Wie alles begann

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Alles schreckliche findet einen Anfang. Es ist der 7.4.2019, 3:18 Uhr. Ich liege wach auf dem Sofa, in unserem Wohnzimmer. Das Aquarium brummt vor sich hin. Meine Familie schläft, zumindest denke ich das. Wut und Enttäuschung braust sich in mir auf. Ich zittere an meinem ganzen Körper. Eigentlich habe ich morgen Schule, doch ich bin schon die ganze Woche "krank". Meine Schlafstörungen sind zum kotzen. Ich höre auf zu lesen, ich kann nicht mehr. Warum muss alles so beschissen sein? Ich bekomme so vieles von meinen Eltern, so viel Liebe und anderes. Ich habe den Zwang ihnen dies wieder zu geben. Ich habe eine starke Bindung zu meiner Mutter. Viele Freunde habe ich bzw. wir generell als Familie nicht. Warum nicht? Keine Ahnung.

Ich bin mir nicht sicher, ob meine Mutter mit mir verzweifelt ist, denn sie gibt mir so viele Medikamente zur Beruhigung. Aber ich glaube, sie macht das nur, um mir zu helfen. Doch von einer Besserung merke ich nichts, es sitzt in meinem Kopf, festgewachsen...

Wir wohnen in einem kleinen Dorf. Ich finde es hier wunderschön und bin froh, dass ich hier aufwachsen darf.
Doch vielleicht ist der Grund ein ganz anderer, weshalb ich mich so leer fühle...
In meinem Kopf schwirren dunkle Gedanken. Sehr dunkle. Ich stehe mit völliger Vorsicht auf und laufe zu unseren Medikamentenschrank in der Küche, dabei ziehe ich die Schmerztabletten heraus. Ich denke, vielleicht geht es mir dann ja besser, oder ich fühle nichts mehr und bin hier raus, aus der Selbstqual. Es tut mir so leid, Mama. Nein, ich nehme nicht eine... Ich nehme zehn solcher Tabletten. Auf der Rückseite steht, nicht mehr als eine nehmen bei Schmerzen. Doch mein Schmerz in mir ist zu groß für eine Tablette. Nach zehn Minuten wird mir sehr schwindelig, doch schlimm finde ich es nicht. Ich fühle nichts mehr. Plötzlich renne ich zur Toilette und übergebe mich mehrmals. In mir qualmt sich alles zusammen. Es ist ein schreckliches Gefühl. Es kommt nur weiße Brühe aus mir. Tränen kullern aus meinen Augen, wie ein tropfender Wasserhahn. Es ist so widerlich. Ich bekomme ein lautstarkes Herzklopfen, mein Kreislauf spielt völlig verrückt. Ein leiser Hilferuf kommt aus mir. Ich lege mich wieder auf das Sofa. Plötzlich kommt meine Mutter in das Wohnzimmer. "Was machst du hier?", fragt sie mich völlig verschlafen. "Mir ist schlecht, ich kann nicht schlafen. Ich habe nur gelesen und dann musste ich mich mehrmals übergeben...", das mit den Tabletten erzähle ich ihr noch nicht. Ich glaube, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Meine Mama umarmt mich mit voller Liebe. Ich kann es nur förmlich spüren, wie stark sie sich Sorgen macht. "Du bleibst diese Woche noch daheim, Okay? So kann es aber definitiv nicht weitergehen..", ich wende mich von dem Blick zum Boden auf, zu ihr. Ich antworte mit einem ausgepresstem "Okay." Mir kullern kalte Tränen über die Wangen. Die Tränen kratzen schmerzhaft in den Augen.

Nach einiger Zeit wurde ich stärker. Meine Mutter half mir mein Selbstbewusstsein einigermaßen aufzubauen. Doch das Blatt wendete sich wieder, in der zehnten Klasse. Die ganze vergangenen Jahre, habe ich mich durchgekämpft. Ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass ich stark und einfach durch das Leben gehen werden würde.
Doch es kommt nie so, wie man es sich vorstellt.

Der Anfang vom EndeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt