District 12

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Der Zug ist luxuriös ausgestattet, ziemlich luxuriös. Aufgrund des hellen Lichts gucke ich auf den Boden. Nur dadurch fallen mir die prunkvollen Teppiche auf.

Das erste Abteil in das wir gehen ist mit Sesseln und Sofas ausgestattet und an der Wand hängt ein großer Fernseher. Die Leute in meinem Distrikt gucken sich wohl gerade eine Zusammenfassung der Ernten an. Es wäre nur logisch, wenn wir das auch tun.

Caeli nimmt auf dem größten Sofa platz und niemand scheint wirklich scharf darauf zu sein, neben ihr zu sitzen. Logisch, schon allein wegen der Duftwolke, die sie umgibt. Instinktiv steuere ich auf ein kleines Sofa so weit wie möglich von ihr entfernt zu. Cato scheint die gleiche Idee zu haben. Theoretisch wäre für uns beide genug Platz, aber es wäre keine gute Idee, wenn ich mich genau neben ihn setze, weswegen ich abrupt kehrt mache und einen Sessel nehme.

Er sieht wirklich gut aus. Seine Augen haben die Farbe von Eis. Eiskalt. Sie passen perfekt zu seinem Charakter. Unnahbar-bin ich das nicht auch? Ja, aber nicht so wie Cato. Ich sollte echt nicht zu viel über ihn nachdenken.


In Distrikt 1 wird eine hübsche Blondine gezogen. Schon jetzt kommt sie mir oberflächlich vor mit ihrem übertriebenen Grinsen und den hohen Absätzen. Der Junge aus ihrem Distrikt ist dagegen eher unscheinbar, aber vermutlich nicht zu unterschätzen.

Als ich gezogen werde ist für einen kurzen Moment gut zu erkennen wie geschockt ich bin. Ganz toll. Cato hingegen wirkt selbstsicher.

Die meisten der anderen Ernten sind nicht sehr spektakulär. In Distrikt 11 wird ein kleines zwölfjähriges Mädchen gezogen. Es tut mir fast schon leid, dass sie sterben wird, aber wenn ich dafür überlebe kann ich das wohl mit meinem Gewissen vereinbaren.

Dann kommt Distrikt 12. Hier wird ebenfalls eine Zwölfjährige gezogen. Allerdings meldet sich jemand freiwillig für sie. Dem Namen nach scheint es ihre große Schwester zu sein. Ihre kleine Schwester will ihr hinterher rennen, wird aber von einem anderen Jungen zurück gehalten. "Wie rührend", murmele ich leise. "Was für eine Dramaqueen!", kommt von Cato.

Allerdings. Ich will nicht wissen, wie viele Sponsoren sie gerade in Betracht gezogen haben.

Der Junge aus ihrem Distrikt ist nicht weiter spektakulär, scheint aber zu den nicht-halb-verhungerten zu gehören.

"Ich denke wir haben uns jetzt alle eine Stärkung verdient", sagt Caeli danach und geht in ein anderes Abteil.

Hier ist ein großes Tisch aufgebaut, aber zumindest kenne ich die meisten Gerichte die es darauf gibt.

Während des Essens fällt mir immer mal wieder der kritische Blick von Enobaria und Brutus auf. "Ihr werdet Distrikt 1 als Verbündete nehmen und gucken, dass ihr den Jungen aus 11 ebenfalls dazu gewinnt. Er scheint ebenfalls stark zu sein. Distrikt 4 ist es nicht wert und würde euch nur aufhalten", verkündet Enobaria dann.

Sie sagt "ihr" aber insgeheim haben sie und Brutus sich schon für Cato entschieden. Nur einer von uns beiden kann gewinnen und Catos Chancen stehen einfach mal höher.

"Ich denke es wäre sinnvoll, wenn wir alle jetzt in unsere Abteile gegenüber und uns ein wenig ausruhen", schlägt Cato vor als alle aufgegessen haben. Bedächtig stehe ich auf. Ich hätte nicht so viel essen sollen, auch wenn ich mich in den Tagen vor der Arena noch einmal richtig satt essen will. Wer weiß, wie viel es dort gibt.

Ehe ich mich versehe ist Cato neben mir. "Unsere Abteile sind garantiert neben einander. Wir könnten sie zusammen suchen gehen", schlägt er mir vor. Still nicke ich. Nur nicht in seine Augen sehen. Lass ihn nicht an dich heran. Er will dich eh umbringen.

Immer wieder sage ich diese drei Sätze in Gedanken zu mir selbst. "Was hältst du von Enobarias Vorschlag?", fragt er nach kurzem Schweigen. "Ich glaube, es war eher eine Anweisung und kein Vorschlag. Aber es klingt vernünftig. Distrikt 4 scheint schwach zu sein und würde uns nur etwas bringen wenn es eine Wasser Arena ist", antworte ich ihm um einen sachlichen Tonfall bemüht nach kurzem Überkegen. Er lacht kurz. "Ja und wie gering ist die Wahrscheinlichkeit wohl? Aber du hast Recht, Enobaria scheint niemand zu sein der einfach nur Vorschläge macht."

Warum ist er so nett?! Ich würde gerne mit ihm mit lachen, aber dann würde ich ihn nur an mich heran lassen, was ich ja möglichst vermeiden will. Außerdem werden wir bald um unser Leben kämpfen müssen. Da scheint es nicht sehr klug zu sein sich mit zukünftigen Gegnern an zu freunden. Es kommt mir sehr recht, dass an der nächsten Tür mein Name steht.

"Das ist dann wohl mein Abteil", sage ich entschuldigen, öffne die Tür einen Stück und verschwinde im Abteil.



The Girl Behind The WallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt