Es ist zu spät

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"Dann erklär es mir." sagte ich schnippisch. Tate begann schwer zu atmen. Ich spürte, dass es für ihn nicht leicht war, mir zu sagen, was hier vorging. Meine Wut war wie weggeblasen, als ich bemerkte, dass er die Augen zusammen kniff. Vorsichtig legte ich ihm meine Hand auf die Wange. Er schmiegte sich in die Wölbung meiner Hand hinein und hielt sie fest. "Violet, es tut mir so furchtbar leid." flüsterte Tate. "Was Tate? Was tut dir leid?" fragte ich etwas angespannt. Schließlich musste es was schlimmes gewesen sein, was er getan hat, oder mir verschwiegen hat. Langsam richtete er sich auf, hielt dabei meine Hand weiterhin fest. Sein Blick war gesenkt, so dass er mir nicht in die Augen schauen musste. Erwartungsvoll starrte ich ihn an. "Die Todesengel von Salem sind unter den Menschen eher bekannt, als die Hexen von Salem. Damals machten die Dorfbewohner sie für alles mögliche verantwortlich. Wenn die Kuh keine Milch mehr gab, waren stets die Hexen dran schuld. Es gab eine Zeit, in der größere möchte walteten, als kleine Wald und Wiesenzauber. Die Menschen hatten große Angst, und so baten sie die Hexen, ihnen zu helfen. Natürlich halfen sie den Leuten, doch worde es ihnen nie gedankt. Die größere Macht, die ganze Großstädte bedrohte, war niemand geringeres als Baron Moreau. Er war einer der wenigen dunklen Zauberer wohingegen die Hexen von Salem die Weiße Macht besaßen. Den Namen Todesengel bekamen sie später. Sie waren dafür zuständig, dass die Seelen der Toten ins Licht gehen. Du gehörst zu ihnen. Violet, es hängt unheimlich viel von dir ab." sagte er ernst mit einem flehenden Unterton.
Plötzlich stand er auf. Nervös kramte er in einer großen, braunen Kiste. Gespannt wartete ich darauf, was er suchte.
"Das ist ein Buch." sagte er stolz und zeigte es mir. Ungläubig schaute ich ihn an. Mir war klar, dass dies ein Buch war, aber welche Bedeutung es hatte, wusste ich nicht. Meine Augenbrauen wanderten im höher auf meiner Stirn.
"Natürlich ist das ein Buch." murmelte er vor sich hin. Tate setzte sich dieses Mal direkt neben mich. Meine rechte Seite berührte seine linke. Mein Herzschlag beschleunigte sich, bei dem Gedanken, dass Tate mir so unheimlich nah ist, wie er es seit langem nicht mehr war.

Ohne eine Vorwarnung wurde ich weggerissen. Ich stand auf einer Wiese vor einem Haus. Das Haus war im L.A. viktorian Stil gebaut worden, das erkannte ich. Ich schätzte auf das neunzehnte Jahrhundert. Ich wusste, dass es das Murder House genannt worde, da dort unzählige morde verübt worden waren. Ein Einsatzkommando an Special Agents stürmte an mir vorbei. Ich rannte mit ihnen mit, doch sie schienen mich gar nicht bemerkt zu haben. Ohne aufgehalten zu werden, ging es zuerst in das Haus. Alle waren bewaffnet. Wir waren auf direktem Wege in das obere Geschoss.
"Tate Langdon!" schrie der Befehlshaber des Teams. Sie richteten die Waffen auf eine Tür. Im letzten Moment realisierte ich, dass es sich hierbei um Tate handelte. Tate, der bei mir in New Orleans saß.
"Nein!" brüllte ich und warf mich vor die Tür. Die Männer nahmen mich gar nicht war und traten die Tür ein.
Ein Junge, der zwar aussah wie Tate, aber keines Falles so wirkte, saß auf seinem Bett. Er grinste die Beamten nur an. Dann erhob er sich mit beiden Händen über dem Kopf. Sein Grinsen lies nicht ein mal nach. Mit der Einen Hand formte er ein Pistole und hielt sie sich an die Schläfe. Ich stellte mich neben ihn. "Tate, warum?" fragte ich ihn, als er ein Geräusch von sich gab, als hätte er sich in den Kopf geschossen. Er drehte sich zu mir, und es war fast so, als würde mich ein Fremder anschauen.
"Ich liebe dich Violet." sagte er bevor er sich in die andere Richtung drehte, und eine echte Pistole holen wollte. In dem Moment schossen die Agents auf ihn und er fiel zu Boden. Reglos lag er da. Ich began laut zu schreien.

"Ich wollte wirklich nicht, dass du das siehst." sagte Tate leise. Ich öffnete die Augen.
"Was hast du getan?" fragte ich so leise, dass ich mich fast selbst nicht hören konnte. Dabei verlor ich mich, wie sooft, in seinen Augen.
"Du wirst es noch erfahren." meinte er niedergeschlagen, dann fuhr er fort. "Also, du hast jetzt eine Menge zu lernen, bis sie dich erneut sehen wollen." erklärte er und hab mir das Buch. Ich nahm es, stand auf und ging in mein Zimmer.
Kaum merklich verging die Zeit wohl im Flug. Das Buch verbarg Unmengen an Geheimnissen. Es barg eine Fülle an Zaubersprüchen und Bräuchen für unsinnigsten und auch interessantesten Dinge. Es enthielt ebenfalls Regeln des Hexenzirkels.
Als ich das nächste mal aus dem Fenster schaute, war es stockfinster. Ehrfürchtig vor dem, was ich zuvor gelesen habe, schlich ich im Haus umher. Ohne zu wissen, wo Tate war, fing ich an mit ihm zu reden.
"Ich finde es komisch, dass es mich getroffen hat. Aber es ist ein Klischee, dass es so kommen musste. Und wie bei so vielen Klischees, ist was wahres dran. Es trifft doch immer die Außenseiter. Wie sollte es auch anders sein?" fragte ich ihn während ich durch die dunklen Gänge des Anwesens ging. Stille umgab mich. Es fühlte sich an als würde ich schweben. Doch genau das tat ich. Ich stoppte, da sich plötzlich ein großer Spiegel vor mir aufbaute. Unmöglich dass ich dies allein getan haben sollte. Eine Handbewegung und das Licht ging an.
In voller Pracht, sah ich mich selbst. Knappe zehn Zentimeter über dem Boden schwebend, in ein langes, schwarzes Gewand gehüllt und dann, meine unglaublich großen Flügel. Sie entsprießen meinen Schulterblättern und bestanden aus schwarzen Federn. Zum ersten Mal dachte ich, dass ich schön bin.
An der Stelle, wo sich soeben noch mein Spiegelbild befand, stand auf einmal Tate. Ich begann zu Boden zu sinken. Ich kippte Vorne über auf meine Knie. Tate kam auf mich zu.
"Warte." befahl ich ihm und hielt meine Hand hoch. Es schien, als hätte ich ihn tatsächlich aufgehalten. "Was kann ich alles machen?" fragte ich ihn bedacht.
"Ist alles in Ordnung mit dir? Du wirkst so, gefasst." stellte er fest. Er machte sich offensichtlich Sorgen um mich.
"Du hast gesagt, dass viel von mir abhängt. Aber ich trage keine bürde oder habe eine weitere Aufgabe. Damit hast du meine Stimmung gemeint. Nicht wahr?" fragte ich, den Blick von ihm abgewandt.
"Das stimmt. Es hängt von dir ab, ob etwas passiert, indem du wütend bist, oder ob die Geschehnisse milde ausgehen, wenn du neutral gelaunt bist." stellte er meine Frage richtig. Ich spürte genau, dass er sich danach sehnte, normal mit mir zu reden und nicht wie mit einer Psychopathin. Ich unterbrach die Mauer, welche ihn von mir fern halten sollte.
"Es ist wahrscheinlich zu spät dir das zu sagen Violet." gestand er sich ein.
"Es ist zu spät." korrigierte ich.

Wie am ersten TagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt