wahre Identität

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Langsam weicht die Dunkelheit aus meinem Verstand. Blinzelnd öffne ich meine Lieder. Die Helligkeit sticht mir unangenehm in die Augen, sodass sie sofort zu tränen beginnen. Sekunden verstreichen bis ich meine Umgebung klar wahrnehmen kann. Ich blicke auf eine weiße Wand, an der neben einem kleinen Tisch noch ein Schrank mittlerer Höhe steht. Das ist nicht mein Zimmer, denke ich. Aber wo bin ich dann? Ich blicke zur Seite. Ein Beutel hängt da über mir, von dem ein langer Schlauch zu meinem Arm reicht. Der Anblick kommt mir aber bekannt vor. Langsam setzt sich das Puzzle in meinem Kopf zusammen. Ich bin in einem Krankenhaus. Aber warum? Mit dieser Frage scheint eine Barriere in meinem Inneren gebrochen. Bilder und Erinnerungsfetzten prasseln auf mich ein. Da ist Chris, der mit mir tanzt, ein plötzlicher Schrei und panische Menschen, die durcheinander stürzen. Dann sehe ich Chris, der meine Hand fest umklammert hält und mich durch dunkle Gassen zieht. Längst verklungene Schüsse erklingen noch ein Mal. Ich schluchze laut auf und schlage die Hände vor dem Mund zusammen, als ich noch einmal sehe, wie Chris getroffen wird. Ab dann setzten auch die Schuldgefühle ein. Er hatte sich nämlich nur meinetwegen umgedreht und nur meinetwegen wurde er von einer Kugel durchbohrt. 

Ich muss zu ihm, ich muss sehen, wie es ihm geht. Dieser Drang verleitet mich dazu, die Decke zurückzuschlagen und mich aufzurichten. Den Schwindel ignorierend, reiße ich die Nadel aus meinem Arm. Danach mache ich mich mit wackligen Beinen auf zur Tür. Kurz bevor ich sie erreiche, schwingt sie nach innen auf. Ich sehe mich einer verdutzt drein blickenden Krankenschwester gegenüber, die ich anherrsche mir zu sagen, wo Chris ist. Keine Reaktion. "Verdammt! Wo ist der Mann, der angeschossen wurde?" Ich bin mit meiner Geduld am Ende. Glücklicherweise kommt jetzt Bewegung in mein Gegenüber. Sie streckt den Arm aus und deutet auf das Zimmer rechts neben mir. Daraufhin rausche ich an ihr vorbei und stürme in das angrenzende Zimmer. Verschreckt bleibe ich im Türrahmen stehen. Unzählige Geräte türmen sich neben Chris auf, die eine fürchterliche Symphonie aus Piepstönen bilden. Er selbst liegt blass wie eine Leiche da, die Augen geschlossen. 

Nun kommt doch Bewegung in meinen Körper. Ich lasse mich zu ihm aufs Bett sinken und drücke ihm einen festen Kuss auf die Lippen. Plötzlich nehme ich eine Hand wahr, die sich auf meinen Rücken legt und zucke unter der Berührung zusammen. Dann blicke ich in Chris dunkle Augen. Erleichterung flutet meinen Körper, wodurch sich neue Tränen bilden, die heiß auf sein Gesicht tropfen. jetzt kann mich nichts mehr halten, wieder und wieder küsse ich ihn, kann gar nicht mehr aufhören, so froh bin ich, dass er noch lebt.

Schließlich lösen wir uns doch voneinander. Chris richtet sich stöhnend in eine sitzende Position auf, damit wir uns richtig ansehen können. "Für einen Moment dachte ich, ich hätte dich verloren", gebe ich mit belegter Stimme von mir. Schwer nur kann ich die Tränen unterdrücken, die sich wieder einen Weg in meine Augen bahnen. "Warum waren da überhaupt diese Killer?" Das letzte Wort kommt mir nur schwer über die Lippen. "Ich dachte, vorerst wären wir sicher."

"Ja, dass dachte ich auch." Betrübt wendet er den Blick ab. "Aber die Dinge haben sich verändert." Abwartend betrachte ich ihn. "Ich habe dir nicht alles über mich erzählt, weil ich mein altes Leben hinter mir lassen wollte. Aber jetzt holt es mich mit voller Wucht wieder ein." Was meint er damit? Ich bin verwirrt. Bei unserem Gespräch vor zwei Monaten hatte er sich mir doch erklärt. Chris blickt mir wieder fest in die Augen, als er seine nächste Worte spricht. "Diese Auftragsmörder hat mein Bruder geschickt." Ungläubig starre ich ihn an. Warum sollte er das tun? "Das Koma nach den Unfall scheint ihn verändert zu haben. Zumindest, wenn ich den Briefen meiner Mutter glauben schenken soll. Bisher wollte ich es nicht wahrhaben, aber jetzt nach ihren Tod, wurde ich eines besseren belehrt." Ein tiefer Schmerz zeichnet nun sein Gesicht. Er muss seine Mutter und seinen Bruder sehr geliebt haben. "Mein Bruder will mich unbedingt töten, damit er ganz legitim der rechtmäßige Nachfolger meiner Mutter wird." Jetzt ergreift er meine Hände, als hätte er Angst, dass ich weglaufen könnte. Aber warum sollte ich? "Hannah, mein voller Name ist Christian, William Mountbatten-Windsor und ich bin der Kronprinz von England." Stille. Das hat gesessen. Ich habe mit vielen gerechnet, aber sicherlich nicht damit, dass es sich bei Chris um einen Prinzen handelt. Ich erinnere mich wieder an einige Schlagzeilen in den Zeitungen: "Die Queen ist tot", "Zweitgeborener soll Amt übernehmen-geht das denn?", "Wo ist der verschollene Kronprinz?". Mein erster Impuls ist es tatsächlich zurück zu weichen. Diese Neuigkeiten verändern alles.

Aber tun sie das wirklich? Ich horche in mich hinein, muss aber feststellen, dass meine Gefühle nicht weniger stark brennen, als vorher. Furcht glitzert in Chris Augen, weil ich schon so lange schweige. Doch völlig unbegründet. "Egal wer du bist, ich liebe dich. Und ich werde bei dir bleiben, egal was da kommen mag." Und genau so meine ich es auch.

" Und genau so meine ich es auch

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Dancing in the SunlightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt