The Reeping

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Heute ist die Ernte. In Distrikt 2 gibt es aber immer genug Freiwillige, weswegen die Wahrscheinlichkeit in die Arena zu müssen weil man gezogen wurde schon fast verschwindend gering ist. Häufig ist es aber so, dass die Eltern erwarten, dass man sich freiwillig meldet. Unser Distrikt hat von allen 12 Distrikten die meisten Sieger und es gilt als Ehre an den Spielen teil zu nehmen. Ich bin erst 15, weswegen es von mir noch niemand erwartet. Natürlich bin ich gut, meine Messer verfehlen nie ihr Ziel, aber an Größe und Stärke bin ich den Karrieros, die zwei oder drei Jahre älter sind als ich deutlich unterlegen. Aber wenn ich gezogen werden sollte, dann werde ich auf jeden Fall gehen.

Vor dem Spiegel streiche nur einmal mein Kleid glatt. Es ist weiß, mit ein paar Silberfäden durchwoben. Dadurch wirkt meine ohnehin schon blasse Haut fast weiß, meine grünen Augen größer und meine Sommersprossen leuchten quasi. Ich bin nicht das, was die meisten Leute als schon bezeichnen. Mein Körperbau ist zu zierlich, das grün meiner Augen ist kein leuchtendes grün, es wirkt eher etwas schmutzig. Zumindest kann man aber sagen, dass ich geheimnisvoll wirke, wie jemand, an den man nicht so leicht rankommt.

Bevor mir noch mehr blöde Gedanken kommen eile ich die Treppe hinunter. unten warten meine Eltern. „Du siehst hübsch aus, Schatz“, sagt meine Mutter und lächelt. Meine Eltern sind die einzigen Personen denen ich vertraue. Freunde hatte ich nie wirklich, weil ich sie nie gebraucht habe.

Ich setze ein Lächeln auf. „Können wir jetzt losgehen?“ Die Ernte ist für mich nie viel mehr als ein Punkt, den man halt abarbeiten muss. Noch werde ich mich nicht freiwillig melden, weswegen sie mich eigentlich nicht interessieren muss. Man geht halt hin und guckt zu.

Nur wenige Minuten zu Fuß und wir sind am Platz für die Ernte angekommen. Er ist festlich geschmückt, in der Mitte steht eine große Tribüne und es sind 14 Bereiche abgesteckt, für jede Altersklasse, von 12 bis 18 und nach Jungen und Mädchen unterschieden. Die Friedenswächter und der Zaun wollen aber nicht so wirklich ins Bild passen.

Bevor ich mich zu den Mädchen in meinem Alter stelle, muss ich mich noch registrieren lasse. Eine Frau aus dem Kapitol macht das. Jedem wird etwas Blut abgenommen und Daten werden erfasst. Vermutlich werden im Kapitol damit Statistiken angefertigt, „So viele Kinder in Distrikt 12 sind letztes Jahr verhungert“ und ähnliches.

Die Betreuerin von Distrikt 2 betritt mit einem strahlenden Lächeln die Bühne. Jeder Distrikt wird von einer Person aus dem Kapitol betreut. Sie sind total lächerlich angezogen und meistens passt ihre Euphorie angesichts dessen, das die Spiele bald beginnen werden, nicht so ganz ins Bild. Unsere Betreuerin heißt Caeli Brown. Ihr folgt der Bürgermeister. Ein Film über die Entstehung der Distrikte wird gezeigt und über die Rebellion von Distrikt 13. Meiner Meinung nach sollte man nur rebellieren, wenn man auch wirklich gewinnen kann.

Irgendwann geht Caeli zu der Kugel mit den Namen der Mädchen hinüber. Mein Name ist dort viermal drin. Die Wahrscheinlichkeit ist so lächerlich gering…

Sie sucht lange in der Kugel bis sie schließlich doch ein Los zieht. Extra langsam öffnet sie den kleinen Umschlag. „Clove Kentwell!“, trällert sie in ihr Mikrofon. Langsam mache ich mich auf den Weg nach vorne. Vier Lose. Aber ich darf nicht darauf hoffen, dass sich jemand freiwillig meldet. Ich muss das durchziehen.

Selbstbewusst hebe ich das Kinn und lächle. Auf der Bühne wende ich mich an Caeli: „Bitte keine Freiwilligen“, flüstere ich ihr zu. Kurz guckt sie überrascht, dann verkündet sie meinen Wunsch.

„Kommen wir jetzt zu den Herren", flötet sie und geht zu der Kugel. Sie will gerade hineinfassen, als eine Hand hoch geht. "Ich melde mich freiwillig!" Ein großer, blonder Junge tritt aus der Menge hervor. Alle machen ihm Platz. Cato Baker, 18 Jahre. Wenn er lächelt fallen die Mädchen reihenweise um. Was für mich aber viel wichtiger ist: der Kerl ist absolut tödlich. Er kann mit einem Handgriff jemandem das Genick brechen, ist ein exzellenter Schwertkämpfer und, man, der Kerl ist einfach riesig.

Caeli gefriert das Lächeln im Gesicht, nur um gleich darauf ganz raus zu fallen. „Es...es ist eigentlich nicht üblich, dass sich jemand freiwillig meldet, bevor nicht wenigstens jemand gezogen wurde", stammelt sie. Herausfordernd guckt Cato sie an. „Dann ziehen sie jemand, damit ich mich melden kann", sagt er bestimmt. Man, ich bin so gut wie tot. Gegen den habe ich echt keine Chance.

Halt! Wenn ich so denke habe ich wirklich keine Chance mehr. Mein Vorteil ist, dass ich klein und schnell bin und er mich erst mal kriegen muss um mich zu töten. Um ihn zu töten muss ich nicht ganz nah an ihn ran. Ein paar Meter zwischen uns kann ich ruhig lassen, treffen tu ich trotzdem.

„Nun, ich denke wir können das eine Mal eine Ausnahme machen, oder etwa nicht?" Ein tapferes Lächeln hat sich zurück in Caelis Gesicht gekämpft, allerdings wirkt es etwas verkrampft und ist nur noch halb so groß.

Meine Augen wandern wieder zu Cato. Er ist auf dem Weg hoch zur Tribüne.

„Meine Damen und Herren, ich darf ihnen die Tribute aus Distrikt 2 für die 74. Hungerspiele präsentieren: Clove Kentwell und Cato Baker! Möge das Glück stets mit euch sein!"

Cato und ich geben und die Hände, dabei guckt er mir direkt in die Augen, dann führen und Friedenswächter in das Justizgebäude.

The Girl Behind The WallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt