etwa Zeit für dein nachmittags Leckerli?<< Liebevoll kraulte ich in der Hocke ihre Ohren. >>Du weißt genau, wie du mich um den Finger wickeln kannst, he?<<

Schon rannte sie in die Küche zu dem Schrank, in dem all ihre Sachen verstaut waren. Und da sollte mir mal jemand sagen, dass Hunde einen nicht verstehen. Ich holte ihr ein paar der kleinen Bällchen heraus und konnte förmlich spüren, wie ihre Aufregung ins unermessliche stieg.‏ Geimeinerweise hob ich eins ganz hoch in die Luft, was Serafina natürlich nicht auf sich sitzen ließ. Sie sprang einfach hoch und schnappte es sich, wobei sie auch meine Finger erwischte. Gespielt beleidigt ging ich weg, aber sie kam mir hinterher und sprang mit ihren Vorderpfoten auf meine Schultern, sodass sie auf meiner Höhe war und schleckte mir einmal kräftig über mein Gesicht.

Ich quietschte auf. >>Wäähhh.... du bist so ekelig! Kannst du das nicht mal lassen?<< Sie ging wieder runter, setzte sich aber vor mich hin und sah mir ganz tief in die Augen. Erbarmend gab ich ihr dann doch noch ein nächstes, aber Madame konnte es ja nicht sein lassen. Schon wieder erwischte sie mich. Sie war so besitzergreifend! Genau so wie Romé.

Sofort kam mein Grinsen zurück. Wie eifersüchtig sie doch war, obwohl sie nicht einmal wirklich zusammen waren. Wegen der Knutscherei mit Nial verspürte ich keinerlei Reue, aber sie tat mir schon ein Wenig leid, weil sie erstmal nicht verstand, dass Nial sie nur ausnutzte, sie Nial so schlecht behandelte und sie auch noch so überzeugt von sich selber war. Ich fragte mich, was sie gerade machten. Hatte er sie eiskalt abblitzen lassen oder hatte er sich doch ihrer erbarmt? Sie konnte ja bestimmt nichts dafür wie sie war, meiner Meinung hatte man schon mal schlechte Karten, wenn die Mutter von einem Strohdumm war. Ich kannte ihre Mutter zwar nicht, aber ein Apfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stamm..... Außer es ist sehr stürmisch.... Oder man pflückt ihn, weil er dann ja gar nicht fällt....

Ich verfütterte Serafina noch die anderen Leckerlies und ging kurz hoch in mein Zimmer. Ich holte meine Decke und zog mir was bequemeres an. Danach machte ich mir eine schöne, warme Tasse echten Kakao und kuschelte mich auf dem Sofa ein. Meinen Controller griffbereit, ließ ich meine Spielkonsole hochfahren und starrte gebannt auf unseren Fernseher. Ich liebte unser Wohnzimmer. Es war nicht sehr groß, aber mit lauter Krimskrams geschmückt. Ich liebte sowas, in solchen Räumen fühlte ich mich immer ganz besonders wohl.

Mein absolut liebstes Möbelstück in diesem Raum, war aber die Couch, auf der ich saß. Sie war aus dunkelblauem, weichem Stoff und überall lagen, in allen möglichen Formen, blaue und lilane Kissen herum. Als mein Spiel dann endlich geladen hatte, lockte ich mich in meinem Account ein. Dies war nämlich eines dieser Spiele, bei denen man einen eigenen Charakter erstellen konnte und dann gegen Menschen aus aller Welt spielen konnte. Umso mehr Kämpfe man dann gewonnen hatte, umso höher kam man im Ranking. Ich persönlich war unter den besten Spielern und ich wollte nicht sagen, dass das daran lag, dass ich durch meine Kräfte ziemlich gute Reflexe und Spielstrategien hatte, doch dann hätte ich lügen müssen.

Bisher hatte ich nur eine Hand voll Spiele verloren, doch das machte mir nichts. Eigentlich war ich ein kleiner Nerd, wenn es solche Spiele betraf. Es war mein zweit-liebster Zeitvertrieb, direkt nach lesen. Dies kam aber daher, dass mir langweilig war und ich ja nicht rausdurfte. Wenn man mich ansah, würde man bestimmt nicht so etwas erwarten und irgendwie war ich auch froh darum. In dem Spiel hieß ich "Wesley_Wonder-Wresley". Ein männlicher, einfallsloser und dummer Name und das hatte auch so seine Gründe. Erstens wollte ich nicht erkannt werden und Zweitens hasste ich es, wenn Jungen sich in solchen Spielen an Frauen ranmachten und sie einer Sonderbehandlung unterzogen.

Wenn ich sowas sah, dann wurde ich immer richtig wütend und musste aufhören zu spielen. Mein Spielfigur war riesig und hatte ein lilanes, zotteliges Fell. Eigentlich sah ich da aus wie das Krümelmonster, nur böser und mit eiserner Rüstung, Peitschen und diversen Waffen. Still versank ich in dem Spiel und gewann einen Kampf nach dem anderen.

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