Noch tieferer Zauber aus der Zeiten Dämmerung

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Während die beiden kleinen Mädchen noch in den Büschen kauerten, das Gesicht in den Händen, hörten sie die Hexe rufen:"Mir nach auf in den letzten Kampf! Noch eine kurze Weile und wir haben das Menschengezücht ausgerottet, jetzt, da der große Narr, diese Riesenkatze, tot ist."

Da schwebten die beiden Kinder einige Sekunden lang in große Gefahr, denn mit wilden Geschrei, lautem Pfeifen und schrillem Hörnerklang fegte das gemeine Pack gerade an ihrem Versteck vorbei Hügen abwärts. Sie fühlten die Gespenster wie einen kalten Wind an sich vorbeisreichen. Der Boden bebte vom Galoppieren der Stiermenschen und über ihren Köpfen schwirte der garstige Flügelschlag schwarzer Geier und riesenhafter Fledermäuse. Zu jeder aderen Zeit hätten sie vor Furcht gezittert, aber ihr Herz war zu voll von Trauer, Schrecken und Scham über Aslans Tod und sie achteten kaum auf etwas anderes. Sobald der Wald wieder still geworden war, erkletterten Susan und Lucy den Hügel. Der Mond war im Untergehen, leichte Wolken glitten über ihn hin, aber sie sahen gleich die Gestalt des toten Lwen in seinen Fesseln. Sie knieten beide im nassen Gras, sahen sein kaltes Gesicht und streichelten sein schönes Haar, so viel davon übrig geblieben war und weinten, bis sie keine Tränen mehr hatten. Dann blickten sie sich an, fassten sich aus lauter Einsamkeit an den Händen, weinten aufs Neue und verstummten abermals. Endlich sagte Lucy:"Ich kann den hässlichen Maulkorb nicht ertragen, können wir ihn nicht abnehmen?"  Sie versuchten es und nach vielen Anstrengungen, ihre Finger waren starr vor Kälte und es war stockfinstere Nacht, gelang es schließlich. Aber als sie sein Gesicht Frei sahen, brachten sie von neuem in Tränen aus und liebkosten und hätschelten ihn abermals. Blut und Schaum wischten sie, so gut sie konnten weg und alles war unsagbar gottverlassen, unsagbar hoffnungslos, unsagbar grauenhaft.

"Ob wir ihm nicht auch die Fesseln abnehmen könnten?", fragte Susan. Doch seine Gegner hatten aus lauter Bosheit die Stricke so fest angezogen, dass sie keinen Knoten lösen konnten. Ich hoffe, keiner, der dieses Buch liest, ist jemals so unglücklich und traurig gewesen wie Susan und Lucy in jener Nacht, aber wenn jemand von euch jemals eine Nacht lang aufgeblieben ist und geweint hat, bis ihm die Tränen versiegten, dann wird er wissen: Zu guter Letzt tritt der Friede ein, so al ob niemand wieder irgendetwas geschehen könnte. Jedenfalls fühlten die beiden kleinen Mädchen so. Stunde um Stunde verstrichen in tödlicher Stille. Sie spürten kaum, dass sie froren und dass es kälter und kälter wurde, aber endlich merkte Lucy, wie die Dunkelheit des Himmels sich im Osten erhellte. Es war nicht mehr ganz so schwarz wie vor einer Stunde und an ihren Füßen sah sie im Gras etwas Winziges hin und her huschen. Zuerst achtete sie nicht darauf. Was bedeutet das schon? Jetzt war nichts mehr wichtig. Doch da sah sie, wie dieses Etwas sich dem Steintisch näherte und was es auch sein mag, es krabbelte jetzt sogar auf Aslans Leib herum. Sie bedrachtete es genauer, es war etwas Kleines Graues. "Igitt!", rief Susan über den Tisch hinüber. "Wie ekelhaft! Da krappeln widerliche kleine Mäuse über ihn. Weg mit euch, Geziefer!", und sie erhob die Hand um sie zu verscheuchen.

"Warte", bat Lucy, sie hatte die Tierchen genauer beobachtet. "Siehst du nicht, was sie tun?"

Beide Mädchen beugten sich weiter hinuner. "Ich glaube fast...", begann Susan. "Ach, wie sonderbar! Sie nagen die Fesseln durch."

"Das schien mir auch so", sagte Lucy,"und ich meine, es sind gute Mäuse. Ach, die armen kleinen Dinger wissen noch gar nicht, dass er tot ist. Sie denken, es nützt etwas, wenn sie ihn befreien."

Es wurde nun wirklich heller und auf einmal merkten dieKinder, wie schrecklich blass sie beide aussahen. Die Mäuse knabberten und nagten weiter. Viele, viele hundert Feldmäuse nagten ein Seil nach dem anderen durch, während die Sterne verblassten und der Himmel weiß wurde. Nur ein großer Stern schwebte noch tief am östlichen Horizont. Susan und Lucy froren jetzt noch mehr als in der Nacht. Die Mäuse huschten lautlos davon und die Müädchen räumten die zernagten Stricke beiseite. Befreit von ihnen glich Aslan wieder mehr sich selbst. Ja, von Minute zu Minute sah sein Anlitz edler aus und jetzt, da es lichter wurde, konnten sie ihn deutlicher erkennen. Hinter ihnen im Wald ließ ein Vogel einen lachenden Ruf ertönen. Es war viele Stunden lang so still gewesen, dass sie bei diesem Laut erschraken. Dann antwortete ein anderer Vogel und bald erscholl überall Vogelgesang. Der Morgen war angebrochen, die Nacht war vergangen.

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