Die verlorene Tasche

194 9 0
                                    

Blaue Augen. Ozean blaue Augen blickten mir entgegen. Es schmerzte in diese Augen zu sehen, ihre Traurigkeit zu sehen. Ich wollte mich abwenden, aber es ging nicht. Das kleine blonde Mädchen war überall egal wohin ich blickte. „Hicks!", schrie sie immer wieder und immer lauter.

Mit einem Schrei fuhr ich in die Höhe. Lies mich aber augenblicklich wieder nach hinten fallen, weil ein stechender Schmerz meinen Kopf und Körper durchfuhr. Autsch! Irritiert sah ich mich um - ich war nicht auf Berk. Ich war in einer Steinhöhle, dessen Wände mir nur all zu bekannt vorkamen. Vorsichtig versuchte ich mich wieder aufzurichten, die Schmerzen blieben zum Glück diesmal aus. Erst jetzt bemerkte ich, dass meine Beinprothese fehlte, ich Oberkörper frei und ich Barfuß war. Um meine Rippen war ein Verband gebunden worden, auch  meine Unterarme waren einbandagiert. Unter den Verbänden konnte ich eine schleimige Flüssigkeit erkennen - Nachtschattenspucke. Sie war sehr effektiv um Brüche oder Ähnliches zu heilen. Suchend blickte ich mich nach meiner Prothese um, allerdings konnte ich sie nirgends entdecken. Dafür aber erblickte ich einen Stock, den ich als Stütze benutzen konnte.

Mehr springend als humpelnd machte ich mich auf die Suche nach Ohnezahn. Ich hatte gerade den Ausgang der Höhle erreicht als hinter mir plötzlich eine Stimme ertönte: „Hicks, was machst du denn schon auf den Beinen? Du musst dich ausruhen!" „Mum, es geht schon wieder" „Komm wieder rein, du musst erstmal was essen und währenddessen kannst du mir erzählen was passiert ist!" ihr fordernder Blick lies mir keine andere Wahl als ihr zu folgen.

„Und dann traf der Pfeil den Zipper, wir stürzten ab, an mehr erinnere ich mich nicht", beendete ich meine Erzählung. „Seltsam, dass die Drachen Berg angegriffen haben. Was wohl ihr Grund gewesen ist?", meinte Mum. „Ich weiß es nicht. Die Drachen wirkten eigentlich wie immer", erklärte ich. „Wo ist eigentlich meine Prothese?" „Sie war komplett zerstört. Leider haben wir kein Kleratinmetall mehr, sonst hätte ich dir eine neue gemacht." „Ich hab welches mitgebracht, deswegen war ich ja überhaupt da. Es liegt in meiner Tasche." „Als Ohnezahn dich hergebracht hat, hatte er keine Tasche dabei", erklärte Mum. Scheiße! „Sicher?" „Hicks, hast du etwa deine Aufzeichnungen über Drachen mit in der Tasche gehabt?!", fragte Mum. „Nein. Die liegen bei mir in der Hütte." - Taten sie nicht, sie waren in meiner Tasche.

Zwei Stunden später befand ich mich hoch oben in der Luft und atmete die frische Luft tief ein. Die Welt von hier oben zu sehen, war unbeschreiblich schön. Ich verstand einfach nicht, warum Wikinger die Drachen bekämpften. Sie waren liebevolle, einfühlsame Wesen. Und tausendmal besser als Menschen. Bei ihnen fühlte ich mich einfach frei. Sie hatten keine Erwartungen an dich oder verurteilten dich wegen deinen Fehlern. Allerdings musste ich mir dringend etwas überlegen, um meine Aufzeichnungen wieder zubekommen. Und wegen meiner Prothese musste ich mir auch noch was überlegen. Zum Glück hatte ich noch eine Ersatzprothese, die ich auch gerade trug. War also erstmal ein Problem weniger. Jetzt musste ich nur noch was wegen den Aufzeichnungen einfallen lassen. Die Berkianer würden jetzt sicher Wachen aufstellen und den Himmel genau beobachten.

Die Chroniken der letzten Reiter Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt