Ein beeindruckender Hinterwäldler

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„Ivan, komm nach vorne, bitte", forderte Herr Thurian einen der Schüler auf. Die Anspannung des jungen Hochelfen, der daraufhin zum Pult trat, war nicht zu übersehen. Seine Hände zitterten und seine Augen blickten verschreckt, wie die eines Kaninchens vor einer Schlange. Ivan stellte sich neben den Lehrer, der vor sich auf dem Tisch fünf kleine Töpfe mit unterschiedlichen Pflanzen aufgereiht hatte. Er zog einen der Töpfe an sich heran. „Ivan, erzähl mir doch bitte etwas über diese Pflanze."

Ivan starrte auf das zarte Pflänzchen, als würde es sich gleich in eine fleischfressende Monsterpflanze verwandeln und ihn verschlingen. Er öffnete den Mund, doch brachte keinen Ton heraus.

„Fangen wir doch mit ihrem Namen an", schlug Herr Thurian vor.

Als Ivan noch immer nichts sagte, hob Eloin neben mir seine Hand. Herr Thurian gab Ivan noch einen Augenblick, dann rief er Eloin auf.

„Das ist die Salva Sisam", half Eloin Ivan auf die Sprünge.

Herr Thurian nickte. „Sehr gut. Kannst du mir auch ihren Anwendungsbereich nennen?"

Eloin überlegte. „Man kann ihre Stängel zu einer Wundheilsalbe verarbeiten."

„Richtig. Kennst du noch eine andere Wirkung abgesehen von der Wundheilungsförderung?"

Eloin neben mir schwieg.

Herr Thurian blickte zu Ivan, der mittlerweile kreidebleich war und noch immer nichts sagte. „Setz dich wieder, Ivan."

Mit eiligen Schritten kehrte Ivan zurück zu seinem Platz. Herr Thurian blickte in die Runde. „Kann mir jemand noch mehr über die Salva Sisam erzählen?"

Die Salva Sisam wuchs in Fora an jeder Ecke. Sie war eine der ersten Pflanzen, die ich als Kind kennengelernt hatte. Ich fand es äußerst verwunderlich, dass sich niemand in der Klasse meldete. Zögerlich hob ich die Hand.

Herr Thurian nickte mir zu. „Bitte, Nevin."

„Das gelbe Sekret im Inneren der Stängel hat eine betäubende Wirkung. Deshalb wird sie auch zur Schmerzlinderung eingesetzt", antwortete ich.

„Ganz genau. Komm nach vorne, Nevin." Herr Thurian winkte mich zu sich.

Ich schluckte. Hätte ich doch nur den Mund gehalten. Vermutlich sah ich genauso verschreckt aus wie Ivan, als ich voller Unbehagen zu Herrn Thurian ging. Als ich bei ihm angekommen war, zog er den zweiten Topf zu uns. Darin befand sich ein silbrig blaues Kraut, bestehend aus etwa zwanzig Zentimeter langen Stängeln, gesäumt von unzähligen kleinen runden Blättern. „Kennst du dieses Kraut?", fragte der Lehrer mich.

„Eisrauch", antwortete ich.

„Weißt du auch, wann man dieses Kraut einnimmt?", fuhr Herr Thurian fort.

Ich runzelte die Stirn. „Ich empfehle nicht, es pur zu verzehren. Das kann üble Magenbeschwerden verursachen."

Herr Thurian lächelte und wandte sich an die Klasse. „Das stimmt. Wenn ihr jemandem einen Streich spielen wollt, könnt ihr demjenigen dieses Kraut unter das Essen mischen. Er wird sich nach kurzer Zeit verabschieden mit dem dringenden Bedürfnis, seinen Darm zu entleeren. Und ihr werdet ihn sicher für den Rest des Tages nicht wiedersehen."

Ein Kichern wanderte durch die Tischreihen.

„Als Tee zubereitet", setzte ich meine Antwort fort, „hat Eisrauch jedoch eine ganz andere Wirkung: Es lindert Magenverstimmungen und Bauchschmerzen." Meine Mutter hatte mir als kleines Kind oft einen Eisrauchtee zubereitet, wenn ich Bauchschmerzen gehabt hatte.

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