Prolog

2K 45 8
                                    

Meine Augen starrten mir ausdruckslos entgegen, sie hatten im letzten Jahr jeglichen Glanz verloren. Ich hatte mir mein Leben damals anders vorgestellt, niemals hatte ich damit gerechnet an diesem Punkt zu enden. Mein größter Wunsch war es nach meiner eigenen Schulzeit auf Lehramt zu studieren und fast wäre es auch dazu gekommen, doch dann brachte ausgerechnet mein Vater einen Strich durch meine Rechnung. Selbstverständlich nicht absichtlich, er wurde krank, sehr krank. Seine Chancen standen schlecht und somit musste er einen Nachfolger für unser Familienunternehmen finden, denn es stand schon lange fest, dass das Unternehme nicht war, was ich mir für meine Zukunft wünschte. Alle hatten sich bereits früh damit abgefunden, dass ich das Immobiliengeschäft nicht weiterführen würde, doch vor einem Jahr saßen wir dann in der Klemme. Keiner der Angestellten konnte diese Aufgabe übernehmen, denn laut meinem Vater war nur ich dem gewachsen. Ich hatte bereits als Jugendlich oft geholfen, hatte einen groben Überblick über die Geschäfte erlangt und war somit bestens geeignet für diesen Job, zumindest laut meinem Vater. Ich wusste, dass er nur das Beste für mich wollte und gleichzeitig wollte er nicht, dass sein ganzes Lebenswerk verloren ging. Meine Mutter war zu labil um den Job zu übernehmen und so kam es dazu, dass ich bereits mit zarten 19 Jahren in einen Job eingearbeitet wurde, der alles andere als ein Zuckerschlecken war. Mein Vater unterstützte mich so lange er konnte, gab mir Ratschläge und Inspirationen, doch als er dann vor einem halben Jahr starb war ich von jetzt auf gleich mit meiner Verantwortung allein. Natürlich hatte ich Beate und enge Vertraute hier in dieser Firmer und doch fehlte mir eine wichtige Stütze, mein Vater. Sein Tod kam zwar nicht überraschend, aber es war trotzdem ein Schock für uns alle, besonders für meine Mutter. Meine Eltern hatten immer eine dieser Bilderbuchbeziehungen, keiner der Beiden konnte es sich vorstellen jemals ohne den Anderen zu leben, doch jetzt war diese Situation eingetreten.

Meine blonden, mittlerweile schulterlangen Haare steckte ich ordentlich zurück, damit sie mir nicht ständig ins Gesicht fielen würden. Vor drei Jahren hatte ich beschlossen mich einer drastischen Veränderung zu unterziehen und sie kurz geschnitten. Das Tanzen hatte ich kurz nach meinem Schulabschluss aufgegeben und mit dem Beginn meiner Einarbeitung hatte ich auch keine Zeit mehr für die Musik. Mein ganzes Leben drehte sich um meine Arbeit, um eine Arbeit, die ich nie ausüben wollte.

Mein Körper steckte in einem knielangen, engen Kleid. Am Anfang fand ich solche Klamotten noch absolut unbequem, doch ich hatte mich mittlerweile daran gewöhnt und trug sie nun auch manchmal in meiner Freizeit. Generell hatte ich gelernt meinen Lebensstil zu akzeptieren und mich an diese neue Welt gewöhnt. Geschäftsessen waren zum Alltag geworden, Meetings zogen sich meist über den gesamten Tag und Abends warteten dann noch Kundengespräche auf mich. Ehrlich gesagt wusste ich manchmal überhaupt nicht, was ich hier eigentlich tat, aber dann schritt Phil ein. Er war zu meinem engsten Vertrauten hier geworden, Phil unterstützte mich bereitwillig und griff mir unter die Arme, wenn ich mal wieder auf dem Schlauch stand. Seine Anwesenheit war zu einem Lichtblick für mich geworden und ich konnte mir gut vorstellen, dass er eines Tages meine Position übernehmen würde, hoffentlich. Er hatte Spaß an seiner Arbeit hier und beschäftigte sich gerne mit Zahlen, Aktien und Kunden. Ich hingegen quälte mich durch die Unterlagen und die formalen Gespräche mit Kunden über Aktien und mögliche Käufe von Mobilien waren da auch nicht gerade eine Abwechslung. Alles in einem war mein Alltag ziemlich eintönig und langweilig seit dem ich hier in Berlin wohnte.

Ich stand auf, verließ mein Badezimmer und machte mich auf den Weg in die Küche, um mir ein Glas Wasser einzugießen. Lustlos lehnte ich mich an die Küchenzeile und ließ meinen Blick durch meine Wohnung schweifen. Ich hatte mir Mühe gegeben sie wohnlich einzurichten, allerdings war ich kläglich gescheitert. Ich hatte viel mit Holz gearbeitet, aber es wirkte nicht so Gemütlich wie ich es mir vorgestellt hatte. Pflanzen würden leider nicht überleben, bei der wenigen Zeit, die ich tatsächlich in meinen eigenen vier Wänden verbrachte. Nur einige Bilder schmückten meine Wohnzimmerwand. Auf vielen war ich mit Lina und Jules oder mit meinen Eltern zusehen und auf einigen neueren Bildern grinste auch Phil mit in die Kamera.

Ich stieß mich von der Küchenzeile ab und lief zu der großen Fensterfront, von der man über die Dächer von Berlin gucken konnte. Dieser Ausblick war sogar gar nicht so übel, also verbrachte ich die meistens meine Zeit hier in der Wohnung auf einem Sessel vor meinem Fenster, las und genoss die Aussicht. Besuch bekam ich selten, nur Phil kam ab und zu mal vorbei. Lina, Jules und meine Mutter hatte ich in meiner Heimat zurückgelassen, allerdings schauten auch sie manchmal vorbei, wenn sie gerade auf Durchreise waren.

Lina studierte Journalismus und machte gerade ein Praktikum. Sie reiste dafür durch ganz Deutschland und besuchte mich hin und wieder, wenn sie gerade zufällig in Berlin war. Ihr Job füllte sie völlig aus und sie liebte es. Lina war auch einfach für den Journalismus gemacht, sie konnte Fragen stellen, bis man explodiert, blieb hartnäckig und ließ sich nicht so leicht abwimmeln. Außerdem wusste jeder, der sie kannte von ihrer starken Neugier, sie hinterfragte alles und hatte aus diesem Grund schon einige beeindruckende Artikel geschrieben.

Jules hatte sich für ein Biologiestudium entschieden, was genau man dabei machte wusste ich nicht, aber ihr schien das ganze ordentlich Spaß zu machen. Bereits während unsere Schulzeit hatte sie sich für Biologie interessiert und diese Interesse hatte sich im Laufe der Zeit nur noch gesteigert. Da ihr Studiengang sie voll einnahm, hatten wir uns schon lange nicht mehr gesehen, dennoch hörte ich regelmäßig von ihr.

Ein Blick auf meine Armbanduhr verriet mir, dass ich mich langsam auf den Weg machen müsste, denn heute stand eine wichtige Veranstaltung an. Ein alter Freund unserer Familie hatte hier in Berlin eine neue Filiale eröffnet und das würde heute mit einer formalen Veranstaltung gefeiert werden.

Ein letztes Mal schweifte mein Blick durch mein Wohnzimmer und blieb an einem kleinen unscheinbaren Bild auf meiner Kommode hängen. Es war ein Gruppenbild von vor sechs Jahren und zeigte mich gemeinsam mit den Wilden Kerlen. Ein schmales Lächeln schlich sich auf meine Lippen, wenn ich an unsere gemeinsame Zeit dachte, doch diese lag mittlerweile lange zurück. Um genau zusein 5 einhalb Jahre, aber es kam mir vor wie eine Ewigkeit. Seit 5 einhalb Jahren hatte ich mit keinem der Kerle mehr gesprochen, weder mit Maxi und Vanessa, noch mit Markus. Unsere Wege hatten sich damals getrennt und ich wusste bis heute nicht wieso. Plötzlich war keiner von ihnen mehr erreichbar und auch ihre Eltern konnten mir keine Auskunft über ihren Aufenthalt geben. Alex hatte damals zunächst noch versucht mich zu ermutigen, da das ja bei den Chaoten öfter mal vorkam, aber nach drei Monaten gab ich auf. Ich hatte mir selbst eine lange Zeit Vorwürfe gemacht, denn ich fand einfach keine vernünftige Erklärung für ihr Verschwinden. Doch irgendwann überwand ich diesen Tiefpunkt und lebte weiter. Alles was mir blieb waren die Erinnerungen und ein kleines und doch so großes Andenken an diese wundervolle Zeit.

______

Sooo,

hier der versprochene Prolog... Er ist zwar nicht besonders lang, aber jetzt habt ihr erstmal einen groben Überblick. Nur Mias Geheimnis wollte ich noch nicht direkt lüften, aber vielleicht errät es ja einer von euch. Obwohl, ich glaub nicht, dass auch nur irgendjemand ansatzweise damit rechnet.  Habt ihr schon eine Vermutung was so auf euch zukommen wird? 

Habt einen schönen Abend.

Liebe Grüße 

Lea

Remember meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt