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'Ich verstehe diesen Typen einfach nicht.' Grummelnd schmiss sich Eren auf mein Bett, nachdem ich ihm lang und breit Levis Verhalten in der Mittagspause geschildert hatte. Sein Gesicht sah wütend aus. Irgendetwas musste ihm wohl an der Tatsache nicht passen, dass der Korporal und ich, uns morgen auch außerhalb des Trainings sehen würden.

'Dann sind wir ja schon zu zweit.' Murmelte ich zurück, und machte es mir auf dem Stuhl aus Holz bequem.

'Was will er bloß mit diesem Verhalten erreichen?' Eren schien mehr mit sich selbst zu reden, als mit mir, während er sich mit beiden Händen durchs Gesicht fuhr, und seine Stimme sich seltsam gedämpft anhörte.

'Du machst dir ja mehr Gedanken als ich.' Unproduktiv warf ich eine Feststellung in den Raum. Ein kläglicher Versuch sein Selbstgespräch zu stoppen.

'Mich stört einfach der Gedanke, dass du irgendwo alleine mit ihm bist.' Murmelte er wie aus der Pistole geschossen.

'Er wird mich schon nicht auffressen.' Augen verdrehend stützte ich meine Ellbogen auf dem Schreibtisch ab. 'Außerdem bin ich Soldatin. Ich werde mich ja wohl selbst vertei-'

'So meinte ich das überhaupt nicht.' Unterbrach mich Eren. Ein Rotschimmer hatte sich auf seinen Wangen ausgebreitet. 'Es liegt nicht alleine an ihm. Mir gefällt es generell nicht wenn du alleine mit irgendeinem Mann bist.'

Nach diesem Satz, schwang er beide Beine über die Kante des Bettes, stand langsam auf, und verschwand, ohne ein weiteres Wort aus dem Zimmer. Mit einem Schlag klatschte er die Tür zu.

Perplex starrte ich ihm hinterher, und begriff im ersten Moment überhaupt nicht was gerade vorgefallen war. Was sollte Erens Verhalten? Und vor allem, was meinte er, mit dem was er gerade gesagt hatte?

Mehrere Minuten saß ich einfach nur da, und ließ mir seine Worte durch den Kopf gehen. Desto mehr ich darüber nachdachte, desto schwerer wurde mein Kopf, und desto verwirrter fühlte ich mich. Erst stellte Levi mein gesamtes Weltbild auf den Kopf, mit seinem mehr als merkwürdigen Verhalten, und dann attackierte mich Eren mit irgendwelchen Aussagen, die mich einfach nur vollkommen und absolut neben die Spur brachten.

Und ich dachte, die Titanen wären mein einziges Problem.

                                                      ♥

Als vor knapp 10 Minuten irgendjemand das Abendessen verkündete, zuckte ich nur kaum merklich zusammen, und drehte mich auf die andere Seite meines Bettes. Ich hatte Hunger. Selbstverständlich hatte ich Hunger. Schließlich lag das Frühstück schon eine ganze Weile hinter mir, und das Mittagessen wurde mir von Levi vollkommen gestrichen. Trotzdem weigerte ich mich schlicht und einfach, die bequeme Position, die ich momentan auf meinem Bett hatte zu verlassen, und erneut in irgendwelche Probleme zu stolpern. Ich hatte für heute genug von irgendwelchen Strafen, oder Dingen die ich nicht verstand. Ich kam mir vor wie ein kleines Kind, dass alles falsch machte und rein gar nichts auf dieser Welt begriff.

Genervt pustete ich mir eine meiner braunen Strähnen aus dem Gesicht, und wälzte mich kurz darauf wieder auf den Rücken. Ich konnte einfach nicht still liegen bleiben, auch wenn mir jeder einzelne Muskel wehtat. Am liebsten wäre ich aufgesprungen, und hätte Eren ohne große Umschweifungen zur Rede gestellt. Die Theorien die sich in den vergangenen Stunden in meinen Kopf geschlichen hatten waren unendlich, und eine absurder als die Andere.

Der Gedanke dass ich mich mal wieder in irgendwas viel zu sehr hinein steigerte kam in mir auf, und ich nickte geistesabwesend mit dem Kopf. 'Ja,so musste es einfach sein!' Redete ich mir so lange gut zu, bis das beklemmende Gefühl in meiner Brust anfing zu verschwinden. Die Angewohnheit mir alles viel zu sehr zu Herzen zu nehmen, würde ich wahrscheinlich niemals loswerden.

'Elena? Bist du da drin?' Sashas laute Stimme brachte mich dazu, binnen weniger Sekunden aufrecht in meinem Bett zu sitzen. 'Ich hab dir was zum Essen mitgebracht.' Vorsichtig öffnete sie die Tür. In ihrer Hand hielt sie einen Teller mit etwas Brot und einem Glas Wasser.

'Dankeschön!' Wahrscheinlich etwas zu euphorisch streckte ich die Arme aus, um ihr zu verdeutlichen,dass sie absolut willkommen war.

Lachend drückte sie mir den Teller in die Hand, und schob den Schreibtischstuhl näher an mein Bett heran.

'Ich dachte eigentlich, du bist bei Eren.' Ihre Stimme klang neugierig und ungeduldig. Ich jedoch verschluckte mich nur, vor lauter Fassungslosigkeit, an meinem Brot und hustete mir für mehrere Minuten die Seele aus dem Leib.

'W-wie bitte?' Mit Mühe und Not, und einem halben Glas Wasser, brachte ich schlussendlich doch noch einen Satz hervor.

'Na, ihr wart Beide nicht beim Essen.' Erwartungsvoll wackelte sie mit den Augenbrauen.

'Es ist nichts dergleichen vorgefallen!' Schnell versuchte ich die Situation zu entschärfen.

'Aber irgendwas ist vorgefallen, oder?' Ihre Frage klang mehr wie eine Feststellung. Nervös seufzte ich auf, und fuhr mir durch meine Haare.

'Habt ihr euch gestritten?' Fragte sie schließlich, nachdem ich 1 Minute später immer noch nicht geantwortet hatte.

'Ich würde nicht unbedingt sagen, dass wir uns gestritten haben.' Vorsichtig tastete ich mich an den nächsten Satz heran. 'Er hat sich bloß, merkwürdig verhalten.'

'In wie fern merkwürdig?' Ihre Stimme wurde nun immer interessierter.

Ich erzählte ihr von Levis Verhalten, Erens Reaktion, einfach wie furchtbar sonderbar er sich daraufhin verhalten hat.

Als ich fertig damit war, mein Herz aus zu schütten, setzte sie zu einer Antwort an, unterbrach sich dann jedoch wieder selbst. Für mehrere Minuten herrschte Schweigen zwischen uns beiden. Ich merkte dass sie an einer Antwort arbeitete, und sich wirklich Gedanken machte.
Ich war auf einmal unglaublich dankbar dafür, dass ich so eine gute Freundin hatte, und dass wir alle noch lebten, und dass wir  vor allem noch die Chance hatten etwas zu verändern.

'Meine Probleme fühlen sich plötzlich so klein und unwichtig an, und alleine schon so viele Gedanken daran zu verschwenden lächerlich.' Meine Stimme klang monoton, und war kaum verständlich. 'Tausende, gar Millionen haben ihr Leben beim Kampf gegen die Titanen gelassen, und ich jammere wegen ein paar Worten und Taten.' Ich fühlte mich schlecht. Ich wollte etwas unternehmen.

'Was redest du denn da?' Sashas Gesicht sah schlagartig wütend aus. 'Das ändert doch nichts daran, dass du unglücklich bist. Selbst wenn andere es noch schwerer haben, ändert dass doch nichts daran, dass man hat, was man eben hat- Gutes und Schlechtes! Egal wie klein, und unwichtig das Problem scheint, wenn es dich beschäftigt dann kannst du es doch nicht einfach beiseiteschieben und versuchen zu ignorieren! Was dich beschäftigt, beschäftigt dich eben. Vielleicht ist es gut die Dinge manchmal aus der richtigen Perspektive zu sehen. Aber manchmal denke ich, die einzige richtige Perspektive ist die, einfach da zu sein. Einfach zu fühlen, und mit sich im Reinen zu sein. Also mach dir selbst keine Vorwürfe, für deine Gefühle, Gedanken oder Taten. Das ist nämlich das wahre lächerliche.'

Nach dieser Rede stand Sasha auf, nahm mich in den Arm, und drückte mich fest an sich. Ich jedoch hörte nur immer wieder ihre Worte in meinem Kopf, immer, und immer wieder.
Sie brannten sich in mein Gehirn, unauslöschbar.

                                ♥

Drei sind Einer zu viel.(Attack on Titan FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt