Kapitel 3

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Enisas POV

Heute regnet es zugegebenermaßen echt viel. Unpassend dazu trage ich eine graue Jeans. Hätte ich doch lieber vorher auf meine Wetter App geguckt. Na wenigstens habe ich einen dicken Pulli an, dessen Ärmel ich mir über meine Handgelenke ziehe und dem Unterricht folge. Zum Glück studiere ich noch nicht, sonst hätte ich alles mitschreiben müssen. Ich bin gerade in der 11. Klasse, so schwer ist es noch nicht. Nur ab und zu schrieb ich mir kleine Notizen auf. Die Stunden haben sich heute in die Länge gezogen. Desto glücklicher war ich auch, als ich um 16 Uhr Schule aus hatte.
„Enisa!", höre ich jemanden meinen Namen rufen, als ich auf den Ausgang zusteuerte. Ich blieb abrupt stehen und drehte mich um, nur um zu beobachten, wie Bekir lächelnd auf mich zukommt. Er trug eine locker anliegende, graue Hose, darüber ein schwarzes T-Shirt und ein kariertes, offenes Hemd. Na wenigstens bin ich nicht die einzige mit einer grauen Hose.
Als er vor mir zum Stehen kam, lächelte ich ihn verlegen an und wusste nicht so genau wie ich ihn begrüßen sollte. Einfach ein Hey? Soll ich ihm umarmen? Oder doch lieber die Hand geben? Zu meinem Glück, nimmt mir Bekir die Entscheidung ab und zieht mich in seine Arme. Er riecht so gut.
„Wie geht es dir?"
„Gut danke, und dir?"
„Auch. Ich wollte dich fragen, ob du vielleicht Lust hast mit mir zu lernen? Davor könnten wir uns auch noch was zu essen kaufen oder einfach zu mir nach Hause bestellen. Hast du Hunger?"
Allein der Gedanke an eine Pizza lässt das Wasser in meinem Mund zusammenlaufen.
„Wir lernen bei dir?", frage ich etwas unsicher und legte den Kopf etwas nach hinten, um zu ihm hochzusehen.
„Ja, wenn du nichts dagegen hast", er schenkt mir ein kleines Lächeln.
„Nein... also... ich", ich seufzte. „Ich weiß nicht so genau. Eigentlich habe ich keine Lust zu lernen", log ich.
Der Grund war, dass ich nicht zu ihm nach Hause will, weil ich mich zu sehr schämen würde.
Als antwort schnalzte er mit der Zunge.
„Wir werden genug Pausen einlegen. Außerdem schreiben wir nächste Woche schon unsere erste Klausur. Keine Sorge, mit mir würde sogar das Lernen Spaß machen", sagte er und schenkte mir am Ende seines Satzes ein schelmisches Grinsen.
Als mein Magen zu knurren begann, wurde sein Grinsen noch breiter.
„Dein Magen redet schon für sich selbst. Komm!"
Ohne auch eine Antwort von mir abzuwarten, umschloss seine Hand meine Hand und zog mich mit zum Ausgang. Ich zog scharf die Luft ein.

Wir halten wieder Händchen.

Draußen auf dem Parkplatz prasselte der Regen ohne Gnade auf uns hinab. Zum Glück war Bekirs Auto nicht weit weg geparkt, sodass er mir nach einigen Sekunden Gentlemanlike die Beifahrertür öffnete. Ich bedankte mich und huschte ins Auto nur um Bekir zu beobachten, wie er um das Auto joggte. Schmunzelnd sah ich ihn mit seinen nassen Haaren an, als er die Tür hinter sich zuknallte.
„Was ist?", fragte er mit erhobenen Augenbrauen, als er mein Starren bemerkte.
„Nichts. Was bestellen wir uns?", wechselte ich schnell das Thema, damit er meine heißen Wangen nicht bemerkt. Er machte die Sitzheizung an, schnallte sich an und fuhr los, während er ein nachdenkliches Gesicht machte.
„Keine Ahnung. Was hättest du gerne?"
„Eine Pizza mit Mozzarella, Parmesan, Basilikum, Pilzen und Oliven"
Bekir wendet kurz seinen Blick von der Straße und schaut mich schmunzelnd an.
„Wir haben hier ja einen Pizzaexperten! Welche Pizza würdest du mir empfehlen?"
„Hmm...Magst du Thunfisch?"
Er nickte.
„Dann für dich eine Pizza mit Thunfisch, Zwiebeln, Mais und eventuell auch Oliven?"
Er bog in eine Straße, ehe er zu antworten ansetzte.
„Das hört sich gut an. Kannst du schonmal bestellen?"
Ich nickte und durchsuchte mein Handy in meiner Tasche. Wo ist denn jetzt mein Handy? Als ich mich kurz vorbeuge um zu gucken, ob es vielleicht runtergefallen ist, merke ich, dass ich es in meine Gesäßtasche geschoben habe. Oh. Ich rief an und war kurz überfordert, als ich nach der Adresse gefragt wurde. Doch Bekir packte vorsichtig mein Handgelenk und zog es an seinen Mund, ehe er dem Mann seine Adresse nannte. Ich habe seine Adresse garnicht mitbekommen, da ich mich viel zu sehr auf seine Hand konzentrierte, die mein Handgelenk immernoch umschlossen hat. In meinem Bauch spürte ich ein angenehmes Kribbeln. Nach dem Auflegen ließ seine warme Hand von mir ab, wodurch die Stelle augenblicklich kalt wurde.
Die Gegend, in der er wohnt, ist wirklich schön. Zwar war ich schonmal hier, doch da war es schon zu dunkel um was erkennen zu können. Ich folgte ihm durch die Garage im sein Haus.
„Wohnst du alleine?", fragte ich als wir im Flur standen und unsere Schuhen und Jacken auszogen. Zumindest er, ich trug keine Jacke.
„Ja, meine Eltern leben in Österreich."
Im Wohnzimmer entdeckte ich ein zugedecktes Klavier, was am Tag der Party nicht dort stand.
„Du spielst Klavier?" fragte ich überrascht und lief auf das Klavier zu, um es mir vorsichtig anzugucken.
„Ja, manchmal. Ich bin aber noch kein Profi"
„Wusste gar nicht, dass du so begabt bist"
„Ich habe sehr begabte Finger", meinte er schmunzelnd, woraufhin meine Wangen warm anliefen. Ich weiß nicht, ob er das jetzt zweideutig gemeint hat. Plötzlich erhellte sein Lachen den Raum, als er meinen Blick sah.
„Hör auf zu lachen!", meckerte ich schlug ihm gegen sein Oberarm.
„Mach es dir auf der Couch gemütlich. Ich ziehe mich schnell um, dann komme ich."
Ich nickte und war dann doch etwas verwirrt, als er auf der zweiten Stufe innehielt und sich zu mir drehte.
„Willst du dich vielleicht auch umziehen? Mit dieser Hose muss es doch ziemlich ungemütlich sein", fragte er mit schief gelegtem Kopf.
„Ach was, das passt schon, danke"

Deseo ardienteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt