11.Kapitel

803 84 31
                                    

Er schaute mich überrascht an.

»Wirklich?«, versicherte er sich nochmal bei mir. Ich nickte, diesmal entschlossener. Es hatte mir wirklich gefallen. Ich war zwar mehr als überfordert, aber ich wollte mir diese einmalige Chance auf keinen Fall entgehen lassen. Das würde ich früher oder später bereuen, das wusste ich.

Markus erwiderte darauf nichts. Ich sagte nichts. Wir sahen uns einfach nur an. Ich glaubte, Markus war mindestens so überfordert wie ich selbst. Und das hieß etwas. So lief diese Situation normalerweise bestimmt nicht ab. Zu meinem Pech wusste ich aber auch nicht, wie genau so etwas ablief. Wie würde es jetzt in einem meiner Bücher weitergehen? Ich wusste es nicht. Ich konnte nicht mehr klar denken. Ich hasste mich. Was sollte ich jetzt nur tun? Konnte Markus nicht endlich etwas sagen? Verzweifelt sah ich ihn an. Seinen Gesichtsausdruck konnte ich nicht deuten. Nervös trat ich von einem Fuß auf den anderen. Er sollte endlich irgendetwas tun. Irgendetwas! Nur bitte nicht nichts tun. Ich spürte wie Tränen der Verzweiflung in mir aufkamen. Nein! Alles bitte, nur nicht das. Ich hatte gedacht, es konnte nicht mehr peinlicher werden, aber anscheinend ging das doch. Was dachte Markus nur gerade? Warum rührte er sich nicht? Ich musste etwas tun. Irgendwas. Lange hielt ich das so nicht mehr aus. Machte es ihm nichts aus, mich einfach nur zu betrachten? Ich hielt die Luft an und hielt dem Blickkontakt stand. Ich atmete einmal tief ein. Ich schaffte das. Was sollte er schon groß denken? Viel schlimmer als jetzt konnte es sowieso nicht mehr werden. Eine Träne rollte mir die Wange herunter. Nein, ich wollte nicht weinen! Warum machte mein Körper das? Krampfhaft riss ich die Augen auf und musterte Markus, dessen Gesichtsausdruck sich in einen gewandelt hat, den ich genauso wie den davor nicht deuten konnte. Jetzt oder nie. Ich schaffte das. Ich schaffte das. Ich schaffte das. Ich musste das schaffen.

»Markus …?«, brachte ich schließlich heiser raus. Eigentlich wollte ich viel mehr sagen, aber ich brachte nur diese Worte heraus. Mehr gingen nicht. Besser als nichts. Ich atmete erleichtert auf. Markus kam auf mich zu und umarmte mich. Vorsichtiger als vorhin. Viel zurückhaltender. Aber er tat es gerne, das spürte ich. Ich entspannte mich etwas. Dieses Gefühl war so schön.

»Ich habe echt null Erfahrung damit und weiß gar nicht, wie ich mich verhalten soll und wie man das in dieser Situation macht, aber, Katharina, ich glaube … nein, ich glaube, ich weiß … verdammt noch mal, ich würde gerne mit dir zusammen sein, so bescheuert sich diese Formulierung auch anhört«, stotterte Markus endlich diese Worte, die mein Herz höher schlagen ließen. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Hatte ich mich wirklich nicht verhört? Ich spürte das heftige Schlagen seines Herzens an meinem Ohr. Das hier war gerade wirklich die Realität. Ich konnte es nicht glauben. Er hatte das zu mir gesagt. Zu mir! Aber was sollte ich darauf jetzt nur antworten? ‘Ich auch’ und alle anderen Formulierungen, die mir einfielen, hörten sich dumm und peinlich an. Das erste Mal, seit ich denken konnte, war mir das aber jetzt egal.

»Ich auch«, wisperte ich in seine durchnässte Jacke.

Ich bekam keine Antwort mehr darauf, stattdessen legte Markus seine kalten Hände um mein Gesicht und legte seine Lippen ein zweites Mal an diesem Tag auf meine. Diese Berührung löste ein warmes Prickeln in mir aus und ich genoss jede Sekunde von diesem Kuss, bis wir uns kurz darauf wieder voneinander trennten. Glücklich lächelte ich ihn an. Ich konnte das immer noch nicht glauben. Ich hatte das Gefühl, gerade neben meinem Körper zu stehen und einfach zuzusehen, was er anstellte, ohne noch eine winzige Kontrolle darüber zu haben.

»Wir sollten uns langsam auf den Heimweg machen, nicht dass du dich noch erkältest«, meinte Markus und ich sah ihn anscheinend etwas zu deutlich enttäuscht an, denn er fing an zu lachen.

»Schau nicht so und sei vernünftig. Du frierst doch sogar schon«, argumentierte Markus und ich schaute ihn verdutzt an. Ich fror tatsächlich, das hatte ich gar nicht bemerkt. Schnell verschränkte ich die Arme vor meiner Brust um mich zu wärmen, doch es half nicht viel. Ich fing an zu zittern, obwohl ich versuchte, das zu verhindern.

Mehr als nur extrem schüchtern | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt