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Gegen Mittag verließ ich mein Zimmer dann doch. Zugegeben: ich war neugierig was es mit Gellert's neuen Methoden auf sich hatte. Als ich die Treppen hinunter lief, war ein kleiner Knall zu hören. Das bedeute, dass jemand apparierte. Höchstwahrscheinlich war es Gellert.
Keine 10 Minuten später betrat ich den riesen Speisesaal. Ein weiterer Mann, welcher sich eben an den Kopf der Tafel gesetzt hatte, blickte überrascht zu mir auf. „Albus?" Die Überraschung in seiner Stimme war nicht zu überhören. „Du sagtest du möchtest meine Gesellschaft, hier bin ich also." Noch immer etwas beleidigt ließ ich mich zu seiner rechten nieder. Sein überraschtes Gesicht gab mir in gewisser Form Genugtuung. „Es freut mich das du gekommen bist. Ich hatte schon Angst du bist noch sauer auf mich." Schnaubend spielte ich mit dem Glas vor meiner Nase herum. „Nur weil ich hier bin, heißt das nicht das ich dir vergebe, geschweige denn das ich nicht mehr sauer bin." Zu meinem Leid begann er nur noch mehr zu lächeln. Mist. Wenige Momente erschienen zwei Teller mit einem leisen Plopp vor uns. Es roch himmlisch. Eines musste man ihm lassen: Seine Elfen waren hervorragend.
Schweigend begannen wir zu essen. Aus dem Augenwinkel heraus schickte ich Gellert immer wieder ein paar Blicke zu. Irgendwas war merkwürdig. Für seine sonst so große Klappe und spitze Zunge, war er heute erstaunlich still. Beim genaueren Betrachten waren auch seine Bewegungen anders. Sonst bewegte er sich flüssig, jedoch ohne unnötige Bewegungen. Heute war er recht steif und irgendwie begrenzt.
Behutsam legte ich mein Besteck ab. Gellert schien dies nicht wirklich zu bemerken. War er überhaupt anwesend? Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn. Tatsächlich sah er recht blass um die Nase aus. Warum fiel mir das erst jetzt auf? Räuspernd machte ich auf mich aufmerksam. Mit Erfolg . Sein Blick huschte sofort fragend zu mir. „Gellert, ich will dir nicht zu nahe treten und es geht mich auch nichts an, aber geht es dir gut? Du siehst blass aus." Für einen kurzen Augenblick weiteten sich seine Augen entsetzt. „Keine Sorge, ich hab nur die letzte Zeit ne Menge um die Ohren. Da macht man die ein oder andere Nacht durch. Ich wollte dir keine Sorgen bereiten." Sanft lächelte er, bevor er seine Tätigkeit zu essen fortsetzte. Angestrengt knirschte ich mit den Zähnen. Wirklich glaubwürdig kam das nicht rüber, jedoch war es seine eigene Entscheidung ob er mir die Wahrheit sagte oder nicht. Es ging mich nichts an.
Der Appetit war mir vergangen, trotzdem beschloss ich, wenigstens noch ein bisschen zu essen. Die Elfen sollten sich nicht umsonst solche Mühe gegeben haben. Angestrengt versuchte ich den Mann neben mir zu ignorieren. Das mit ihm etwas nicht stimmte konnte ein Blinder sehen. Kurz darauf beendete auch Gellert sein Essen. Durch magische Hand verschwanden die Teller so plötzlich wie sie gekommen sind. Schweigen erfüllte den Saal. „Ich wollte mich nochmals persönlich bei dir entschuldigen, Albus. Ich hätte dich gestern nicht so bedrängen dürfen." Aha, da kam also doch noch etwas. Seufzend stellte ich das Glas ab. „Schon gut. Ich war einfach überrascht, daher hab ich überreagiert. Immerhin mag ich es nicht besonders wenn mich jemand nur als Lustspielzeug benutzt." Das letzte Wort hinterließ einen bitteren Nachgeschmack, aber so war es leider. „Was meinst du denn damit?" Entsetzen klang in seiner Stimme mit. „Wer hat gesagt das du sowas für mich bist?" In seinen Augen konnte man erkennen, dass er wirklich verwirrt war. Dieser blonde Idiot. „Du. Du hast es gesagt, Gellert. Als du mich offiziell Vogelfrei gegeben hast. Wie waren deine Worte? ˋWenn er keinen Nutzen mehr für mich hat, bringe ich ihn eigenhändig um.' Du hast mit mir gespielt und zwar für dein eigenes Ziel." Den Schmerz konnte ich nicht verbergen. Seine ungleichen Augen suchten die meinen, jedoch konnte ich seinem Blick nicht standhalten. Schnell wendete ich meinen Blick von seinem ab. „Jetzt verstehe ich. Denkst du das denn wirklich? Das ich so berechnend bin?" In gegen meiner Erwartungen blieb er ruhig. „Ich weiß in letzter Zeit überhaupt nicht mehr was ich glauben soll. Ich weiß nicht wer du wirklich bist, Gellert. Der Mann in den ich mich verliebt habe verschwindet immer mehr. Ich sehe ihn kaum noch. Sobald ich mich entschieden habe mich von dir los zu setzen, wirst du jedoch wieder aufmerksam und fürsorglich auf deine eigene Art, wie damals, sodass ich dir eine weitere Chance gebe. Ich kann dieses ständige hin und her einfach nicht mehr. Gellert, du machst mich wahnsinnig!" Etwas in seinen Augen schien zu brechen. „Weißt du was meine Tante mir damals sagte?" Seine Stimme war nicht besonders laut, weswegen ich mich anstrengen musste die folgenden Worte zu hören. „Sie sagte es gibt zwei Dinge die jeder Mensch in seinem Leben sagen sollte, sonst wird er diese Worte eines Tages in Tränen sprechen. ˋDanke und ˋ Es tut mir leid '." Mein Herz stoppte für einen Moment. Es sah aus, als wollte er noch etwas sagen, doch dann hinderte er sich selbst daran und blickte in eine andere Richtung. Die Worte ließen einen melancholischen Geschmack im Raum stehen. Nach und nach verstand ich, warum es für ihn so schwer war diese Worte zu äußern. Sie wurden heut zu Tage viel zu oft und oberflächlich verwendet, wenn sie doch in Wirklichkeit eine tiefgründige Bedeutung hatten. „Gellert, ich..." Er hob seine Hand um mich zu unterbrechen. „Bitte sag nichts. Du weißt was meine Meinung ist. Nur Dinge die wirklich wichtig sind sollten ausgesprochen werden." Irritiert schluckte ich. Stimmt, er sagte dies damals schon. Früher dachte ich immer er sagte dies weil er arrogant war, weil er nicht von Leuten angesprochen werden wollte, die unter seinem Niveau waren, jetzt jedoch schien es mir, als würde er das sagen um die Bedeutung der Worte zu bewahren. Dinge die wirklich wichtig waren, sollte man tatsächlich nicht nebenher sagen... Beschämt biss ich mir auf die Zunge. Hatte ich all die Jahre wirklich so falsch von ihm gedacht? Merlin war ich ein grauenhafter Mensch. Unwohl richtete ich meine Aufmerksamkeit auf den lodernden Kamin vor mir. „Ich entschuldige mich jetzt. Es gibt noch einige Dinge die ich machen muss." Schwerfällig erhob er sich von seinem Stuhl. Mit einer Hand versuchte er sich am Tisch abzudrücken, jedoch zitterte diese stark. „Du siehst wirklich nicht gut aus. Denkst du nicht das du dich lieber etwas ausruhen solltest?" Sein Zustand war wirklich nicht mehr witzig. „Mir geht es gut. Ich sagte doch du sollst dir keine Sorgen machen." Etwas strenger als gewollt funkelte er mich an. Er richtete sich auf, aber die Anstrengung die dies erbrachte war mehr als deutlich.
Erst dachte ich, es war das Licht, doch dann ging alles ganz schnell. Gellert verlor die Kontrolle über seine Beine und fiel zu Boden.

„Gellert!"

When History Is Rewritten.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt