𝑰-11 | Lächerlich

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——I——
KAPITEL ELF
LÄCHERLICH
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„Beeil dich, Malfoy.", rief ich, während ich schon die nächsten Treppenstufen nach oben hechtete, eine kleinere Tasche, als die von vor wenigen Minuten, fest an mich gepresst. Ich hatte einfach nur meine Tasche wechseln wollen und nun mussten Malfoy und ich durch halb Hogwarts rennen, um nicht zu spät zum Zauberkunstunterricht zu kommen.

„Hetz doch nicht so, Avery. Wir haben noch genug Zeit. Professor Flitwick wird ohnehin nichts merken und selbst wenn, nichts sagen, geschweige denn uns Hauspunkte abziehen.", hörte ich den Jungen hinter mir sagen. Mit wenigen Schritten hatte er zu mir aufgeholt und unsere Blicke trafen sich, während wir nebeneinanderher rannten.

„Darum geht es nicht.", keuchte ich, als wir schnellen Schrittes in einen Gang einbogen. Noch zwei weitere Türen, dann würden wir den Klassenraum erreichen. Wir waren die einzigen Schüler, die jetzt noch durch die steinernen Gänge hetzten. „Ich will nichts verpassen. Du weißt, dass wir dieses Jahr die ZAGs schreiben, oder?"

„Meine Güte, natürlich bin ich mir dessen bewusst. Aber in dieser einen Stunde-"

„Ist mir gleich.", unterbrach ich ihn barsch und funkelte ihn an. Ich war noch kein einziges Mal zu spät zu einem Kurs erschienen und nur weil ich mich in der Pause einmal – ein einziges Mal – von Malfoy hatte ablenken lassen, würde sich das nicht ändern. Auf keinen Fall.

„Du willst echt nicht zu spät kommen, was?", fragte er plötzlich und ich nickte, verfluchte mich allerdings schon im selben Augenblick dafür. Ich hatte ihm eigentlich überhaupt nicht antworten wollen. Hat er nicht verdient, sagte ich zu mir selbst. Immerhin war er der Grund, wieso ich gerade durch die halbe Schule lief. „Meine Güte, und das obwohl wir Vertrauensschüler sind."

Der Kloß in meinem Hals wurde größer. Nicht obwohl, Malfoy, genau deswegen. Das kleine silberne Abzeichen an meiner Brust wog schwer bei dem Gedanken daran, nach einem selbstverschuldeten Besuch im Krankenflügel, auch noch zu spät zu einer Unterrichtsstunde zu kommen. Und ich hasste dieses Gefühl.

Als wir endlich vor der Klassenzimmertür ankamen, war sie bereits geschlossen – ein eindeutiges Zeichen dafür, dass der Unterricht schon angefangen hatte.

Ein leiser Fluch entwich Malfoy und ich sah ihn mit einer hochgezogenen Braue fragend an. Gerade war es ihm doch noch egal gewesen, ob wir zu spät kamen oder nicht. Als er meinen Blick lediglich stoisch erwiderte, ohne Anstalten zu machen sich zu erklären, öffnete ich langsam die schwere Klassenzimmertür. Die massiven Holzschreibtische, an die wir uns normalerweise setzten, standen an den äußersten Seiten des Klassenzimmers und schufen in der Mitte eine große freie Fläche. Rundherum saßen in Zweier-Pärchen jeweils ein Slytherin und Gryffindor zusammen. Was war denn hier los?

„Oh, Miss Avery. Geht es Ihnen gut nach Ihrem Krankenflügel-Aufhalt?", wandte sich Professor Flitwick an mich. Der kleinwüchsige Lehrer sah unter seiner runden Brille ernsthaft interessiert aus und ich spürte, wie mir Hitze ins Gesicht schoss. Woher wusste er davon?

„Avery hatte noch einige Startschwierigkeiten und ist unten in den Kerkern gestürzt.", warf Malfoy plötzlich ein, bevor ich etwas antworten konnte und trat neben mich. „Ich habe ihr aufgeholfen und natürlich sind wir aus Rücksichtnahme langsamer gegangen, als es normalerweise der Fall gewesen wäre. Es ist ja doch ein recht langer Weg von den Kerkern bis hierher." Er legte seinen Arm in einer schützenden Geste um meinen Rücken. Die Berührung seiner Hand an meinem Arm ließ mich noch steifer stehen, als ohnehin schon. Er besaß wirklich die Dreistigkeit es auf mich zu schieben. „Deswegen bitte ich Sie unser Verspäten zu entschuldigen, Professor."

Wie konnte er ohne mit der Wimper zu zucken einfach einen Professor belügen? Gar nicht angefangen von der Tatsache, die Wahrheit so sehr verdreht zu haben, dass er plötzlich der Held in der Geschichte war. Oder dass er als Vertrauensschüler eine gewisse Verantwortung trug. War ihm das überhaupt bewusst?

„Ist denn jetzt alles in Ordnung?", fragte Flitwick und bedachte mich mit einem besorgten Blick. Nachdem ich kurz nichts sagte – die ganze Situation kam mir einfach unwirklich vor – wurde Malfoys Griff um mich eine Spur fester, ehe er mich endlich losließ.

„Ja, es geht schon.", murmelte ich und warf Malfoy einen wütenden Blick zu, der seinerseits zufrieden dreiblickte. Was hätte ich denn anderes Antworten sollen? Hätte ich ihm widersprochen, hätte das nur weitere Unannehmlichkeiten bedeutet. Ich hatte gar keine andere Wahl gehabt, als bei seiner kleinen Lüge mitzuspielen.

„Nun, gut." Professor Flitwick sah sich im Raum um und deutete dann auf ein Paar, das noch aus zwei Gryffindors bestand. „Miss Avery, Sie machen die heutige Übung gemeinsam mit Mister Potter und Mister Malfoy, Sie bilden gemeinsam mit Mister Weasley ein Paar."

Ich starrte ungläubig zu dem bebrillten Jungen mit den zerzausten, schwarzen Haaren und dann zurück zu unserem Zauberkunstlehrer, der auffällig guter Dinge war. Plötzlich konnte ich mir sehr gut vorstellen, was hier passiert war. Flitwick hatte sich dazu entschieden häuserübergreifende Paare zu bilden – oder zu erzwingen – und die Teams schlussendlich einfach selbst zusammengetan.

„Professor, ich soll allen Ernstes mit zusammen mit Weasley machen?", fragte Malfoy, genauso fassungslos, wie ich mich gerade fühlte. Er warf dem rothaarigen Gryffindor einen Blick zu, der genauso gut einer stinkenden Kanalratte hätte gelten können. Potter stand derweilen von seinem Kissen auf und machte Malfoy Platz, der mit einem gezischten „Lächerlich" tatsächlich auf diesem Platz nahm.

„Da hinten sind noch zwei Plätze frei.", sagte Professor Flitwick und deutete auf ein Paar Kissen weiter hinten im Raum, die noch nicht besetzt waren. Potter warf mir ein kurzes Lächeln zu, ehe er sich auf jene Kissen zubewegte. Das konnte ja noch lustig werden.

𝑺𝑨𝑳𝑨𝒁𝑨𝑹, steh mir beiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt