Kapitel 2

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Enisas POV

Die Schüler und Schülerinnen laufen quer durch den Gang und rufen wie verwirrt durch die Gegend. Doch ich schob sie in den Hintergrund meiner Gedanken. Das einzige woran ich gerade dachte, ist Schlaf.
Oh man, warum mussten wir gestern die Serie „Sie weiß von dir" zu Ende schauen?
Gähnend fischte ich mein Mathebuch aus meinem Spind und klemmte es unter mein Ellenbogen. Ich zuckte erschrocken zusammen als ich eine Gestalt hinter meiner Spindtür entdeckte.
„Was suchst du hier?", fragte ich verwirrt und schenkte dem Arschloch nicht weiter meine Aufmerksamkeit.
„Ich werde direkt auf den Punkt kommen", meinte er und stieß sich von den Spindfächern ab.
„Ist deine Freundin vergeben?"
Überrascht lehnte ich mich nach hinten und blickte hinter die Spindtür, um ihm in die Augen zu gucken. Wie von automatisch legte sich ein Schmunzeln um meine Lippen.
„Ece oder Melissa?"
Er blies seine Wangen auf und stieß die Luft wieder aus
„Boah keine Ahnung. Die mit den hellbraunen Haaren"
Ich widmete mich wieder nach vorne und schüttelte den Kopf
„Dafür, dass du interessiert an sie bist, ist es ziemlich merkwürdig ihren Namen nicht zu kennen. Und zu deiner Frage", ich stieß die Spindtür zu und blickte zu ihm hoch, „nein sie ist nicht vergeben."
Diesmal war er es, der schmunzelte.
„Na geht doch", er klopfte mir beim weggehen kurz auf die Schulter und lief den Gang runter.

„... er hat mir dann kurz auf die Schulter geklopft und ist dann gegangen", erzählte ich den Mädels als wir uns nach der Schule getroffen haben, um uns für die Party bereit zu machen.
„Uhhhh", machte Melissa und wackelte anzüglich mit den Augenbrauen.
„Ich glaube heute wird ein Junghäutchen...", sie gestikulierte mit ihren Händen den Rest des Satzes.
„Vergisst bloß nicht die Kondome!", warf ich ein und widmete mich meiner Wimperntusche.
„In was für Filme die leben", sagte Ece augenverdreht, „Euch beiden ist wirklich nicht mehr zu helfen."
„Ach komm schon, du hast einen heißen Adonis an der Leine. Ich an deiner Stelle würde diese Chance nicht verpassen. Und wenn er doch nichts für dich ist, dann schick ihn zu mir", zwinkerte Melissa am Ende ihres Satzes.
„Hör auf so viel zu reden und mach mir mal stattdessen die Haare!"
„Okay, aber nimm dir meine Worte zu Herzen."
„Melissa!", mahnte Ece sie.
„Leute!", rief ich mit einer festen Stimme und stellte mich hin, „Wie sehe ich aus?"
„Sexy!" „Perfekt!"
Da freut man sich doch.



„Du bist also doch gekommen", strahlte Bekir übers Gesicht, als er uns die Tür öffnete.
„Die beiden haben mir keine andere Wahl gelassen", merkte ich an und ließ mich von ihm in eine Umarmung ziehen, die meiner Meinung nach viel zu lang war. Er begrüßte die anderen beiden auch und führte uns ins Haus. Die Bude war voll! Ich wusste zwar, dass er es übertreiben wird, aber das...
„Da hinten stehen ein paar Drinks", meinte er zu mir und deutete mit dem Finger auf einen schmalen Tisch, während er sich leicht zu mir runter beugte, „Nimmt euch welche, ich bin gleich wieder bei euch." Ich nickte lediglich und betete, dass er die Gänsehaut, die sich auf meinen Armen breit macht, nicht sieht. Ich habe mir nur eine schlichte Jeans angezogen und ein ärmelloses Oberteil in beige. Melissa war die einzige von uns dreien, die sich für ein Kleid entschieden hat. Ich ließ meine Augen durch den Raum gleiten. An der Ecke stand ein langer, schmaler Tisch mit Kleinigkeiten zum Essen und zum Trinken. Rechts daneben standen Boxen, die die Musik in einem hohen Bass im Raum, nein im gesamten Haus verteilt. Auf der anderen Seite steht der ausgeschaltete Fernseher und eine große Couch.
Ich hätte den Fernseher niemals so stehen lassen.
Sonst liegen noch große Kissen auf dem Boden, wo sich manche im Kreis hingesetzt haben. In der nächsten Sekunde hakte sich Melissa bei mir und Ece unter und steuerte uns durch den Raum. Noch bevor ich realisieren konnte was hier abging, standen wir vor dem Arschloch und seinen Freunden. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und sehnte mich nach einem Sitzplatz. Wir sind den ganzen Weg gelaufen, weil keiner von uns sein Führerschein hat. Dann fiel mein Blick auf den Tisch.
„Ich gehe mir kurz was zu trinken holen. Wollt ihr auch was?", fragte ich die beiden und bekam ein Kopfschütteln. Am Tisch war ich dann doch etwas unentschlossen. Was davon ist denn jetzt Alkoholfrei?
„Was darf ich dir einschenken?", hörte ich plötzlich eine Stimme an mein Ohr und spürte eine Hand am unteren Teil meines Rückens.
Mit einem Seitenblick erkannte ich die schwarzen Haare von Bekir und erwischte ihn noch in der letzten Sekunde wie er mich von der Seite musterte.
„Kannst du etwas empfehlen?", gab ich von mir und war mir unsicher, ob er mich durch meinem schwerem Atem gehört hat.
„Natürlich, soll es fruchtig oder sauer sein?", antwortete er. Er hat mich also doch gehört.
„Etwas Fruchtiges, aber auch nicht zu fruchtig", meinte ich und strich meine Haare hinter's Ohr. „Oh und es soll alkoholfrei sein", fügte ich noch hinzu. Er zog seine Hand von mir und streifte dabei über meinen gesamten Unterrücken. Fuck, nicht schon wieder eine Gänsehaut! Ich versuche zu verfolgen was er mir in den Becher kippt, doch bevor ich ihm folgen konnte, drückte er mir schon den Becher in die Hand. „Hier, bitte sehr"
Ich nahm ihm den Becher ab und betrachtete die rotorangene Mischung.
„Und ich werde nach diesem Becher nicht bewusstlos in einem Transporter eines Organspender liegen?", fragte ich und deutete mit dem Finger auf die Flüssigkeit.
Ein süßes Lächeln umschmeichelte seine Lippen.
„Nein, im schlimmsten Fall endest du keuchend auf meinem Bett", meinte er lachend und obwohl ich wusste, dass es ein Scherz war, setzte mein Herz für einen Moment aus. Ohne drauf vorbereitet zu sein, schnappte er sich meine Hand und zog mich mit sich. Seine so schön warm, während meine eisig war. Er hielt plötzlich in seiner Bewegung inne und sah zu mir runter.
„Ist dir kalt?", fragte er besorgt und ließ seine Augen auf meinen Körper fallen. Dann legte er seine Hand an meinen Oberarm. Diese Stelle war zum Glück warm. Ich befürchte sogar, dass sie durch seine Berührung nun zu brennen anfing. Beinahe hätte ich vergessen zu antworten
„Nein, eigentlich nicht. Nur meine Hände sind kalt."
In der nächsten Sekunde nahm er mir den Becher wieder aus der Hand.
„Dein Becher ist kalt. Sag mir wann du was trinken willst."
So süß.
Lächelnd sah ich ihn an „Okay."
Bekir verschaffte uns einen Platz auf den Sitzkissen, wo wir uns niederließen. Den Becher stellte er neben uns auf dem Boden, während ich meine Beine ausstreckte und meine kalten Hände unter meine Oberschenkel schob. Aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass Bekirs Augen meine Hände verfolgten.



Eces POV

Ich stand mit Melissa in der Küche, da sie sich was vom Kühlschrank nehmen wollte. Da ich schon etwas müde geworden bin setzte ich mich solange auf einen hohen Barstuhl, statt zu stehen. Neben mir waren noch 3 andere Barstühle gereiht und vor mir stand ein hoher Tisch.
„Ece, meine Blase drückt! Ich geh schnell auf Toilette."
Ich stöhnte jammernd auf
„Na gut, ich warte hier auf dich", meinte ich dann und legte meinen Kopf auf meine verschränkten Armen auf dem Tisch. Ich schloss meine Augen und nahm nur im Hintergrund Leute wahr, die die Küche betreten und verließen. Manche bleiben auch hier und unterhielten sich. Es tat so gut, meine Augen für einen Moment zu schließen. Der Gedanke an meine Pyjamas und mein Bett lässt mich leicht schmunzeln. Wie gerne ich jetzt die Party verlassen würde. Stattdessen sitze ich hier in einem Zweiteiler Jumpsuit. Mein Herz sprang mir fast aus der Brust, als ich etwas an meiner Hüfte spürte und keuchend aufschreckte. Ich blickte in zwei braune Augenpaare, die mich belustigt und irgendwie auch entschuldigend ansahen. Mit erhobenen Händen blickte Enes in meine Augen
„Woah, ich wusste nicht, dass du dich so erschrecken würdest. Tut mir leid", meinte er mit einem schiefen Grinsen und nahm auf dem Stuhl neben mir Platz.
Als ich ihn einfach nur anstarrte, weil ich zu müde bin etwas zu sagen, zieht er seine Augenbrauen zusammen.
„Bist du krank?"
Ein Lächeln legte sich um meine Lippen
„Sehe ich denn so schlimm aus?"
Seine Miene lockerte sich wieder und er fing auch an schwach zu lächeln.
„Nein, das nicht. Aber du siehst so niedergeschlagen aus."
„Ich bin einfach nur müde geworden und will in mein Bett", schmollte ich, woraufhin sein Blick auf meine Lippen fiel.
„Soll ich dich nach Hause bringen? Ich glaube nicht, dass das hier ein gemütlicher Schlafplatz ist", dabei deutete er auf den Tisch.
„Ach was. Ich laufe später mit den Mädels nach Hause."
Er lachte auf
„Ihr wollt laufen!?", fragte er mit spöttischer Stimme, „Hast du überhaupt eine Ahnung wie viel Uhr wir haben?"
Ich kratzte mein Oberarm und zuckte gleichzeitig mit den Schultern.
„Lass uns die anderen aufsuchen. Ich fahre euch. Ich wäre ohnehin nicht mehr lange geblieben."
Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen.
„Danke", lächelte ich ihn an.
Ich stieg vom Stuhl runter und merkte wie er mir dicht auf den Fersen war.


Ich lehnte meinen Kopf gegen den Sitz und schloss meine Augen. Die Sitzheizung, die Enes angemacht hat, tut so gut. Hinten sitzen Melissa und Enisa, die ebenso stumm vor sich hin saßen. Melissa hat noch genug Energie um einmal um das Fußballfeld zu laufen, während Enisa und ich kurz vorm einschlafen sind.
„Pennt mir hier ja nicht ein! Ich habe am Ende keine Lust zwei Leichen hochzutragen", meinte Enes und wir wussten genau dass er Enisa und mich meinte.
„Keine Sorge, deine Leiche wird zuerst getragen", antwortete Enisa, wobei ich mir kein Schmunzeln verkneifen konnte. Aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass auch Enes leicht am Schmunzeln war.
„Ich hoffe ohne davor vergewaltigt zu werden"
„Das kommt einzig und allein darauf an, wie gut du es uns besorgst", sprach diesmal Melissa. Innerhalb einer Sekunde legten sich alle Blicke auf sie. Das hat sie gerade nicht wirklich gebracht. Enes fing an laut zu lachen.
„Ihr müsst nur fragen. Ich bin immer bereit für einen Vierer", witzelte auch Enes und ich schlug ihm schmunzelnd gegen seinen Oberarm
„Untersteh dich, junger Mann!"
Bei Melissa angekommen, parkte Enes das Auto am Straßenrand. Wir beschlossen die Nacht bei ihr zu verbringen, da wir alle schon kaputt waren.
Während die anderen sich schon von Enes verabschiedet haben und schonmal vorliefen, lehnte ich mich durch die Beifahrerseite nochmal zu ihm runter und lächelte ihn sanft an.
„Danke für alles"
Er winkte nur ab und wünschte mir eine Gute Nacht, bevor ich den anderen folgte und die Treppen hochstieg. Wir schminkten uns ab, zogen unsere Pyjamas an und verkrochen uns unter die Bettdecke. Mit den letzten Gedanken an die heutige Party schloss ich auch schon meine Augen und versank in meine Traumwelt.

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