Kennst du die Wahrheit?

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Mit dem Schrei, wurde es auf einmal Tag hell.
"Wer wagt es meine Ruhe zu stören?", brüllte eine unerklärlich schreckliche Stimme, die von männlicher Natur zu sein schien.

"Tate, was passiert hier?", flüsterte ich dem Jungen neben mir zu. Ich hatte weniger Ahnung als man zu denken vermag. Diese ganze Situation war kurioser als alles was ich zuvor je erlebt hatte.

"Antwortet mir!", befahl der Zornige, welcher keinerlei Gestalt annahm, lediglich seine schauderhafte Stimme, war zu hören, und das nicht gerade leise.
Tate schaute mich kurz entschuldigend an und machte dann einen Schritt nach vorne. Ich konnte ihn laut einatmen hören bevor er zu sprechen begann.

"Es tut uns unaussprechlich Leid, dass wir eure Ruhe stören Herr!", rief er ins Ungewisse.

"Das sollte es in der Tat mein Junge!", kicherte die schrecklich tiefe Stimme zurück. Es schien fast, als wäre er amüsiert, dass wir uns vor Angst fast in die Hose gemacht haben. Schlagartig wurde ich wütend und ballte meine Hände zu Fäusten.
"Was ist daran so witzig? Oh jetzt konnte ich diese zwei Gestalten erschrecken, ist es das was sie denken? Scheiße ja!- sie haben uns eine heiden Angst eingejagt, aber war das nötig? Ich denke nicht! Entweder zeigen sie sich uns, oder ich setze den kompletten Wald in Brand!", drohte ich so zornig ich konnte. Vielleicht steigerte ich mich auch da nur rein, aber mir stand der Zorn förmlich ins Gesicht geschrieben. Meine Fäuste sprühten bereits Funken und meine Haare flogen wild umher. Der zuerst sternenklare Himmel zog sich rasch zusammen und tiefschwarze Gewitterwolken hingen ihn zu. Blitze durch zuckten das rabenschwarze Himmelszelt.
Tate sah mich mit diesem Blick an, der mich von meiner Wut ablenkte. Besorgnis und, war das etwa Angst, was plötzlich in seinen Augen auf blitzte?
Jedoch verflog mein Zorn nicht vollkommen, sodass das Unwetter schlimmer wurde. Ein Sturm zog auf und es begann wie aus Eimern zu gießen.
"Pyrokinese in Kombination mit Regen ist eine schlechte Idee meine Liebe", hörte ich den Mann zu mir sagen. Ich drehte mich um und da stand er. Mit einem Regenschirm in der rechten und einem Gehstock in der linken stand er da. Seine Erscheinung machte wenig Eindruck auf mich, weshalb ich hysterisch zu lachen begann.
"Sie wollen mir sagen, was eine schlechte Idee ist? Oh bitte!", blaffte ich ihn an.
Er war nicht groß, für den Tiefen klang seiner Stimme, vielleicht 1,80m. Ich konnte einen hellgrauen Anzug erkennen, den er mit einem dicken schwarzen Mantel zu schützen versuchte. Seine Anzughose war zwar weit, aber ich sah, dass er sehr dünn war. Dünner als man es zunächst annahm.
"Ja liebes Kind, ich sage dir, dass es eine schlechte Idee ist. Wenn du dich weiter so sehr anstrengst, hier förmlich zu explodieren, bekommst du höllische Kopfschmerzen", grinste er. Sicher, sein Hut warf einen tiefen Schatten auf sein Gesicht, aber ich hörte, wie er grinste.
Tate kam ein paar Schritte auf mich zu, währenddessen ich runter kam.
"Violet, er hat recht. Beruhige dich. Lass uns lieber herausfinden, was er will", flüsterte mir Tate beschwichtigend zu, jedoch war der Klang seiner Stimme anders als sonst. Habe ich seine Gedanken gelesen?
"Gut", gab ich nach und beendete diese Szene, die ich hier spielte.
"Ich wusste, dass du schlau bist, Violet. Möchtest du deinen Großvater nicht begrüßen?", fragte mich der Mann.
Was? Großvater? So ein Quatsch. Er könnte mir viel erzählen, aber ich erkenne meine Familienmitglieder.
"Väterlicherseits?", spottete ich und setzte diesen Blick auf, den man für gewöhnlich nur bei Mädchen zu sehen bekam, die hinterhältig und skrupellos sind. Und für gewöhnlich gehöre ich nicht zu dieser Sorte Mädchen, doch das war mir egal.
"Du bist wie deine Mutter", gab der Fremde von sich.
Jetzt schlug es eindeutig 13! Dieser Typ kennt mich ja nicht mal!
"Violet, beruhige dich! Spiel das Spielchen mit", hörte ich wieder Tate... denken.
1 - 2 - 3 ... Einatmen. Ausatmen. Luft in die Lunge saugen, Luft ausstoßen. Man nimmt an, dass der menschliche Körper diesen selbstverständlichen Vorgang von sich aus regelt, dennoch schien es mir, diesen Vorgang kontrollieren zu müssen, und ihn zu steuern, damit überhaupt noch was funktionierte.
"Also Opa, was wird hier gespielt?", fragte ich etwas unsicher. Mein angeblicher Großvater kam auf mich zu. Im Gehen nahm er den Schirm runter, und schüttelte die verbliebenen Regentropfen ab, um ihn letztendlich zusammenzuklappen.
"Es wird erzählt, dass wir neue Mitglieder im Zirkel haben", setzte er an und nahm seinen Hut ab. Er kam mir so bekannt vor, dass es fast weh tat. Ich kannte diesen Mann, aber ich weiß nicht woher.
"Was ist nur los? Warum müssen hier alle so abgedreht sein?", platzte es aus mir heraus. Verzweifelt warf ich die Arme in die Luft.
Tate breitete seine Arme aus und legte sie schützend um mich. Ich legte meinen Kopf an seine Brust. Sein Herz preschte dagegen, und schien meine Linke Gesichtshälfte zu massieren.
Was ist nur los mit diesem beschissenem Schicksal und meiner Familie?
"Kennst du die Wahrheit?", fragte mich der Mann und sah mich dabei besorgt an.
"Bitte nicht noch mehr Wahrheiten", gab ich zurück und klammerte mich an den Jungen neben mir. Wäre diese Situation nicht so verfahren, wie sie nun einmal ist, würde ich sagen, dass ich dahin schmelze, wenn er mich so im Arm hält. Aber das kann ich nicht, weil ich dann an einem Gefühlsüberschwang explodieren würde.
"Ich sehe schon, dass dir das zu viel wird. Ich werde ihnen ausrichten lassen, dir das ganze an einem anderen Tag zu erklären", sprach der alte und verschwand.

Stille umgab uns. Wir wurden schon so oft von Stille umgeben, dass es ein wunder zu sein scheint, wenn mal was los ist.
Tate strich mit seinen Händen auf und ab, damit ich mich beruhige. Vielleicht sollte mir jemand ein Beruhigungsmittel spritzen, damit ich ein für alle Male beruhigt bin!
"Lass uns gehen", flüsterte Tate. Er küsste meinen Scheitel und legte dann seinen Kopf auf meinen.
Vorsichtig löste er seine Arme von mir und ging leicht in die Knie. Er hob mich hoch, den linken Arm in meiner Kniebeuge, der Rechte um meinen Rücken geschlungen. Mein Kopf lag immer noch auf seiner Brust, meine Augen geschlossen.
Ich hörte, wie seine Flügel aufklappten und wie sie schlugen.
"Du bist wunderschön", sagte er mit rauer Stimme.
"Was?", fragte ich verwirrt und sah ihn an.
"Es ist wunderschön", räusperte er sich schüchtern. Er wies auf den Ausblick hin, der sich unter uns befand.
Unbewusst fing ich an zu Lächeln. Er ist so süß, wenn er schüchtern ist. Die meiste Zeit ist er selbstbewusst, wie kein anderer.

"Willst du einen Film schauen? Einen Tee trinken?", fragte Tate überfürsorglich, wie er nun einmal ist.
"An was für einen Film hast du denn gedacht?", fragte ich ihn. So mit einem Jungen auf einem Sofa zu sitzen, habe ich mir nie vorgestellt. Wahrscheinlich hatte ich immer Angst, dass die Realität nicht so schön wird, wie ich es mir vorstelle.
Er saß normal da, den Rücken an die Lehne gelehnt. Seine Beine waren angewinkelt und gespreizt.
Ja, das klingt sehr erotisch!
Und ich saß mit dem Rücken an seinen Bauch und Brust gelehnt.

"Vielleicht einen ruhigeren Film?", säuselte er mir ins Ohr, was mich unweigerlich ein Lächeln auf die Lippen zauberte.
"Du Romantiker", lachte ich und stand auf, als sich zwei Arme um meinen Bauch schlangen.
"Der Film ist schon im Player und der Tee kommt gleich", flüsterte er und schnipste mit den Fingern.

Wie am ersten TagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt