Drachenangriff

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Berk war eine kleine Insel mitten im Nirgendwo. Leider war sie auch die einzige Insel im Umkreis, die Kleratinmetall hatte. Ich brauchte das Metall, um meine Beinprothese zu erneuern. Mich überlief ein Schauer als ich daran zurück dachte, wie ich mein unteres linkes Bein im Kampf verloren hatte. Auch Ohnezahn war in diesem Kampf nicht ohne davon gekommen, er hatte beim Versuch mich zu retten seine linke Schwanzflosse verloren. Schnell schob ich die Gedanken beiseite und konzentrierte mich wieder auf meinen Nachtschatten, auf dessen Rücken ich übrigens gerade saß. „Okay, Kumpel wir machen es wie immer: schnell rein und wieder raus!" Ohnezahn knurrte zustimmend und segelte im Schatten der Nacht in den anliegenden Wald hinunter.

Wenige Minuten später fand ich mich auf einem der Dächer im Dorf wieder. Ohnezahn hatte ich im Wald zurückgelassen, er würde nicht einfach unbemerkt durchs Dorf spazieren können. Ich sprang von Dach zu Dach, versteckte mich, wenn jemand kam und erreichte wenig später mein Ziel. In all den Jahren hatte sich die Schmiede nicht verändert. Zwar waren meine Erinnerungen an sie schwammig, aber an manchen Sachen erinnerte ich mich. „Vergiss die Vergangenheit!", mahnte ich mich selber. Sie war zu schmerzhaft, zu grausam. Es war schon schlimm genug, dass ich alle paar Monate wieder herkommen musste, um mir das Kleratinmetall zu besorgen. Glaubt mir würde ich es woanders bekommen, würde ich nie wieder einen Fuß auf Berk setzten.

Ich lauschte an der Hintertür, niemand war zu hören. Vorsichtig betrat ich die Schmiede, immer darauf achtend keinen Laut von mir zugeben. Skizzen von neuen Waffen hingen an den  alten Steinwänden, hier und da lagen ein paar kaputte Waffen auf dem Boden. Schnell lief ich zu einem Kessel am hinteren Ende der Schmiede. Bingo! Ich öffnete meine Tasche und verstaute die Metallbrocken darin. Plötzlich schepperte hinter mir etwas auf den Boden. Erschrocken zuckte ich zusammen und drehte mich um. Ein blondes Mädchen, vielleicht siebzehn, stand mit einer Axt in der Hand wenige Schritte von mir entfernt. Ihre Ozeanblauen Augen starrten mich erschrocken an. Verdammt, ich war zu unvorsichtig! Zum Glück trug ich meine Rüstung und meinen Helm aus Nachtschattenschuppen, so konnte sie mich nicht erkennen.

„Wer bist du?", fragte das blonde Mädchen und umgriff den Stiel der Axt noch ein Stück fester. Ich antwortete nicht. Viel mehr beobachtete ich jedes kleine Zucken ihres Körpers. Es würde ein leichtes werden an ihr vorbeizukommen, sie hatte ihren Körper nicht unter Kontrolle, das sah man sofort. Sie ließ sich von ihrer Wut leiten. „Wer bist du?", wiederholte die Wikingerin ihre Frage lauter als zuvor. Als ich immer noch nicht antwortete, lief sie mir brüllend und mit erhobener Axt entgegen. Die Axt sauste auf mich nieder, allerdings entwich ich ihr mit einer geschickten Drehung und plötzlich stand ich hinter dem blonden Mädchen. Nun stand mir nichts mehr im Wege um zu fliehen - dachte ich jedenfalls.

Plötzlich ertönte ein lautes Brüllen. Ich erkannte es sofort - ein riesenhafter Alptraum. „Drachenangriff!", schrien die Wikinger. Überall im Dorf kamen sie aus ihren Häusern und machten sich kampfbereit. Ich lief aus der Schmiede und musste mit entsetzen feststellen, dass es nicht nur ein riesenhafter Alptraum war, der draußen auf mich wartete, sondern noch hundert weitere Drachen, die das Dorf attackierten. Warum griffen die Drachen an? Seit ein paar Jahren griffen die Drachen keine Menschen mehr an. Warum taten sie es jetzt? Hinter mit kam das blonde Mädchen angerannt. „Oh, bei Thor!", hörte ich sie flüstern. Ich musste die Drachen hier wegbringen, damit die Wikinger sie nicht ernsthaft verletzten.

Im Geiste rief ich nach Ohnezahn, in der Hoffnung, dass er mich hören würde. Ich hatte schon immer eine besondere Bindung zu Drachen gehabt, aber die von Ohnezhan und mir war eine ganz besondere. Die blonde Wikingerin schien mich gar nicht mehr zu beachten, vielmehr war sie damit beschäftigt einzelnen Feuerschüssen auszuweichen. Ich musste dringend hier weg! Am besten mit den Drachen! Ich versuchte mich auf Ohnezahn zu konzentrieren, um zu spüren wo er war. Aber genau in dem Moment war ich unaufmerksam. Viel zu spät bemerkte ich den Feuerball auf mich und das Mädchen zurasen. Der Feuerball schlug scheppernd hinter uns in die Schmiede ein. Durch die Wucht des Aufpralls wurde ich weggeschleudert. Meine Welt drehte sich für ein paar Sekunden, bevor sie wieder Still stand. Stöhnend rappelte ich mich wieder vom Boden auf. Das blonde Mädchen lag wenige Meter von mir entfernt und rührte sich nicht. Komm schon, bitte beweg dich! Und das tat sie.

Kurz darauf war ich mit Ohnezahn in der Luft und zog große Kreise um das Dorf. „Wir müssen die Drachen hier wegschaffen", erklärte ich Ohnezahn. „Schaffst du das, mein Freund?" es schien als würde er nicken. „Okay, dann mal los. Ich kümmere mich um die Drachen, die gefangen wurden und du schaffst die anderen hier weg." ich zog an einem Hebel am Sattel, sodass Ohnezahn für kurze Zeit ohne mich fliegen konnte. Dann stürzte der Nachtschatten sich in die Tiefe. „Nachschatten!", brüllten die Wikinger und gingen in Deckung. Ohnezahn feuerte ein paar Warnschüsse ab, die einige Häuser in brand setzten. Das war mein Zeichen, ich sprang von seinem Rücken ab und öffnete meinen Fluganzug.

Ich hetzte über die weiten Weiden von Berk und befreite einen Drachen nach dem anderen aus den Netzten. Die Wikinger hatten sie unbewacht zurück gelassen. Ich war gerade dabei einen Zipper zu befreien als drei Wikinger angerannt kamen. Ein Dicker und zwei schlanke. „Was in Thors Namen tust du da?", fragte einer der schlanken. Sie waren noch ein paar Meter entfernt, ich hatte genug Zeit um abzuhauen. Mit einem letzten Ruck befreite ich den Zipper aus seiner misslichen Lage und schwang mich auf seinen Rücken. So gut es ging klammerte ich mich an einen seiner zwei Hälse. Ich blickte noch einmal zurück zu den drei Wikingern, zu meinem Pech spannten sie gerade ihre Bögen. Das darf doch nicht war sein!", stöhnte ich. Ich versuchte so gut es ging den Zipper nach rechts zu lenken, um den Pfeilen auszuweichen. Doch es war zu spät einer der Pfeile durchbohrte den Flügel des Zippers und wir stürzten in die Tiefe. Ich verlor den Halt und stürzte neben den Zipper Richtung Boden. Ich versuchte noch irgendwie meinen Anzug zu öffnen, aber der Boden raste zu schnell auf mich zu. Sicher würd ich mir einige Knochen bei den Sturz brechen. Und ich hatte recht, kurz darauf spürte ich einen harten Schlag und dann das Knacken von Knochen. Schmerzerfüllt verzog ich das Gesicht.

Dumpf hörte ich die Stimmen von Wikingern. „Da drüben ist der Drache!" mit verschwommenem Blick sah ich fast das ganze Dorf auf mich zu laufen. Scheiße, ich muss hier weg! Stöhnend rappelte ich mich auf. Meine Beine zitterten, mein ganzer Körper zitterte. Ich konnte Ohnezahn in meiner Nähe spüren und versuchte ihn zu erreichen. Die Wikinger kamen immer näher. Plötzlich schlug ein Plasmaball vor mir ein, ein Brüllen ertönte, schreie waren zu hören, dann Stille.

Die Chroniken der letzten Reiter Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt