Die Todesengel

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Ich wollte nicht, dass Tate mich anlog. Ich wollte, dass er mir die Wahrheit sagte. Zumindest dass er mich aufklärte was mit mir passierte.
Die Nächte wurden immer schlimmer und quälender. Jeden Abend verschwand er auf komische Art und Weise, dann tauchte er wieder auf und sah jedes mal schlimmer als am vorherigen Abend aus. Das änderte zwar nichts an seiner unausweichlichen Schönheit und Vollkommenheit, störte mich dennoch in meiner Vorstellung mit ihm alt zu werden. Vielleicht tötet er Menschen. Vielleicht geht er Jagen. Aber ich schätze, und darüber bin ich nicht stolz, dass er Menschen umbringt.
Die Angst, er könnte verschwinden, bringt mich förmlich um den Verstand. Ich würde unsere kleinen Gespräche missen, die wir führen, wenn er das Essen macht. Sein perfektes Lächeln. Ihn.
"Wo sind meine Tabletten?" Riss er mich unsanft aus meinen Gedanken, die sowieso nur um ihn kreisten.
"Ich dachte sie hätten Lexapro abgesetzt?" Fragte ich ihn ungläubig. Diese Tabletten veränderten ihn zwar nicht, dennoch war es mir nicht geheuer mit den Dingern.
"Sie wussten dass ich gelogen habe was die Nebenwirkungen angeht." erklärte er etwas genervt aber vor allem beschämt. Verwirrt starrte ich ihn an.
"Stell mir keine Frage, auf die du die Antwort schon weißt, dafür bist du zu schlau Violet." mahnte er mich mit einem scharfen Blick. Manchmal brachten mich seine Blicke um sodass ich mich allmählich fragte, wie viele Tode ich eigentlich schon gestorben bin.
"Was hast du jetzt vor?" fragte ich, um unsere Konversation weiter zu führen. Er reagierte nicht. Er ignorierte mich. Was soll sowas? War es ihm peinlich dass ich wusste, dass er zu einem Psychotherapeuten geht? Wohl kaum. Tate erzählte mir sogar davon. Er würde wohl immer ein Rätsel bleiben.
Langsam kam er auf mich zu. Ich schaute verlegen meine Hände an. In einer fließenden Bewegung zog er meinen Kopf zu sich heran und küsste mich. Ich schloss die Augen von allein als ich spürte, wie sehr ich mir diesen Moment erhofft hatte. Doch dann passierte es.
Ich stand in einem schwarz gestrichenem Raum. Weiße Muster zierten die Wände.
"Sie weiß ja überhaupt nicht was sie da getan hat. Mrs. Winters, sind sie sich sicher, ihr sowas jetzt schon zu sagen?" fragte eine hektisch hohe Frauenstimme in die Leere des Raumes. Ich sah keine Menschenseele.
"Sie ist bereit." sagte eine ruhige und sanfte Frau, welche möglicherweise schon etwas älter war.
"Folge unserer Stimme Violet." wiesen sie mich im selben Moment an.
Währenddessen ich ihrem schönen Klang entgegen lief, fragte ich mich, wer das eigentlich war.
"Wir sind die Hexen von Salem." antworteten sie mir auf meine Frage, obwohl ich sie nicht einmal aussprach. Was wollten sie mir damit sagen?
"Wir sagen damit, dass wir Hexen sind." antworteten sie mir wieder.
"Viele nennen uns Todesengel." korrigierte sie sich.

Wie am ersten TagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt