Kapitel 2

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Ida war 1,70 groß. Sie hatte braune, Schulternlange Haare und immer eine goldene, runde Brille auf. Sie trug gerne breitere Hosen in Kombination mit Blusen, genauso wie Frau Baerbock. Tattoos hatte sie keine, bis auf das kleine Schwarze Herz auf ihrem Arm, das sie sich jetzt schon wieder ansah. Sie saß in einem Raum mit Robert und sollte sich eigentlich eher auf ihre Arbeit konzentrieren, doch sie konnte es nicht. In ihrem Kopf schwebten die Stimmen von zwei Frauen: die erste gehörte Sonja, die zweite Frau Baerbock.
Brrrr, nein. Was ein Schwachsinn!
Nur die von Sonja.
Nur. Die. Von. Sonja.
Oder?

Mittlerweile war es schon 17 Uhr. Robert und Frau Baerbock hatten Ida das Gebäude und ihren neuen Arbeitsplatz gezeigt, nun sollte sie eine Grafik auswerten.

„Ida, alles okay bei dir? Du wirkst so abwesend"
Sollte sie ehrlich sein? Immerhin wusste Robert ja von Sonja.
„Ich... ehrlich gesagt nicht. Ich muss an Sonja denken, es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren"
Robert nickte nur verständnisvoll.
War es falsch, ihm von solch privaten Sachen zu erzählen, wo er schon so vieles um die Ohren hatte?
„Es...tut mir Leid. Ich arbeite jetzt weiter"
„Hey, alles gut. Ich kann deine Situation bestens verstehen, du hast besseres zu tun. Möchtest du für heute Feierabend machen?"
Ida schüttelte nur mit dem Kopf. „Alles gut. Ich muss sowieso um 19Uhr bei Frau Baerbock im Büro sein, sie wird mich abholen. Aber Robert, danke dir. Du bist der beste Arbeitsgeber den man sich nur vorstellen kann"

Robert lächelte und fing an, zufrieden auf der Tastatur seines Computers herumzutippen.

Ida war, ohne es zu ahnen, "auf die Schleimspur geraten". Sie lächelte und fuhr mit ihrer Arbeit fort, diesmal mit viel mehr Motivation.

17:20 Uhr: Die Motivation hatte nachgelassen.

17:43 Uhr: Ida konnte es kaum abwarten, endlich bei Frau Baerbock im Büro zu stehen.

18:05Uhr: Nur noch eine Stunde!

18:23Uhr: Robert verließ das Büro mit den Worten „du brauchst nicht abschließen, ich komme später wieder".

18:30Uhr: Die Konzentration ließ komplett nach. Ida kippelte nur auf ihrem Stuhl hin und her.

18:42Uhr: Ida richtete ihre Haare und ihre Kleidung. Plötzlich sah sie ihre Jacke, die auf dem Boden lag. Sie entschied sich, diese aufzuhängen und fand dabei einen Handspiegel und eine Mascara in ihrer Jackentasche. Leben gerettet!

Um 18:50 hielt es Ida nicht mehr aus. Sie stand auf und lief in den Gang hinaus, um die Tür hinter sich zu schließen. Mit großen Schritten lief sie dann den Gang entlang, die Treppen hoch und...

...schaute dierekt in Frau Baerbocks Augen. Ihr Büro befand sich dierekt am Treppenhaus. Fuck, peinlich. Sie hätte sich viel mehr Zeit lassen sollen...

,,Frau Schäfer, guten Abend", murmelte Baerbock fröhlich, als sie einen Dokumentenstapel zur Seite legte. Danach sah sie Ida freundlich an und zeigte auf einen Stuhl vor ihrem Schreibtisch. Ida setzte sich ungeduldig. 

,,Ich muss noch meine Sachen mitnehmen, einen Moment", sagte sie. 

Ida sah Baerbock mit großen Augen zu. Ihre breite, schwarze Hose und die olivgrüne Bluse standen ihr Perfekt. Ihre Haare trug sie in ihrer üblichen Frisur, an Baerbocks Handgelenk bemerkte Ida ein dünnes, goldenes Armband. An der Stirn der Kanzlerkandidatin waren Falten, scheinbar war sie total fertig nach so einem anstrengenden Tag.

Schnell stopfte sie ihr Federmäppchen, ein paar ihrer Unterlagen, ihr Handy und ein kleines Laptop in ihre Große Handtasche. Sie nahm noch schnell ihre Jacke mit und meinte ,,los gehts", wie immer mit einem Lächeln. Es war aber ein anderes Lächeln als heute morgen- ihre Erschöpfung war nicht zu übersehen. ,,Alles okay?", fragte sie, als sie Idas intensiven Blick auf sich spürte. Lange hatte Ida keinen so peinlichen Moment erlebt.

Die beiden Frauen unterhielten sich auf dem weg zum Auto. Baerbock erzählte Ida von ihrem Ex-Mann (bis jetzt wusste die Presse noch nichts von ihrer Scheidung) und von ihren Kindern, und wie stolz sie auf diese war. 

Die fahrt entpuppte sich als die schlimmste Qual. Ida war dermaßen auf ihre Arbeitskollegin fokussiert, dass sich diese halbe Stunde wie zwei Stunden anfühlte, außerdem wurde ihr auch noch schlecht, was sie natürlich mit aller Kraft verborg. 

Als die beiden Frauen aus dem Auto ausstiegen, stoppte Baerbock plötzlich: ,,Frau Schäfer...diese Bluse steht ihnen richtig gut", sagte sie einfach nur. Ida fing an zu stottern, doch irgendwie bekam sie es hin, ein dankeschön zu murmeln. Frau Baerbock lief rot an. Schnell drehte sie sich weg um "ihre Tasche aus dem Kofferraum zu holen", wobei sie natürlich feststellen musste, dass sie sich nicht dort sondern auf den Rücksitzen befand; das gab der Situation nochmal einen Schub peinlichkeit dazu. Als die gestresste, rot angelaufene Politikerin schließlich wieder auftauchte, brachen beide in furchtbarem Gelächter aus. 

Herrje, diese Frau macht mich noch verrückt! 

,,Was willst du essen?", hörte Ida sie sagen. Sie zuckte nur mit den Schultern: sie wollte dieser beschäftigten Person keinesfalls Stress machen. 
Baerbock lächelte. ,,magst du Sushi?"
Ida lachte. ,,Ja sehr gerne! Mein absolutes Lieblingsessen."
,,dann ist ja super! Ich habe zu hause noch eine große Packung."

Inzwischen waren die beiden auch an ihrer Haustür angelangt. Die Politikerin schloss diese auf und bat Ida herein, danach nahm sie ihr vorsichtig ihre Jacke ab. 
Wieder stoppte sie. ,,Ich hätte da noch eine Frage"
Sofort schlug Idas Herz schneller. ,,die wäre?"

Baerbock spielte nervös mit ihrem Armband herum;, wollen wir uns vielleicht duzen?"
Ida atmete beruhigt auf. Im Bundestag schien diese Frau immer so selbstbewusst zu sein, nun sah sie aus, wie eine verliebte Grundschülerin.
,,Gerne...Annalena...? Das hört sich komisch an", sagte sie lachend. 

,,Setz dich", antwortete Annalena, ,,Ida". Sie musste genauso lachen wie Ida, und plötzlich spürte sie wie es zwischen ihnen knisterte. Annalena schien das auch zu spüren, sie räusperte sich und murmelte etwas über Sushis. 

Irgendwann kam sie mit Tellern, Gläsern und Besteck zurück. ,,Ein bisschen Wein, zur feier des Tages?" 

Ida konnte nicht anders als zuzustimmen. Da saß sie nun, mit der vielleicht zukünftigen Bundeskanzlerin Deutschlands am Tisch, aß Sushi und trank guten Rotwein. 

Zuerst fing alles ganz normal an, doch dann wurden ihre Gespräche immer lustiger und die Nacht immer länger. Nachdem Annalena ihr dann um 2 Uhr nachts einen betrunkenen Vortrag über den Rechtsextremismus gehalten hatte (wäre es ein YouTube Video, musste man drei viertel davon zensieren), beschloss ihre ebenso sturzbesoffene Kollegin, dass jetzt Schluss sei. 

Das war wohl die richtige Entscheidung gewesen, am Ende wären nämlich fast die Nachbarn von unten hochgekommen und hätten alles miterlebt.

Ida hatte ihnen gerade noch rechtzeitig die Tür zugehalten.

Wenn die Presse davon erfahren hätte...


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let you go - Annalena Baerbock FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt