Gute und schlechte Nachrichten

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Glücklich kam ich von dem Gespräch mit dem Vermieter zu Nico nach Hause. Ich hatte die Wohnung bekommen. Das war einfach der Wahnsinn! Und ich konnte nächste Woche schon einziehen. Eine Woche drauf würde auch schon die Hurra die Welt geht unter Tour losgehen. Es passte also perfekt in den Zeitraum. Als ich die Tür zur Wohnung aufschloss, hörte ich, wie Nico gerade am Telefonieren war.
"...mittlerweile hätte ich ja schon gerne mal wieder mehr Zeit für mich. Also ich kann ja verstehen, dass das alles nicht so leicht gerade für ihn ist und er ja irgendwo unterkommen muss, aber...Du kennst ihn ja. Er kann auf Dauer manchmal ganz schön anstrengend werden."

Entschlossen trat ich etwas lauter in den Flur ein und das Gespräch verstummte. "Bis dann.", hörte ich ihn dann nur noch sagen. Oh man. Ich war so froh, endlich diese Wohnung bekommen zu haben. Jetzt wusste ich ja auch, dass Nico scheinbar keine Lust mehr auf mich hatte. Klar könnte ich auch mal wieder ein wenig Freiraum gebrauchen, aber dennoch verletzten mich seine Worte.
"Stör ich?", fragte ich also und Nico drehte sich nur erschrocken um.
"Hey! Sorry, das war nicht so gemeint... Du bist doch bestimmt auch froh, wenn du mal wieder in eigenen Vier Wänden wohnen kannst...", stammelte er etwas unbeholfen.
Ermutigend klopfte ich ihm auf die Schulter. "Ja, das bin ich. Und du hast Glück. Ab nächster Woche bist du mich los. Ich hab die Wohnung!"
"Das ist ja hammer."

Ich nickte nur. "Ich kann auch heute wo anders pennen. Habe ja eben heraushören können, dass der Herr keine Lust mehr auf mich hat.", sagte ich dann stichelnd und stieß ihm leicht mit dem Ellenbogen in die Seite. Er wollte gerade zum Sprechen ansetzen, aber ich ließ ihn verdutzt im Wohnzimmer stehen und ging in die Küche, um mir die Reste von Gestern aufzuwärmen. Wenig später gesellte sich Nico zu mir an den Tisch.
"Ich meinte das vorhin echt nicht böse.", sagte er dann leise und spielte an der Zigarettenschachtel herum, die auf dem Küchentisch lag.
"Schon gut.", murmelte ich während ich mein Essen kaute. Normalerweise hätte mich sowas auch nicht verletzt. Wir wussten alle ganz genau, dass wir uns gegenseitig auf den Sack gehen konnten. Das hatten wir auf Tour einander schon oft geäußert. Und war auch ab und an normal in einer Freundschaft. Nur waren da plötzlich diese komischen Gefühle, die sich in mir immer mehr und mehr breit machten. Das musste aufhören. Dieser blonde, dünne Typ, der trotz seines enormen Nikotinkonsums so unfassbar jung aussah, hatte es irgendwie die letzten Wochen geschafft, meine Welt komplett auf den Kopf zu stellen.

"Ich verstehe das.", setzte ich fort. Nico nickte nur lächelnd und fischte sich eine Kippe aus der Schachtel. Schmiss diese unachtsam wieder auf den Tisch und öffnete die Balkontür. Er stand im Türrahmen während er rauchte. "Ich hab dich lieb, das weißt du hoffentlich."
Oh man, da hatte aber jemand ein schlechtes Gewissen. Ich stellte meinen Teller in die Spülmaschine und trat ein paar Schritte auf ihn zu.
"Klar weiß ich das.", sagte ich dann sanft und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Wange. "Aber heute Nacht bist du mich trotzdem erstmal los."

So kam es tatsächlich zustande, dass ich die nächsten zwei Nächte bei Tarek auf dem Sofa verbrachte. Das war auch mal eine nette Abwechslung. Tarek konnte zwar nicht so gut kochen, aber ich fühlte mich dennoch wohl in seiner Bude.
Nur als ich abends alleine auf dem Sofa lag, kamen immer wieder Gedanken an Nico in mir hoch. Seine Berührungen. Seine Küsse. Das war doch alles verrückt. Sollte ich nicht lieber meiner Ex nachtrauern? Das würde sich auf jeden Fall richtiger anfühlen.

Deine Gefühle für ihn sind rein platonisch. Du willst nichts von ihm. Du bist gerade nur emotional verwirrt. Und außerdem stehst du nicht auf Männer. Zumindest bis jetzt.
Und so passierte es doch tatsächlich, dass ich in der Nacht davon träumte, wie sich unsere gemeinsame Nacht fortsetzte... Das erste mal seit meiner Jugend wachte ich mit einer eingesauten Hose auf. "Scheiße...", murmelte ich nur auf dem Weg ins Bad, um mich sauber zu machen. Was ist los mit dir verdammt?

Die nächste Woche kam schneller als gedacht und das war auch das erste mal, dass ich Natalie wieder sah. Wir hatten schon wegen des offiziellen Auszugs telefoniert und alles geplant. Es fühlte sich so fremd an ihre Stimme zu hören. Und ich hatte absolut keine Lust diese Wohnung zu betreten und auf sie zu treffen.
Netterweise hatte sie schon meinen gesamten Krempel in irgendwelche Kisten verstaut. Ein paar der laut ihrer Aussage "hässlichen" Möbel durfte ich dann auch mitnehmen. Was übrigens die Möbel waren, die aus meiner alten Wohnung stammten, bevor wir das erste mal zusammengezogen waren. Von daher blieb unser Kontakt eher kurz und wortkarg. Als ich sie sah, hatte ich auch gar nicht mehr das Gefühl, die Natalie zu sehen, in die ich mich verliebt hatte.

Meine Jungs hatten sich alle bereit erklärt mir beim Umzug zu helfen, worüber ich sehr dankbar war. Der Umzug selbst dauerte auch nicht allzu lange, da ich nun nicht sonderlich viele Möbel besaß. Ein Glück hatte Martin mir seine Couch da gelassen. So hatte ich zumindest erstmal einen Schlafplatz. Inzwischen war ich es ja schon gewohnt auf irgendwelchen Sofas zu schlafen. Wenn ich die Tour hinter mir hatte, würde ich mir auf jeden Fall direkt ein neues Bett kaufen. Das war Punkt 1 auf meiner To-Do Liste. Die kommenden Nächte würde ich ja auch größtenteils nur in den Kojen des Tourbusses verbringen, was auch nicht der gemütlichste Schlafplatz war...

Nachdem wir alle zusammen bei Pizza und Bier auf den Umzugskartons sitzend uns unterhielten und zusammen lachten, war ich doch froh, als ich das erste mal seit einem knappen Monat mal wieder ganz für mich zu sein.
Trotzdem machte sich so eine komische Leere in mir breit, nachdem sich alle Helfer verabschiedet hatten und ich mich auf die Couch zum Schlafen legte. Meine Gedanken wieder bei Nico. Fuck. Wie sollte ich bloß die Tour mit ihm überstehen?

Das nächste Kapitel wird wieder etwas spannender haha

Couchsurfing mit Folgen (Nico und Maxim K.I.Z) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt