Kapitel 3

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Viele Menschen mögen den Sonnenuntergang. Doch ich mag den Sonnenaufgang lieber. Denn mit dem Aufegehen der Sonne beginnt ein neuer Tag und damit neue Überraschungen. Ich nehme dafür gerne in Kauf, dass ich früh aufstehen muss. So wie jetzt.

Ich stand auf einem abseits gelegenen Rapsfeld. Das gelbe Blütenmeer bildete einen schönen Kontrast zur aufgehenden Sonne. Es war der letzte Sonnenaufgang, den ich hier betrachten würde. Der Gedanke an den morgigen Tag machte mich ein wenig nervös. Doch ich redete mir ein, dass alles gut werden würde.

Meine Mutter hatte gestern Abend zu mir gesagt, dass ich heute nicht auf dem Land helfen müsse, damit ich ich mich innerlich von meiner Heimat verabschieden kann. Schweigend schaute ich wieder zur Sonne, die immer höher stieg. Nach einer Weile gab ich mir einen Ruck und lief weiter Richtung Osten. Mir fiel ein, was mir mein Vater mal erzählt hatte, als ich kleiner gewesen war.

Damals war ich fünf Jahre gewesen und hatte auf seinem Schoß gesessen. Ich hatte ihn gefragt, wie unsere Heimat geheißen hatte, bevor es die Abschnitte gegeben hat. Er hatte mich lächelnd angesehen und gesagt, dass die Menschen, die im heutigen dritten Abschnitt lebten, ihr Land Missouri genannt hatten. Ich hatte gelacht, weil sich der Name so lustig angehört hatte.

Doch heute lachte ich nicht mehr. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich älter geworden bin. Oder es liegt daran, dass ich mir mehr Sorgen als Früher mache. Die Sache mit meinem Geburtstag machte mich sehr nervös. Schließlich ist nie jemand zurück gekehrt. Ich redete mir ein weiteres Mal ein, dass alles gut wird. Ich lief schweigend weiter. Ich musste unbedingt auf andere Gedanken kommen. Sonst würden meine eigenen Sorgen mich noch umbringen.

Ich betrachtete ein Sonnenblumenfeld. Und ich merkte, dass ich die Natur liebte. Mein Vater hatte mir als ich noch klein gewesen bin gezeigt, welche Pflanzen man alles essen kann. Ich erinnerte mich, wie ich ihn gefragt hatte, ob er mir das jagen beibringen könne. Daraufhin hatte er gesagt, dass Mädchen nicht jagen sollen und ich lieber etwas sinnvolleres machen solle. Ich war deswegen etwas enttäuscht gewesen. Doch heute wusste ich, dass ich meiner Familie mehr half, wenn ich auf dem Feld mitarbeitete.

Ich sah zur Sonne und wusste, dass ich mich auf den Heimweg machen musste, wenn ich noch vor Sonnenuntergang daheim sein wollte. Ich lief schweren Herzens zur Stadt zurück. Natürlich könnte ich vor meinen Geburtstag fliehen. Doch wenn ich das tat, würde man meine Familie dafür bestrafen und das wollte ich auf jeden Fall verhindern. Außerdem wäre ich jenseits der Stadt dem Tod geweiht.

Ich lächelte, als die Stadt in Sicht kam. Von hier aus konnte man ihre ganze Größe sehen. Man konnte auch die geschützten Häuser der Polizisten und das Rathaus sehen. Doch die meisten Häuser waren doch die kleinen Hütten, in denen die Armen lebten. Im Stadtzentrum waren zwar Hochhäuser mit Apartments, doch dort lebten nur die wenigen Reichen des Dritten Abschnittes. Mit jedem Schritt den ich machte, konnte ich die Armut immer verbreiteter sehen. Sie drückte sich wie eine schwere Last auf das Umfeld nieder. Manchmal wünschte ich, ich würde wo anders leben, nicht an diesen trostlosen Ort. Doch wenn ich dann wieder die Schönheit der Felder sah, wusste ich, dass ich nirgendwo anders sein wollte. Das hier ist mein Zuhause und eines Tages werde ich wieder hier sein.

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