Kapitel 6 Quentin

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Tag 3, 10:00 Uhr

Rückblickend betrachtet war es vielleicht doch nicht die beste Idee gewesen, den Marshal umzubringen. Anscheinend waren seine Soldaten sehr loyal und hatten die Tradition, wenn einer von ihnen umgebracht wird, den Mörder desjenigen umzubringen. Was für Quentin nun ziemlich scheiße war. Tja, wer hätte das schon ahnen können.

Dass er es rausgeschafft hatte, war wohl auch eher Glück geschuldet. Der Schuss war zum Glück ein Streifschuss gewesen. Aber es hatte verdammt viel geblutet. Mittlerweile hatte die Blutung zum Glück aufgehört.

Na ja, aus dem Lager herauszukommen, war schwieriger als gedacht gewesen. Irgendwie ging so eine blöde Alarmglocke an, als er abhauen wollte. Dann kamen noch mehr Soldaten angerannt. Er versteckte sich hinter irgendeiner Mauer oder den Überresten davon, lauschte den Soldaten, wie sie sich irgendwelche Befehle zubrüllten. Wäre ganz witzig gewesen, wenn er nicht mit einer wie sau blutenden Wunde, die nun zu pochen anfing, an eine Mauer gedrückt gestanden wäre.

Ziemlich blöde Situation, wenn er jetzt so darüber nachdachte. Er schüttelte den Kopf, lachte. Tja, er war trotzdem entkommen.

Die Soldaten waren zum Glück nicht gerade die Hellsten gewesen. Einfach einen umlegen, die Kleidung anziehen und sich rausschleichen. Der 08/15-Trick, der aber scheinbar immer noch funktionierte. Schon verwunderlich, wie gut manchmal die Tricks aus den alten Büchern und Filmen funktionierten. Obwohl er nie in den Genuss gekommen war, sie im Original zu lesen.

Plötzlich verlor er den Halt unter seinen Füßen. Eine Sekunde war er überrascht, tat einfach gar nichts. Dann bewegten sich seine Hände in Zeitlupe nach vorne. Sein Kopf näherte sich dem Asphalt, doch im letzten Moment schafften es die Hände, ihn abzustützen. Es knackte, ein Schmerz fuhr durch seinen Arm. Quentin schrie auf.

Verdammte Scheiße! Keuchend lag er am Boden, sein Bauch pochte heftig. Verdammte Scheiße!

Er blieb einige Sekunden lang liegen und wünschte sich, einfach nur zu sterben, aber da ihm das verdammte Universum nicht einmal diesen Wunsch erfüllen wollte, rappelte er sich auf. Okay, wahrscheinlich wollte das Universum, dass er den Weltuntergang miterlebte. Damit er dann »Hab ich doch gesagt ...« sagen konnte.

Was, wenn er es sich so überlegte, gar nicht mal so schlecht klang. Jedenfalls besser als durch eine scheiß Wüste zu laufen mit irgendwelchen Trotteln im Rücken, die einen kaltmachen wollten.

Er stieß die Luft aus. Ihm blieb nichts anderes übrig, als einfach geradeauszulaufen und darauf zu hoffen, dass ihn seine Verfolger nicht einholen würden. Was eine ziemlich naive Hoffnung war, immerhin hatten die Autos und er war zu Fuß unterwegs. Also wirklich großartige Ausgangsbedingungen.

Na großartig.

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Es war gerade Nachmittag, als Quentin ein leises Stöhnen vernahm. Die Sonne brannte auf seine Haut, sein Körper schrie so sehr nach Wasser, dass er im ersten Moment glaubte, eine Fata Morgana zu hören. Bis ihm einfiel, dass man eine Fata Morgana gar nicht hören konnte. Und dass es sich um eine Luftspiegelung und nicht um eine Täuschung handelte.

Erneut vernahm er ein Stöhnen, ganz aus der Nähe. Er lachte auf. Da lief er durch so eine riesige verdammte Wüste und ausgerechnet im Nirgendwo traf er auf einen anderen Menschen!

Obwohl es sich nicht so anhörte, als sei dieser Mensch noch wirklich ... na ja, lebendig?

Eine Sekunde lang überlegte er, ob er nicht vielleicht nach diesem Menschen sehen sollte. Dann aber musste er erneut lachen. Wie zum Henker sollte er denn bitte schon diese Person retten? Er war selber am Verdursten, hatte kaum Kraft mehr. Wer so blöd war, hierher alleine zu gehen und dann zu verdursten, der hatte Pech gehabt.

25 Tage - Überleben reicht nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt