Kapitel 6

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Nach einer doch recht schlaflosen Nacht wurde Nico am nächsten Morgen vom Muschelhorn geweckt. Verwundert rieb er seine Augen und streckte sich einmal. Will ließ doch sonst nie zu, dass er den Morgen vergeudete. Kaum hatte er diesen Gedanken zuende gedacht, fing er auch schon an, sich große Sorgen zu machen. War etwas mit Will passiert? Oder lag es daran, was gestern Abend geschehen war? Wollte er nicht mehr mit ihm reden?

Schnell zog sich Nico seine schwarzen Trainingssachen an und eilte zum Speisepavillon. Doch auch dort konnte er Will nicht entdecken. Stattdessen fiel ihm Wills Bruder Austin ins Auge, der ihn scheinbar erwartete.

"Hey Nico. Suchst du Will? Wir mussten die Schichten auf der Krankenstation ändern. Alice ist krank geworden, da ist unser überaus fürsorglicher Hüttenältester gleich für sie eingesprungen."

Nico zog leicht seine Augenbrauen zusammen. 

"Wer zum Hades ist Alice?"

"Nico, also echt. Sie kam doch vor etwa einem Monat hier im Camp an, gleich nach dem Krieg. Du weißt schon, die kleine mit den Sommersprossen und den langen blonden Haaren. Wenn du nicht so oft meinen Bruder anstarren würdest, hättest du sie bestimmt schon bemerkt."

Mit einem wissenden Grinsen und einem Zwinkern ließ er den mittlerweile mit einer Tomate vergleichbaren Nico stehen und verließ den Speisepavillon. Mal wieder war er rot geworden, dabei wollte er das doch beenden. Er war der Sohn des Hades, da sollte so etwas auf gar keine Fall passieren!

Noch einmal atmete Nico kräftig ein und aus, bevor er sich zu seinen Cousins an den Poseidontisch gesellte. Hier verabredete er sich mit Annabeth, Piper, Jason und Percy zum Training nach dem Frühstück. Da sie aber, anders als Nico, noch keine Trainingssachen trugen, mussten sie sich noch umziehen.

Nach einem wieder ziemlich epischen Schwertkampf mit vielen Zuschauern beschlossen die fünf, noch an die Kletterwand zu gehen. Nacheinander kletterten sie daran hoch und wichen immer wieder Lavaströmen und anderen kleineren aber keineswegs ungefährlichen Hindernissen aus. 

Nico war als letzter an der Reihe. Schnell brachte er die ersten Meter hinter sich. Den plötzlich aus der Wand schießenden Metallpfählen konnte er mit Leichtigkeit ausweichen. Doch dann geschah es: ein paar Meter über ihm brodelte auf einmal Lava aus der Wand. Nico wollte sich bewegen und sich in Sicherheit bringen, doch er fühlte sich in diesem Moment wieder wie im Tartaros. Die Lava erinnerte ihn an den Phlegethon und wieder spürte er diese wortwörtlichen Höllenqualen. Panik kam in ihm auf und lähmte ihn. Erst der Schmerz, als plötzlich etwas von der heißen Masse auf seine Schulter tropfte, brachte ihm die Kontrolle über seinen Körper zurück. Er schrie auf und schaffte es irgendwie wieder lebend an den Boden, wo Annabeth, Piper und die Jungs den übel zugerichteten Nico, dessen Shirt nur noch in verbrannten Fetzen an ihm herunterhing, auf schnellstem Wege zur Krankenstation brachten.

Zum Glück hatte Will an diesem Morgen den Dienst übernommen, denn er war eindeutig der beste Heiler der Hütte. Mit geübten Handgriffen versorgte er Nicos Wunde und linderte mit einigen Zaubern und menschlicher Medizin den Schmerz. 

"Du hast starke Verbrennungen, Nico. Heute Nacht bleibst du schön hier, hast du mich verstanden?"

Nico war zu müde für jegliche Diskussionen und wusste genau, dass eben diese mit Will wirklich sehr lang und viel zu anstrengend für seine derzeitige Verfassung werden konnten. Deswegen legte er sich ohne weitere Widerrede in das ihm zugewiesene Krankenbett und war kurz darauf auch schon eingeschlafen. Will war kurz etwas überrascht über den plötzlichen Gehorsam von Nico, widmete sich dann jedoch den anderen Patienten.

Den restlichen Tag und auch den darauffolgenden verschlief Nico. Seine Wunde hatte jedoch, dank Ambrosia, bereits angefangen zu heilen. 

Erst am späten Abend des nächsten Tages wurde er von einem lauten Scheppern geweckt. Langsam öffnete er seine Augen und blinzelte im ersten Moment gegen das helle Licht der Krankenstation an. 

"Oh scheiße, ich wollte dich nicht wecken" sagte Kayla, als sie bemerkte, dass sie ihn aus dem Schlaf gerissen hatte. "Mir ist das ganze Zeug hier runtergefallen. Geht es dir denn schon besser?"

"Besser ist es auf jeden Fall. Wie lange hab ich geschlafen?"

"Du hast dich gestern verbrannt. Aber warte, ich hole Will. Dann kann ich auch endlich mal ins Bett, ich bin echt todmüde."

Sie blickte auf die auf dem Boden verteilten Sachen und grinste leicht. "Wie man deutlich sieht."

Auch Nico lächelte leicht. Es dauerte nicht lange, da kam Will ins Zimmer und schaute ihn besorgt an. 

"Man, was machst du nur immer für Sachen, Neeks? Die anderen haben gesagt, dass du völlig erstarrt bist. Das passiert dir doch sonst nicht. Willst du darüber reden?"

"Hm, gerade echt nicht Will. Meine Schulter tut immer noch ziemlich weh."

"Oh ja, kannst du dich aufsetzen? Ich müsste dich nochmal untersuchen, ob auch alles gut heilt."

Nico nickte leicht und setzte sich auf. Man sah ihm an, dass er Schmerzen hatte, aber er ließ sich deshalb nicht davon abhalten. Nun saß er oberkörperfrei auf seinem Bett. 

Will fiel es schwer, seinen Blick von Nicos Körper zu reißen. Seine Ess-Therapie, die Zeit in der Sonne und das Training im Camp hatten wirklich etwas bewirkt. Noch immer war er dünner und blasser als die meisten anderen Jungen im Camp, doch keiner der anderen war in Wills Augen so perfekt wie der Junge, der gerade vor ihm saß. 

Doch Nicos Gesundheit war gerade wichtiger, als diese eh vollkommen sinnlosen Gedanken. So machte sich Will daran, Nicos Schulter erneut zu versorgen, sodass er die nächste Nacht wieder in der Hadeshütte verbringen konnte.

"Also Neeks, die gute Nachricht ist, dass ich dich auf jeden Fall wieder hinbekomme. Die eher nicht so tolle Nachricht ist, dass du wohl eine ziemlich heftige Narbe behalten wirst."

Nico schaute ihn nur aus traurigen Augen an. "Na toll, hässlicher als jetzt kann ich auf jeden Fall nicht mehr werden. Ich meine, schau mich an! Ich sehe aus wie eine Leiche und bin vernarbt bis obenhin."

Nico stand auf und wollte gerade den Raum verlassen, als Will noch leise murmelte "Also ich finde dich überhaupt nicht hässlich!"

Er war sich nicht sicher, ob er sich verhört hatte und ging deshalb in seine Hütte zurück, sodass Will das leichte Lächeln, dass auf seinen Lippen lag, nicht mehr sehen konnte.


Ich habe endlich mal wieder genug Zeit und Motivation, um die Story weiterzuschreiben. Wie immer freue ich mich natürlich sehr über Kommentare und Feedback. 

LG Niffler♡


Stand by me - A Solangelo FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt