Erst überlege ich, ob es sich lohnt zu gucken was im Fernsehen läuft. Schnell entscheide ich mich jedoch dagegen. Es wird sich alles um die Spiele drehen. Wiederholungen und Zusammenfassungen der Ernten, erste Spekulation wer gute Chancen hat und so weiter.
Darauf habe ich jetzt wirklich keine Lust. Es würde mich doch nur daran erinnern, wie wenig ich eine Chance gegen Cato habe. Was er wohl gerade macht? Er wird genau so wenig Möglichkeiten haben wie ich.
Aus Mangel an Alternativen gehe ich erst ins Bad duschen und beschließe dann mich etwas aus zu ruhen. Schlafsachen finde ich genug in einer Kommode und auch jede Menge andere Anziehsachen. Wahllos nehme ich einen Pyjama heraus und ziehe ihn an. Dann kuschele ich mich unter die dicke Decke und schließe die Augen.
Als ich wieder aufwache kommt es mir so vor als seien nur drei Sekunden vergangen. Draußen ist es allerdings stock dunkel. Wie viele Stunden habe ich geschlafen? Wir sind mit Sicherheit bald im Kapitol. Es wäre sicher nicht gut, wenn ich dort im Pyjama aussteige. Natürlich könnte ich wieder die Sachen von der Ernte anziehen, aber man wird wohl anderes von mir erwarten.
Nach einigem Überlegen ziehe ich eine enge Jeans, ein enges Top und High Heels an und kämme geschwind noch meine Haare.
So gut es auf den hohen Absätzen geht, eile ich durch den Zug, durch die Fenster kann ich schon den Bahnhof und Fotografen und Kamerateams sehen. Der Zug fährt nur noch sehr langsam. Zügig durchquere ich das Speiseabteil und öffne die Tür zum nächsten Flur- und renne von hinten in Cato hinein. Hektisch weiche ich zurück, aber er hat es trotzdem bemerkt und dreht sich zu mir um. In seinen Augen spiegelt sich eine Mischung aus Überraschung und einem leichten Schreck wieder. Ich hatte Wut erwartet, Wut schien mir bis jetzt eine der wenigen Emotionen zu sein, die er überhaupt empfindet. Jeder im Trainingscenter hat schon erlebt, wie er wegen Kleinigkeiten beinahe ausgerastet ist.
Im ersten Moment bin ich auch geschockt, fange mich aber recht schnell wieder und schiebe mich wortlos an ihm vorbei, seinen Blick ignorierend.
Enobaria, Brutus und Caeli warten ebenfalls schon hinter der Tür darauf, dass der Zug zum Stehen kommt. Caeli hüpft schon fast vor Aufregung. "Wie schön, dass du gekommen bist, Clove. Wir wollten dich gerade holen", begrüßt sie mich.
Kurz mustere ich die anderen. Es war eine kluge Entscheidung von mir, mich umzuziehen. Auch mit den Absätzen bin ich ein ganzes Ende kleiner als Cato, stelle ich zu meiner Verärgerung fest.
Mit einem leichten Ruck bleibt der Zug stehen. "Rücken gerade, lächeln", kommandiert Enobaria ohne sich umzugucken. Die Zugtür öffnet sich.
Obwohl mich das helle Blitzlicht der Kameras blendet, probiere ich die Augen offen zu lassen und nicht übermäßig viel zu blinzeln. Während wir durch die Menge gehen, kann ich aus dem Augenwinkel immer wieder einen Blick auf Fernsehteams und eifrig redende Reporter erhaschen. Dahinter steht eine jubelnde Menschenmenge. Jubeln sie jedem Tribut zu, oder immer nur ihrem persönlichen Favoriten? Wie viele potenzielle Sponsoren sind unter ihnen?
Dann schiebt sich ein großer, breiter Schatten vor mich-Cato. Er verdeckt mich nahezu komplett. Spontan hätte ich große Lust ihn einfach aus dem Weg zu schubsen, ich lass es ihm nicht durchgehen, dass er die komplette Aufmerksamkeit der Leute bekommt. Es würde aber mit Sicherheit keinen guten Eindruck machen, wenn ich das jetzt mache, wahrscheinlich würde ich es kaum schaffen.
Während der Autofahrt starre ich träge aus dem Fenster. Es ist mitten in der Nacht, aber hier im Kapitol ist es nicht dunkel. Überall strahlen helle Lichter, die Gebäude sehen ungewohnt und viel zu prunkvoll und ausgeschmückt aus. Distrikt 2 ist solide und bodenständig erbaut, wer Geld hat zeigt das nicht mit einem besonders luxuriösen Haus.
Im Trainingscenter mit den Unterkünften angekommen habe ich kaum noch einen Blick übrig für die Einrichtung, dafür bin ich viel zu müde. Im Appartement ziehe ich mich auf das mir zugewiesene Zimmer zurück. Es ist halb 3.
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The Girl Behind The Wall
Fanfiction"Wenn ich dich angucke, ist die einzige Erinnerung die ich habe, die an ein kleines Mädchen, die vor Wut mit Messern auf einen Jungen geworfen hat, der zwei Jahre älter war als sie", er lacht kurz ein raues, freudloses Lachen und fährt dann fort "...