Mind Is A Prison - Alec Benjamin

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Die komplett schwarz gekleidete Frau stößt mich durch eine Tür und bevor ich einen einzigen Ton von mir geben kann, bevor ich überhaupt die Chance habe zu realisieren, dass ich hart auf dem Boden aufschlage, kracht die Tür wieder zu und reiht sich unerkennbar in die weiße Wand ein. Obwohl ich weiß, dass sie direkt vor mir ist, kann ich sie nicht mehr orten. 

Etwas verängstigt reibe ich mir die Schläfe und stelle fest, dass etwas Warmes an meinen Fingern kleben bleibt. Ich sehe nach. 

Blut. Auf dem Boden ist auch ein kleiner Fleck. 

Ich wische ihn mit meinem Ärmel weg und rappele mich auf. Ich habe keine Ahnung wie und wo ich hier gelandet bin und wie ich hier wieder wegkommen soll. 

"Du kommst hier nicht weg." 

Beim Klang der Stimme fahre ich zusammen und wirbele sofort herum. Etwa zehn Schritte von mir entfernt lehnt ein Junge an einem der zwei Fenster in diesem Raum, die mir erst jetzt auffallen, aber schon die ganze Zeit kühles Licht spenden, und starrt nach draußen. 

Vorsichtig nähere ich mich ihm. Ich weiß nicht, ob er vielleicht gefährlich ist, aber meine Sorgen scheinen umsonst. Er regt sich kein Stück, reißt mich nicht zu Boden und reagiert auch kein bisschen, als ich mich zögernd neben ihn stelle. 

Wo schaut er hin? Ich richte den Blick ebenfalls aus dem ovalförmigen Fenster und sehe einen Schreibtisch, ein Heft, das darauf liegt und eine Hand, die gerade irgendwelche Zahlen darauf schreibt. Oder viel eher geschrieben hat, denn im Moment drehen die Finger den Füller hin und her und scheinen nicht daran zu denken weiterzumachen. Obwohl sie das sollten, sonst wird Frau Krüger Morgen wieder ausrasten. 

Moment mal, irgendwie kommt mir das, was ich sehe, bekannt vor ... Das ist doch mein Matheheft und meine Hausaufgabe! Ich sehe zu dem Jungen neben mir und stolpere zurück. 

Er sieht haargenau so aus wie ich! 

Der Junge - oder viel eher mein Doppelgänger - löst sich langsam vom Fenster und fängt an sarkastisch zu klatschen. "Na endlich merkst du es auch einmal. Ich bin du, du bist ich, wir sind in unserem Kopf und für immer gefangen." 

Er sieht mich nicht direkt an. Ich runzele die Stirn. "Jonas?", frage ich vorsichtig. 

Es hört sich seltsam an einen anderen mit meinem Namen zu rufen, aber er reagiert. Vielleicht hat er wirklich recht und ist doch nicht einfach mein Doppelgänger. 

"Ist das hier" - Ich zeige mit einer großen Geste um uns herum - "ist das echt?" 

Er nickt. "Sicher ist es das."

Kein Traum. Scheiße. "Du ... hast gesagt, dass wir für immer gefangen sind?"

Er nickt wieder und wendet mir erneut den Rücken zu, aber er antwortet. "Ja", sagt er leise. Ich höre fast so etwas wie Trauer in seiner Stimme. 

"Bist ... bist du sicher?" Meine Stimme zittert. 

"Natürlich. Ich habe es gestern erst wieder probiert. Und vorgestern. Und jeden einzelnen Tag davor auch. Seit ich hier gelandet bin", erzählt er leise. "Ich weiß noch nicht einmal mehr, wo die Tür liegt." 

Ich drehe mich um und starre die Wand an. Wenn ich schätzen sollte, würde ich auf diesen einen Fleck direkt links von mir tippen, aber eigentlich habe ich nicht den geringsten Schimmer. 

"Wieso sind wir hier?" 

"Wegen dir!" Jonas wirbelt herum, die Hände zu Fäusten geballt und für einen Moment sieht er so aus, als würde er auf mich losgehen, doch dann seufzt er nur. "Wegen uns. Weil wir uns nie konzentrieren können." 

Eine Weile schweigen wir einfach nur. Ich versuche ihn telepathisch dazu zu bringen mich anzusehen, aber es bringt nichts. "Weißt du", setzt er schließlich wieder an. "Vor einer Woche waren wir noch ganz viele. So viele, dass der Raum bis oben hin vollgestopft war. Wir mussten Nachts schon übereinander schlafen. Aber dann sind diese schwarzen Wächter gekommen und haben alle, die schon zu lang hier sind weggebracht. Ich weiß nicht, ob sie jetzt frei sind." 

Ein Funken Hoffnung keimt in mir auf. Wir müssen es einfach nur lang genug hier aushalten und dann können wir endlich wieder zurück und müssen nicht mehr durch diese Fenster starren! 

"Aber es ist wahrscheinlicher, dass sie alle jetzt tot sind." 

Mein Herz stürzt bei seinen Worten augenblicklich. Wie bitte?! Wir sind dazu verdammt zu sterben?! "Das meinst du nicht ernst, oder?", frage ich. 

Er lacht leise und bitter. "Ich wünschte es." 

Und endlich blickt er auf. Ich erschaudere. Seine Augen haben jeglichen Glanz verloren. Kein bisschen Leben ist noch darin. Dann wird es mir klar. 

Wenn es nicht die Wächter tun, wird aus mir genau dasselbe werden. Sobald der letzte Funken aus den Augen gewichen ist, verschwindet die Seele und mit ihr geht auch der Mensch. 

Entweder die Wächter erlösen mich oder der Tod holt mich selbst. Und ich bin Schuld ... 

Okay, um es kurz zu erklären: Manche haben es vielleicht am Titel erkannt. So heißt ein Lied, das mehr oder weniger verantwortlich für diesen Oneshot ist. Wahrscheinlich werden noch mehr von diesen "Lieder-Oneshots" kommen, die alle durch irgendeinen Song inspiriert sind, also falls ihr das Lied mal hören wollt, könnt ihr das gerne machen. 

LG, Fuchsjunge

Oneshots über alles möglicheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt