Kapitel 2 Quentin

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Tag 1, 14:00 Uhr

Keuchend stützte sich Quentin auf den Knien im Hinterhof der Ruine ab. »Das war knapp«, stieß er aus, noch immer außer Atem. Er lauschte den Geräuschen um ihn herum, aber die Rufe waren verstummt. Auch Schritte hörte er nicht mehr, das musste wohl heißen, dass seine Verfolger aufgegeben hatten.

Er konnte nicht anders, als zu kichern. Solche Deppen. Nun hatte er sie schon zum dritten Mal diese Woche reingelegt. Und da sagten alle, Menschen wären so unfassbar intelligent. Na klar.

Er griff nach der Beute, die er hatte mitgehen lassen. Die Menschen waren so dämlich. Klar, sie wussten schließlich nicht das, was er wusste. Konnte er es diesen Unerleuchteten, wie er sie nannte, denn verübeln? Manche besaßen einfach nicht den nötigen Verstand, um die Zusammenhänge zu erkennen. Na ja, ihr Pech.

Quentin öffnete den Beutel. Er griff hinein und holte den Inhalt heraus. Einige Münzen aus der Zeit, als es noch Geld gab. Wertlos. Dann jedoch fand er plötzlich einen Jackpot. Eine dieser ID-Karten!

Er grinste. In seinem Kopf formte sich ein Plan. Heute könnte ein sehr guter Tag werden. Wenn er schnell sein würde, könnte er in das Militärlager kommen, bevor jemand die Karte gestohlen gemeldet hatte.

Dort gab es Essen. Und irgendwo in der Basis war das versteckt, was er suchte.

Er schmiss den Beutel weg, steckte die Karte ein. Auf der Karte war ein Foto des Soldaten zu sehen, dem er den Beutel gestohlen hatte. Tja, er musste hoffen, dass da niemand so genau darauf schaute. Sonst würde der Person sicher auffallen, dass er nicht so eine Hackfresse hatte wie der Typ auf dem Foto.

Immerhin. Um die Kleidung brauchte er sich diesmal keine Sorgen zu machen. Er hatte schon beim letzten Mal eine der Uniformen mitgehen lassen. Die lag jetzt in seinem Unterschlupf.

Bevor er aus der Gasse auf die Hauptstraße ging, blickte er in beide Richtungen. Von der Soldatenpatrouille war nichts zu sehen. Das war ja fast zu einfach heute. Er grinste wieder.

Eine Frau starrte ihn von der anderen Straßenseite aus an, ihre Stirn in Falten gelegt. Er bleckte die Zähne, worauf sie sich wegduckte und weitereilte. Der Stärkere gewinnt, hieß es früher. Aber er hatte das Sprichwort abgewandelt. Der Klügere gewinnt. Und er war klüger als alle anderen. Denn er hatte die Erleuchtung gehabt, er hatte die Zukunft gesehen und er wusste, dass er ein Teil davon sein würde.

Es raschelte hinter ihm. Schnell sprintet er um die Ecke, die Straße entlang. Er bog mehrmals ab, blickte sich nach möglichen Verfolgern um, doch heute musste er niemanden abschütteln.

So gelangte er bereits nach fünf Minuten zu seinem Unterschlupf. Er befand sich unterirdisch, ein Schutzkeller in einem ehemaligen Haus, das einem Prepper gehört haben musste. Dummerweise waren die meisten dieser Prepper allerdings Patrioten gewesen und hatten im Krieg gekämpft. Oder taten es immer noch. Oder waren jetzt tot. Ihr Pech.

Er verstand die Menschen nicht. Aber die Menschen hatten ihn ja auch noch nie verstanden. Also beruhte das wohl auf Gegenseitigkeit.

Er betrat das Haus, ging zu der Geheimtür, die in den verlassenen Schutzraum führte. Er blickte sich nochmals um, bevor er den Mechanismus betätigte. Zum Glück hatte der Hausbesitzer daran gedacht, eine mechanische Verriegelung zu wählen. Einige hatten auf moderne Technik gesetzt, hatten dann allerdings leidig feststellen müssen, dass Strom mitten in einem Krieg wohl nicht oberste Priorität hatte. So waren die wunderschön ausgestatteten Bunker dann verschlossen geblieben. Und ihre Besitzer meistens bei Drohnenangriffen umgekommen. Ein Hoch auf die Technik!

Er schloss hinter sich den Eingang zum Schutzraum. Es war dunkel hier unten, Licht gab es keines mehr. Aber das brauchte er auch nicht. Selbst im Dunkel fand er sofort die Uniform, die er hatte mitgehen lassen. Er zog sie über seine normale Kleidung, die er zur Sicherheit anbehielt. Vielleicht würde er die Kleidung wechseln müssen.

25 Tage - Überleben reicht nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt