𝑰-16 | Ein Gegenmittel für Malfoys, bitte

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KAPITEL SECHSZEHN
EIN GEGENMITTEL FÜR MALFOYS, BITTE
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Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, rief Snape alle dazu auf sich vor ihren Zaubertrank zu stellen. Die Arbeitszeit sei hiermit vorbei und alle die etwas dagegen sagten, konnten sich schon mal von ihren Hauspunkten verabschieden. Entsprechend sagte niemand etwas dagegen, auch wenn ich einigen besorgten Gesichtern ablesen konnte, dass sie mehr Zeit benötigt hätten. Stolz glühte in meiner Brust darüber auf, dass ich unseren Trank bei all dem Trubel nicht vermasselt hatte.

„Avery, was ist das?", fragte Malfoy und ich folgte seinem Blick. In dem Trank, in dem gerade noch das hellgrüne Gegenmittel gewesen war, dümpelte nun eine zartrosafarbene Flüssigkeit, die beinahe aussah wie einfaches Wasser. Entsetzung machte sich in mir breit. Wie war das möglich?

„Ich-" Ich wollte etwas zu meiner Verteidigung hervorbringen, aber ein dicker Kloß schnürte mir die Kehle zu. Gerade war es doch noch hellgrün gewesen. Wieso jetzt doch nicht? Das konnte nicht sein. Meine Augen huschten zu Snape hinüber.

Der Professor hatte von hinten angefangen, war jetzt jedoch schon in der zweiten Reihe angekommen. Er hatte gerade ein Hufflepuff-Pärchen bestehen lassen, als er in die erste Reihe wechselte. Zwei Tische neben unserem. Verdammt. Ich versuchte hastig eine Lösung zu finden, wie ich den Trank noch retten konnte. Vielleicht mehr Bezoar? Oder war das Einhornhorn nicht fein genug zermahlen gewesen? Egal was es war, so lange ich nicht wusste, wieso- Malfoy, kam es mir siedend heiß in den Sinn. Er hatte den Trank verändert. Zuerst mit den Minzzweigen und danach mit dem, was in der Ampulle gewesen war.

Langsam richteten sich meine Augen auf den Jungen neben mir. Er sah fast schon gelangweilt an die Tafel, als wüsste er nicht, was es mit unserem Trank auf sich hatte. Als würde er mich einfach so nicht ansehen und nicht, damit ich nichts merkte, doch ich sah es in seinem Blick. Dieses kleine, aufgeregte, fast schon erwartungsvolle Blitzen, weil sein Streich aufgegangen war. Ich würde ihn umbringen. Bei Salazars Unterhose, er konnte mich so oft in den Krankenflügel tragen wie er wollte, dieses Mal würde er dafür bezahlen, was er mir angetan hatte.

Plötzlich stand Snape vor unserem Kessel und meine Mordlust wurde von der aufsteigenden Übelkeit verdrängt. Ich hatte, soweit ich mich erinnern konnte, nie einen Trank verhauen. Seit der ersten Klasse hatte ich unseren Lehrer immer mit Bestnoten zufrieden stellen können. Dafür hatte ich hart gearbeitet, jede Schimpftriade meiner Mutter über mich ergehen lassen und immer und immer wieder Zaubertränke gebraut.

Anstatt uns wie erwartet anzuschreien oder zutiefst enttäuscht anzusehen, erhellte sich der Blick unseres Professors minimal.

„Was haben Sie zusätzlich dazu gegeben?"

„Minzzweige im ersten Schritt und Lavendelessenz am Schluss.", antwortete Malfoy an meiner Stelle. Ich war zu betäubt, um das ganze wirklich mitverfolgen zu können. Er sah zufrieden aus. Unser immer griesgrämig dreinschauender Hauslehrer betrachtete unseren Trank, als wäre es uns gelungen das Allheilmittel schlechthin zu entwickeln. Eigentlich war es Malfoys Trank, dachte ich. Eigentlich hatte ich ihm lediglich assistiert. Ein wenig der Arbeit abgenommen. Verdammt.

Professor Snape lobte unser Können und erzählte der ganzen Klasse, wie man ein Herausragend bei ihm bekam und warum wir beide uns gerade eins verdient hatten. Ich spürte die Blicke der anderen Schüler auf mir lasten und spürte, wie sie sich immer weiter in mein Innerstes bohrten. Sie zollten uns die Aufmerksamkeit, die wir für diesen Trank verdient hatten. Die Malfoy verdient hatte. Scheiße. Ich hatte diese Blicke gar nicht verdient und das führte dazu, dass sie sich immer weiter in mich hineinbohren konnten und ihre Aufmerksamkeit wie Klingen in mich hineinschnitten.

„Komm, Avery", hörte ich auf einmal eine Stimme sagen. Malfoys Stimme. Ich konnte nicht zu ihm aufblicken. Ich wollte sein verdammtes Grinsen nicht sehen. Wie er verschmitzt auf mich hinab sah, obwohl er es gar nicht böse meinte. Als wäre er ein einfacher Junge, der ein einfaches Mädchen wie mich in einer Partnerarbeit zu einer guten Note verholfen hatte. Das gefiel mir nicht. Das gefiel mir ganz und gar nicht. Ich wollte kein einfaches Mädchen sein, dem er helfen konnte, wann immer er wollte und das ihm danach zu Füßen liegen würde. Das widerstrebte mir so sehr, dass mir beinahe erneut schlecht wurde.

Plötzlich spürte ich eine Berührung an meinem Kinn. Mit einem Mal hebte sich mein Kopf und ich sah in die sturmgrauen Augen Malfoys. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass er mich mit sich aus dem Klassenzimmer hinausgezogen hatte. Mitten auf den Gang zwischen die Massen an Schüler, die aus den Kerkern flohen, als wäre es ein verfluchter Ort. Die Berührung war sanft. Normalerweise würde in diesem Augenblick eine Sicherung bei mir durchbrennen und ich würde mir wünschen, nie geboren worden zu sein, doch seine Finger lagen so kühl auf meiner Haut, dass mein Verstand klar blieb. Es war eine minimale Berührung, am äußersten Ende meines Gesichts und doch fühlte es sich für mich wichtig an. Als wären wir uns jetzt näher als vorher.

„Was ist los, Avery? Wir haben gerade vermutlich das größte Lob bekommen, das Professor Snape jemals an einen Schüler gerichtet hat." Er ließ seine Hand sinken und da war es. Dieser Ansatz eines schiefen Lächelns. „Warum sagst du dazu nichts?"

„Ich-" Ich stockte, sah zu Boden und fing noch einmal von vorn an. Ich war gerade nicht das passende Pronomen. „Du hast den Trank nach mir noch einmal mit dieser blöden Lavendelessenz verändert, richtig? Dabei hast du mich denken lassen, dass der Trank versaut und es dazu noch meine Schuld sei, da ich bei der Explosion kurz gezögert hatte, bevor ich den Trank beendete. Wahrscheinlich hast du dir dabei schön ins Fäustchen gelacht, wie du es immer tust."

Ich sollte das nicht sagen. Ich wollte die Nähe zu ihm nicht verlieren, doch gleichzeitig ertrug ich es nicht.

„Nun ja, es ist fast aufgegangen."

Ich ertrug diese sanfte Wärme von ihm nicht. Das Lächeln, dass er mir schenken wollte. Ich wollte es nicht annehmen. Nicht so.

„Ich habe wirklich gedacht, es wäre mein Fehler gewesen, allerdings nur so lange bis ich mich an die leere Ampulle erinnerte, die du hast verschwinden lassen. Ab da dachte ich, dass du unseren Trank absichtlich manipuliert hast." Wie dumm ich gewesen war. Malfoy würde doch nicht in seinem besten Fach durchfallen, nur im mir eins auszuwischen.

„Dann kam es allerdings anders und wir bestanden mit der besten Note des Kurses." Das Gefühl versagt zu haben stieg in mir hoch wie Galle und ich sah wieder hinauf zu dem Jungen, der mir mit unbewegtem Gesichtsausdruck entgegenblickte. Er hatte seine Maske aufgesetzt, das merkte ich sofort und aus irgendeinem Grund ließ es mich noch schlechter fühlen, als ohnehin schon.

„Ich fühle mich, als hätte ich aufgrund deines Talents bestanden, Malfoy. Als würde ich als einfache Nebenrolle mit drei Sätzen die gleiche Anerkennung kriegen wie du, der das gesamte Stück lang gesprochen hat. Und es kotzt mich an, dass ich so ungenügend performt habe. Das ist alles."

Sein Geschichtsausdruck blieb unverändert und es versetzte mir einen Stich mitten ins Herz, das es ihn scheinbar so wenig traf. Er hatte es nicht verdient, dass ich so mit ihm sprach, das wusste ich und doch waren die Worte aus meinem Mund gekommen. Es war die Wahrheit. Wortlos ging er an mir vorbei.

„Da kann man wohl nichts machen.", hörte ich ihn noch sagen, bevor ich seine Schritte auf der Treppe hörte. Tränen schossen mir in die Augen und ich biss mir auf die Lippe, um nicht in lautes Geschluchze zu verfallen. Er hatte alles Recht der Welt mich hier stehen zu lassen, wo ich ihm doch so bemitleidenswert vorgejammert hatte, wie viel besser er war, im Gegensatz zu meiner kleinen, unnützen Person.

„Marry!", rief plötzlich eine weibliche Stimme aufgebracht und ich stürzte vor, um meine Freundin in die Arme zu schließen. Ich vergrub mein Gesicht in ihrem blonden Strähnen und drückte sie fest an mich. Warum? Wieso hatte ich das getan?

„Daphne", schluchzte ich. „Ich brauche unbedingt ein Gegenmittel, das gegen Malfoys wirkt. Unbedingt."

𝑺𝑨𝑳𝑨𝒁𝑨𝑹, steh mir beiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt