Vorfreude

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Prüfend betrachte ich mich vor dem Spiegel im Flur. Nach gefühlten 1000000 Stunden und 1800 neuen Outfits habe ich mich jetzt für eine helle (und mit 'hell' meine ich so richtig hell) enge Jeans entschieden und dazu ein lachsfarbenes Top mit der Aufschrift 'Feel pretty'. Obwohl ich es noch gar nicht darf, habe ich meine neuen Sneaker an. Es sind weiße Nike Air Max mit türkisen Akzenten.

Ich bin mir so ziemlich sicher, dass sie heute Abend nicht mehr weiß sein werden, wenn ich nach Haue komme.
Kurz überlege ich noch, welche Jacke ich anziehen soll, aber mein Entschluss stand eh schon oben fest: meine niegel-nagel-neue Designerlederjacke in hellbraun.

Eigentlich ist so nahezu alles, was ich heute trage, schweineteuer gewesen. Meine Haare habe ich mit ein paar Wellen versehen, damit sie nicht so platt runterhängen.
Ob ihr's glaubt oder nicht: Ich bin nur sehr dezent geschminkt, weil ich weiß, dass Noah solche Mädchen nicht mag, die voller Schminke sind.

Das einzige, was mich an meinem Outfit stört, ist meine Schultasche. Sie passt überhaupt nicht zu den Klamotten, die ich trage. Zu der neuen Lederjacke passt sowieso nur die neue Handtasche (habe ich logischer weise zusammen gekauft). Aber man bekommt nun mal all das ganze Schulzeug nicht in eine kleine Handtasche... Naja, da muss ich eben durch.

Heute lasse ich mich mit Absicht mit dem Auto zur Schule fahren, den im Bus zwischen all den kleinen Kindern bleibt mein Outfit nicht lange so schön wie jetzt.

Da kommt auch schon meine Mutter und fährt das Auto aus der Garage. Sie hat heute frei. Perfekter Tag, um mich zur Schule zu bringen. "Morgen Schätzchen, gut geschlafen?", begrüßt sie mich freudestrahlend. "Morgen Mum. Ja habe ich, danke der Nachfrage." Ich hab zwar schlecht geschlafen, aber egal. Geht sie ja schließlich nix an...

"Wue kommt's, dass du mal gebracht werden willst? Sonst ist es dir doch auch immer peinlich!" DIE FRAGT ZU VIEL!!!
"Och, ich will heute eben mal gebracht werden. Außerdem hat Miri wieder Ausfall und alleine fahren ist langweilig..." Tja, jetzt kann ich nur schwer hoffen, dass Miriam nicht gleich an unserem Haus vorbeiläuft...sie hat nämlich gar kein Ausfall.

"Na gut, dann steig' ein. Wir müssen los, sonst kommst du noch zu spät."
Sind zwar noch volle 30 Minuten Zeit und wir brauchen nur 10 bis zur Schule, aber man könnte ja im Stau stehen (wobei das hier in Düsseldorf nicht mal so abwegig ist).

Die ganze Autofahrt über reden wir nicht miteinander. Zwei Mal versuche ich, Isabelle zu erreichen und beide Male drückt sie mich weg. So langsam finde ich das echt merkwürdig. Sie drückt mich zwar öfters mal weg, jedoch nur wenn sie gerade im Stress ist. Aber sie wird jeden Tag mit dem Taxi zur Schule gebracht, da ist man doch wohl nicht im Stress?!

Ich steige aus dem Auto aus, sage meiner Mutter 'Tschüss' und laufe ganz gemütlich den Hang zur Schule runter. Man, sind die Schuhe gemütlich!
Isabelle ist nicht da. Aber etwas anderes verwundert mich noch mehr...

Every day of life is differentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt