27. Keine Trauer ist auch eine Trauer

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Wie erwartet ignorierte Gellert mich für die nächsten Tage. Erst ging er mir komplett aus dem Weg, sodass ich ihn gar nicht erst zu Gesicht bekam und dann war er einfach nur noch gemein und behandelte mich, wie er die anderen Auroren behandelte, wenn diese Mist gebaut hatten. Es war zum verrückt werden, jedoch hatte die Zeit der Ruhe auch etwas gutes. Ich konnte in Ruhe über einiges nachdenken. Zu einem Entschluss bin ich jedoch noch nicht gekommen und ich fürchte das ich dies auch nie werde. Es gibt Punkte die für, aber auch gegen Gellert sprechen. Keinen davon konnte man außer Acht lassen, was es nicht leichter machte. Ich musste in Ruhe mit ihm reden und zwar wie zwei erwachsene, nicht wie beleidigte Kleinkinder. Dafür musste Gellert jedoch bereit sein und das war er anscheinend auch nicht, selbst wenn ,ein Erfolg war stark zu bezweifeln. Dafür war er viel zu versessen auf seine Ideale. Schmollend sah ich auf die Berichte, welche ich bei ihm abgeben musste. Warum genau habe ich Goldstein noch gleich angeboten es für sie zu erledigen? Ach ja, weil ich mit seiner miesen Laune besser umgehen konnte als sie. Dachte ich jedenfalls. Nicht gerade begeistert klopfte ich an, bevor ich das Büro betrat. Gerade noch rechtzeitig sah ich, wie Gellert eines der Artefakte, welches auf dem Schreibtisch geruht hatte mit voller Kraft zu Boden warf. Er war sauer und ausgerechnet jetzt musste ich kommen. Super Timing. "HABE ICH GESAGT DAS SIE REINKOMMEN...." Sobald er mich erkannte, verstummte er. Sein Blick wurde unlesbar und seine Augen kalt. Ungewohnt ruhig setzte er sich zurück auf Graves Stuhl. "Was ist?" Desinteressiert blätterte er durch einige Akten, die bereits fertig gestellt waren. Gut, er wollte das Spiel also weiterführen. "Ich soll dir das hier von Miss Goldstein geben. Sie musste ungeplant für einen Einsatz ausrücken, weswegen sie es nicht geschafft hätte es dir persönlich zu geben. Daher bat sie mich es zu tun." Um meine Aussage zu bekräftigen, hob ich die Berichte nach oben, sodass er sie sehen konnte. Dann legte ich sie auf eine freie Ecke des Tisches. "Mehr wollte ich gar nicht." Gellert, welcher noch immer nicht zu mir sah, nickte nur. Sturer Esel! Etwas angefressen drehte ich mich um. Er hätte ja wenigstens versuchen können über seinen Schatten zu springen. Aber nein, dass hätte ihm ja sein feines Krönchen zerstört. Ich war schon fast bei der Tür angekommen, als ich auf etwas ausrutschte. Rechtzeitig konnte ich mich fangen. Unter meinem Fuß lag ein Brief. Er schien noch nicht sehr alt zu sein, ganz und gar nicht, jedoch war er total zerknittert. Da Gellert mich nicht ansah, bemerkte er auch nicht das ich mich bückte. Geschickt drehte ich den Brief in meinen Händen. Ich kannte diese Art des Formulars.. Das war die Bestätigung eines Todesfalles in der Familie.. Da es sich um das deutsche Ministerium handelte, konnte ich nicht viel lesen bis auf einen Namen. Lord Alexander Gerion Grindelwald. Das war Gellerts Vater. Langsam drehte ich mich um. Vielleicht war gar nicht ich für seine schlechte Laune verantwortlich, wie konnte ich nur so Arrogant und Selbstverliebt sein?? "Gellert" Durch meinen Tonfall alarmiert sah er nun endlich auf. "Wolltest du mich nicht eigentlich in Ru... " Sein Blick flog zu dem Brief in meiner Hand. Blitzschnell verengten sich seine Augen und Wut legte sich auf seine feinen Gesichtszüge. "GIB DAS SOFORT HER!" Erschrocken fuhr ich zusammen. "Dein Vater ist verstorben. Warum hast du nichts gesagt? Man, du weißt das ich für dich dagewesen wäre. Du musst da nicht allein durch, ich..." Ein weiterer Knall, der Stuhl auf welchem Gellert saß fiel zu Boden. Er selbst kam mit schnellen Schritten auf mich zu. Stablos riss er mir den Brief aus der Hand, bevor sich dieser vor meinen Augen zu Asche verwandelte. "Halt deinen Mund! Das geht dich einen Scheiß an!" Unter Schock starrte ich ihn an. "Der Brief kam gestern, dass heißt er starb vor zwei.." Knall. Ein Schrei entwich mir, meine Wange brannte und Tränen sammelten sich in meinen Augen. Plötzlich schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Auch Gellert schien über seine Tat entsetzt, da er fassungslos auf seine Hand sah. Langsam drehte ich mein Gesicht zurück zu ihm. Zu dem Mann den ich eigentlich liebte. Er sagte kein Wort. Eine heiße Flüssigkeit rollte mir über die Wange. Schnell wischte ich es weg. "Mein Erzeuger war ein Arschloch. Sein Ableben war ein großer Gefallen für die Welt. Ich habe keinen einzigen Grund zu trauen, daher habe ich nichts gesagt." Ich wusste das er nicht viel von seinen Eltern hielt, aber so auszurasten ging eindeutig zu weit. Ich warf ihm noch einen verletzten Blick zu, bevor ich die Tür hinter mir zu schlug. Die Leute die mir entgegen kamen waren mir gerade scheiß egal. So schnell ich konnte lief ich auf die Herrentoilette, wo ich mich sofort in einer Kabine einsperrte, bevor meine Knie unter mir nachgaben. Schlussendlich ließ ich den Tränen freien Lauf. Ich habe mir so sehr vorgenommen ihn zu retten. Es war wohl so eine Art Vergebung die ich suchte, für all die Fehler die ich begangen hatte, aber ich sah kein Ziel mehr. Gellert wollte nicht das ihm geholfen wird. Ihm war einfach nicht zu helfen. Jeder der es versuchte wurde selbst mit in die Tiefe gezogen. Jedes Mal wenn ich dachte ich wäre ein Stück zu ihm vorgedrungen, fing ich am Tag darauf wieder fast von vorne an. Ich liebte ihn, dass tat ich wirklich und ich würde nie wieder so lieben wie ich es bei ihm tat, aber diese Liebe zerstörte mich nach und nach, immer ein Stück mehr. Das er wütend wurde wusste ich, aber er war noch nie Handgreiflich, zumindest nicht mir gegenüber. Kannte ich diesen Mann denn wirklich so wenig? War er in Wirklichkeit ein Fremder, den ich verzweifelt versuchte zu retten? Er versteckte sich hinter so vielen Masken, dass er sein wahres ich wahrscheinlich selbst nicht mehr erkannte. Es wäre besser gewesen wenn er mich in Askaban hätte schmoren lassen. Vermutlich gab es für diese Rettung einen Grund der etwas mit seinen eigenen Bedürfnissen zu tun hatte. Liebte er mich wirklich? Oder war ich nur eine seiner Spielfiguren, welche er bewegen konnte so wie er sie brauchte. Ein Schauer huschte über mich. Habe ich mich so von ihm täuschen lassen? War ich so blind wie die Lebewesen welche er so hasste, welche wir beide damals nicht leiden konnten? Ich war so in meine Gedanken vertieft das ich die zweite Person die den Raum betrat nicht bemerkte. Umso mehr erschrak ich, als sich zwei Arme um mich legten. Aus Reflex wollte ich nach meinem Stab greifen, als ein bekannter Duft in meine Nase stieg. Als die Person spürte, dass ich nicht mehr vor hatte sie anzugreifen, legte diese seinen Kopf auf meiner Schulter ab. "Ich hasse dich", hauchte ich, drückte mich jedoch mehr an ihn. "Ich weiß, du hast jedes Recht dazu", murmelte der Mann hinter mir. "Ich war ein Arschloch." Langsam beruhigte ich mich. "Du warst nicht, du bist." Stille. Anstatt etwas zu sagen, zog er mich noch näher an sich, während er meinen Nacken küsste. "Gut möglich, tut mir leid." Das tut mir leid habe ich schon so oft gehört. "Das sagst du immer und jedes Mal wird es danach schlimmer." Seine Küsse hörten auf. "Ich weiß." Wütend schob ich ihn von mir und drehte mich in der engen Kabine, sodass ich ihn ansehen konnte. "Ich bin so unfassbar sauer! Egal was ich mache, versuche oder sage, immer ist es falsch! Immer muss ich aufpassen nichts falsches zu sagen, da ich sonst befürchten muss, dass du an die Decke gehst!!" Es tat gut ihm endlich die Meinung zu sagen. Das hatte sich schon lange angestaut. "Du sagst immer du bist für mich da, dass du mich verstehst, aber warum hast du mich dann alleine gelassen?! WARUM BIST DU EINFACH VERSCHWUNDEN?! Keiner wusste wo du warst, wie es dir ging oder was du vor hattest und Jahre später höre ich das erste Mal wieder was von dir und weißt du wo?! IN DEM VERFLUCHTEN DAILY PROPHET, WEIL DU ÄRGER MACHST! Ich hätte dich gebraucht, ich war alleine! Du warst ja nicht mal zur Beerdigung da. Aber davon abgesehen... Hast du auch nur ein Mal an jemand anderes als dich gedacht ? Ich musste neu anfangen, ohne dich, meine Schwester oder meinen Bruder. Das Ministerium hasst mich wie die Drachenpocken und macht es mir jeden verdammten Tag schwerer als am Tag davor, jeden einzelnen Tag wurde ich an den größten Fehler meines Lebens erinnert, aber weißt du was das schlimmste ist? Das ich es nie als Fehler gesehen habe. Ich konnte dich nie als Fehler sehen. Dabei habe ich es so unfassbar oft versucht! Warum muss meine Liebe zu dir mich mit in die Tiefe ziehen?" Erneut rollten Tränen über meine Wangen. Jetzt war es raus, die Wahrheit, die Worte die ich ihm damals an den Kopf werfen wollte, es aber nie konnte. Diesmal hörte Gellert einfach nur zu, er sagte nichts und dafür war ich sehr dankbar. Langsam kam Bewegung in ihn. Nahezu zärtlich strich er mir die Tränen weg. In seinen Bewegungen war zu erkennen das Zärtlichkeit etwas war, mit dem er nicht viel Erfahrung hatte, aber er bemühte sich. "Warum bist du gegangen?" Nach dem Schreien war ein einfaches Flüstern alles was ich aufbringen konnte. Seine Bewegungen stoppten, dann fuhr er sich mit einer Hand durchs Haar. "Ich musste einfach weg. Weg von ihr, diesem Ort, dir. Ich habe Ariana wirklich gemocht, Albus. Sie war ein wundervolles Mädchen und sie hatte die ganze Welt verdient. ich hätte dich nicht einfach zurück lassen sollen, dass weiß ich heute. Jedoch kann ich das nicht mehr ändern, nichts aus der Vergangenheit kann man ändern. Wir müssen lernen damit zu leben, auch wenn es nie ganz aufhören wird zu schmerzen. Das soll keine Entschuldigung sein für Dinge die ich getan habe. Ich wollte dich nicht schlagen. Bitte vergib mir." Verzweifelt sah ich von ihm weg. "Du tust es schon wieder. Warum machst du das immer? warum wickelst du mich immer um den Finger. Ich will so sehr wütend auf dich sein, so unfassbar sehr!" Es war nie meine Art gewesen emotional zu sein, aber manchmal passierte es einfach und ich konnte nichts dagegen tun. Es war wie als ob alles was sich angestaut hatte entleert wurde. "Ich liebe dich." Mir blieb der Atem stecken. Langsam drehte ich mich zu ihm zurück. Hatte er das eben.. Er hat noch nie 'ich liebe dich' gesagt. Noch nie. "Was?" Vorsichtig legte er seine Hand an meine Wange, sie war so angenehm warm. "Ich liebe dich, Albus Percival Wulfric Brian Dumbledore." Erneut stiegen mir Tränen in die Augen, diesmal jedoch nicht Wut oder Schmerz, sondern vor Hoffnung. Er wirkte ehrlich. "Lüg mich nicht an. Bitte sei ein einziges Mal ehrlich." Seine zweite Hand legte sich um mein Kinn und drehte es zu sich. diesmal tat der Griff nicht weh. Seine Augen verloren sich in meinen. "Ich liebe dich, ich liebe dich." Vorsichtig legte er seine Lippen auf meine und zum ersten Mal seid Damals fühlte es sich richtig an, fühlte es sich wirklich echt an. 

"Lass mich nie wieder allein."

"Werde ich nicht. Nie wieder. Versprochen."

When History Is Rewritten.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt