Blurry Eyes

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Ihr Lieben,
Es gibt heute noch einen kleinen One-Shot von mir. Ich liebe Paddys neuen Song, sehr, er hat mich endlich mal wieder völlig abgeholt, und dann fiel mir diese kleine Geschichte ein.

Ich liebe diese beiden, wieder über Mark und Paddy zu schreiben, war wie nach Hause zu kommen. Ich hoffe, ihr fühlt es genauso ❤️

Habt einen schönen Sonntag!
Eure Reniawen

**

»Papa Paddy, kann ich heute bei Sophia schlafen?«, fragte Jamila und klang ganz aufgeregt. Gerade hatte sie Paddy angerufen, dabei war es erst früher Nachmittag und sie hatten doch eigentlich abgesprochen, dass Paddy sie später abholen sollte.
»Aber Mark kommt doch heute zurück«, erwiderte Paddy und musste doch schmunzeln, weil Jamila das erste Mal bei ihrer besten Freundin übernachten würde. Gut nur, dass er ihre Adoptivtochter kannte. In weiser Voraussicht hatte Paddy Sophias Mutter, die dank der Freundschaft der beiden Mädchen auch Mark und ihm eine gute Freundin geworden war, eine Tasche da gelassen. Bisher hatte Jamila sich nicht getraut, aber Paddy hatte geahnt, dass sie irgendwann bei ihrer besten Freundin schlafen wollte. Es war ja auch ganz normal, Jamila hatte sich bei ihnen eingelebt und ihre Freunde in der Schule gefunden.
»Ja, aber Papi Mark ist morgen auch noch da«, meinte Jamila pragmatisch und Paddy musste lachen.
»Das lass ihn lieber nicht hören, Schatz«, bemerkte er. »Aber natürlich darfst du bei Sophia bleiben. Ich hab Monica ja deine Tasche da gelassen. Und morgen ist Samstag, also alles gut.«
»Danke, Papa Paddy«, freute sich Jamila und Paddy stellte sich vor, dass Sophia und sie jetzt gerade freudig mit dem Telefon in der Hand auf und ab hüpften. »Sag Papi Mark, dass ich morgen komme.«
Paddy schmunzelte erneut. »Mache ich. Schlaf gut und grüße Monica, okay?«
»Bis morgen, Papa Paddy.« Schon hatte Jamila aufgelegt und Paddy schüttelte belustigt den Kopf.
»Well, it's just you and me now until Mark's here, right, buddy?«, wandte er sich zu Howie, ihrem alten Labrador.

Howie, der in seinem Körbchen lag, hob nur den Kopf und wedelte mit dem Schwanz, ohne sich die Mühe zu machen, aufzustehen. Paddy tätschelte dem alten Hund, der seit einiger Zeit zu ihrer Familie gehörte, den Kopf, dann schlenderte er durch das Wohnzimmer und blieb - wie so oft in letzter Zeit - vor dem schwarzen Flügel stehen. Er strich über die Tasten, die vertrauten Klänge ließen Howie den Kopf heben und Paddys Herz mit Wärme durchfluten. Erst gestern Abend hatte er an einem Song geschrieben, als Jamila beim Klavierunterricht gewesen war. Er würde nichts veröffentlichen, aber er konnte das Musik machen nicht ganz aufgeben. Das hatte er schon einmal versucht und war krachend gescheitert.

Und eigentlich hätte Paddy ja wissen müssen, dass er nicht einfach aufhören konnte Musik zu machen. Wobei er die Pause nicht nur Jamila zuliebe eingelegt hatte, denn natürlich hatte er bemerkt, dass es zu viel geworden war. Zu viel TV-Präsenz, zu viel Stress. Er hatte die Abgeschiedenheit und die Ruhe gebraucht, das Gefühl, wieder geerdet zu sein. Aber vor allem, wenn Mark unterwegs war, stand sein Kopf nicht still, schwebten Melodien und Texte unaufhörlich in seinen Gedanken herum. Er hatte seinen neusten Song noch niemandem gezeigt, auch Mark nicht, aber die Melodie war so klar in seinem Kopf gewesen, dass Paddy es hatte aufschreiben müssen. Zwar hatte er auch schon mit dem Text begonnen, aber der erste Entwurf hatte ihm nicht wirklich gefallen. Es war zu leicht gewesen, von der Melodie erwartete der Hörer etwas anders.
Paddy setzte sich doch noch einmal ans Klavier, die Akkorde vor sich auf dem Notenständer. Er hatte die Akkordfolgen schon im Kopf, und, wenn er ehrlich zu sich war, die Melodie den ganzen Tag vor sich hin gesummt. Er wollte nicht wieder einen Liebessong schreiben wie Roundabouts, diesmal wollte er etwas anderes. Er wollte etwas schreiben, das Mut machte, und prompt dachte Paddy daran, dass er gestern erst wieder mit Wincent telefoniert hatte. Voller Stolz hatte Wince berichtet, dass er eine weitere Staffel Coach bei The Voice Kids sein durfte, aber auch die Zweifel waren ihm anzuhören gewesen. Auch wenn Wincent sich anfangs nicht sicher gewesen war, ob er dem zusätzlichen Stress gewachsen war, war er ein großartiger Coach für die Kids und unwillkürlich schossen Erinnerungen durch Paddys Gedanken. Wie schlecht es Wincent vor ein paar Jahren gegangen war, als er kein Licht am am Ende des Tunnels gesehen hatte, wie sehr Alvaro für ihn da gewesen war. Diese Zeit, als er mit sich überfordert gewesen war und sie alle versucht hatten, ihn aufzufangen. Und wie er es geschafft hatte, weil er Menschen um sich gehabt hatte, denen er sich anvertrauen konnte, und die für ihn da gewesen waren.
»I can see a thousand doubts written on your face right now, your reflection fading in and out, lately it's been getting you down...«, begann Paddy zu singen. Er stockte, schrieb die Zeilen auf, spielte die Verse nochmal und fand es tatsächlich wirklich gut. »You tell me you're okay, but your voice don't match the words you said...«

»Schatz, ich bin wieder zuhause!« Paddy schrak zusammen, als Mark neben ihm stand und eine Hand auf seine Schulter legte.
»My love«, sagte er, drehte den Kopf und genoss den tiefen Kuss, mit dem Mark ihn begrüßte. »Sorry, I was just...«
»Wo ist denn Jamila?«, fragte Mark und schaute sich um, als erwartete er, dass Jamila aus der Küche gesprungen käme.
»Well, sorry, sie übernachtet bei Sophia«, erklärte Paddy und grinste über Marks erstaunten Blick.
»Echt? Ich hätt nicht gedacht, dass se sich das schon traut.«
»Jamila ist seit eineinhalb Jahren bei uns, my love«, meinte Paddy. »She's got her friends, she seems to get along here now.«
»Ich freu mich ja auch«, zwinkerte Mark, schob sich neben ihn auf den etwas längeren Klavierhocker, legte eine Hand in Paddys Nacken und küsste ihn erneut tief. »Sturmfrei heute also, wa?«
Paddy löste sich kurz, schaute grinsend in Marks Augen und konnte nicht verhindern, dass er sich darüber ebenso freute. »Yes, we're on our own tonight«, schmunzelte er.

»Und du, hast was geschrieben?«, deutete Mark da auf die Noten.
»Ja, ach... ich weiß noch nicht richtig, ich hatte nur.. diese Melodie im Kopf, die ganzen letzten Tage schon, und irgendwie... well, just forget it. Had to do something instead of just waiting for you today.« Paddy wollte die Tastaturklappe schon schließen, als Mark ihn aufhielt.
»Nein, zeig doch ruhig mal, ich fands gut vorhin«, meinte Mark.
»Mark, we had a deal«, seufzte Paddy. »You do the job, my place is here. At home.«
»Schatz, wir sind Musiker, du solltest am besten wissen, dass wir das nicht einfach abstellen können«, erwiderte Mark. »Ich hab mich eh schon gefragt, wie du das schaffst. Ohne den Zirkus drumrum, okay, aber ohne das Texten und Singen...«
»Okay, you've got me«, gab Paddy zu. »It's hard, especially when I'm alone here waiting for you or Jamila. But I'm not planning to make a comeback or something, it's just...«
»Wer weiß, ne...«, schmunzelte Mark wissend. »Jetzt zeig mal, was du Schönes fabriziert hast.«

Paddy räusperte sich, spielte die Melodie an und die erste Strophe. Eine weitere Zeile kam ihm in den Sinn, als er an Wincent dachte, wie zurückgezogen und in sich gekehrt der Junge manchmal war, und vor sich hinstarrte, als nähme er seine Umgebung gar nicht mehr wahr: »Oh love, when the river runs dry it's hard to see through blurry eyes...«
»Da isser wieder, der Paddy-Moment, ne«, grinste Mark, als Paddy geendet hatte.
»Mehr hab ich noch nicht, ich... weißt du, ich hab an Wincent denken müssen, wie hart das alles damals für ihn war, als er kein Licht mehr gesehen hat.. Wie sehr wir alle jemanden brauchen, der uns nimmt, wie wir sind. How you love me the way I am with all my complicated behaviors. How we made it through all the years. How important it is to have someone who just believes in you.«
Mark nickte langsam. »Volltreffer, würde ich sagen. Echt, das... mach das fertig, Paddy. Das bist einfach du wieder. Und ich bin sicher, dass du alle wegflashen würdest, würdest du es veröffentlichen.«
»Don't try me, Mark«, seufzte Paddy. Er wusste nicht einmal, ob er wirklich irgendwann wieder zurück in die Öffentlichkeit wollte. Abgesehen davon, dass er das Showbusiness gar nicht vermisste, Musik zu machen hatte er vermisst. Sehr.
»Echt jetzt, denk doch einfach drüber nach«, meinte Mark. »Jamila ist irgendwann alt genug, du musst nicht ununterbrochen zuhause hocken. Das erwarte ich doch auch gar nicht.«
»It's not even close to being ready«, wehrte sich Paddy. »I only have the chords, no matching sounds or anything else. Not even the final lyrics.«
»Ist ja auch nicht so, dass es bis morgen fertig sein muss, ne«, schmunzelte Mark. »Mach dir keinen Stress, Schatz. Ich mags jedenfalls sehr. Sehr, sehr. Wirklich. Das ist wieder du.«

»Was soll das denn heißen«, grinste Paddy und stieß Mark in die Seite. »Ich war immer ich.«
»Wenn du das sagst«, kicherte Mark. Paddy beugte sich vor, küsste Mark erneut und genoss, dass er einfach wieder zuhause war. Als Marks Magen in ihrem Kuss knurrte, musste Paddy loslachen.
»Come on«, forderte er Mark auf. »Ich hab Pizza besorgt, weil ich nicht genau wusste, wann du kommst.«
»Wann schreibst du den Song fertig?«, neckte Mark ihn auf dem Weg in die Küche. »Heute Nacht?« Er wusste schließlich selbst, wie es war, wenn ihnen eine Idee im Kopf herum schwebte und sie nicht mehr davon los kamen.
»Ganz bestimmt nicht heute Nacht«, erwiderte Paddy grinsend, denn schließlich würden sie Jamila am nächsten Tag wieder abholen. »But... well, maybe the next days. And I'll think about the rest, okay?«
»Reicht mir schon, dass du darüber nachdenkst«, meinte Mark, zog ihn erneut an sich und in den folgenden leidenschaftlichen Küssen vergaß Paddy beinah, dass sie eigentlich hatten essen wollen.

"Bauch Und Kopf"-OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt