"Vielleicht hätte ich doch Dads Rat annehmen und lieber Ärztin werden sollen", stöhnte Summer Langston verzweifelt auf, als sie sah, wie ihre Freundin Charlotte Graham mit zwei großen Tassen Kaffee in den Händen durch die deckenhohe Glastür und damit mitten in ihr Büro stolzierte. Ihr platzte gleich der Kopf und der heiße Muntermacher kam ihr gerade recht.
"Und was hättest du davon?", schmunzelte Charlotte belustigt, während sie die Tassen auf den einzig freien Platz stellte, den sie inmitten dieses Chaos finden konnte, das sich rund um Summer ausbreitete. Sie kannte Summers Fantasien und Träume schon zu genüge, um nicht nach dem Grund fragen zu müssen. "Das hatten wir doch alles schon. Deine Arbeitszeiten wären noch ungeregelter als hier, sogar länger, du würdest eine riesengroße Verantwortung für Menschenleben tragen, du hättest keinen privaten Kaffeeservice und ––"
"Wenigstens würde ich dort das Fünffache verdienen", unterbrach Summer Charlottes ausgeklügelte Aufführung aller Gründe, die gegen eine Karriere in der Medizinbranche sprachen. "Mindestens! Außerdem müsste ich mich dort nicht mit so einem arroganten und neunmalklugen Junior Chef rumschlagen, wie ich es hier tun muss, der denkt, dass ihm die gesamte Welt zu Füßen liegt. Der Typ ist doch von Beruf Sohn!" Genervt beugte sich Summer in ihrem Stuhl vor und schnappte sich gierig eine der beiden Tassen. "Wirklich", nuschelte sie, als sie an ihrem Kaffee nippte und den zweifelnden Blick ihrer Freundin bemerkte. "Kaum bin ich vier Tage fort, herrscht hier schon das totale Chaos und die Hölle tut sich auf." Summers Blick flog geradezu über die Ordner, Akten und vertraulichen Unterlagen, die quer verstreut, jedoch schon nach Datum sortiert, in ihrem Büro lagen und die sie in ihrer Aussage bestätigten.
Dieses Chaos war die Ausgeburt der Hölle. Sie wusste, dass es sie Unmengen von Überstunden und die ein oder andere Pause kosten würde, die gewohnte Ordnung in ihrem kleinen Büro wiederherzustellen, die Hannah Stover die Tage zuvor so gekonnt durcheinandergebracht hatte. Als hätte sie nicht schon genug Akten zu sortieren, E-Mails zu schreiben, Aufträge aufzusetzen, Telefonate zu führen, Kundenschreiben an den Mann zu bringen und zudem noch genug persönliche Probleme, um die sie sich kümmern musste – nein, jetzt musste sie das Chaos ihrer Vertretung beseitigen, die eigentlich dafür sorgen sollte, dass Summer Arbeit abgenommen wird, so dass sie sich ein paar Tage Pause gönnen konnte. Aber nein.
Auch, wenn Summer selbst wusste, dass es eine schlechte Idee war, ihrem neuen Chef zuzustimmen, als dieser meinte, dass Hannah Stover aus der Finanzabteilung ihren Platz einnehmen und sie somit vertreten könne, so konnte sie nur schlecht ablehnen. Auf der einen Seite brauchte sie die paar Tage Pause, um sich um ihren Vater zu kümmern, auf der anderen Seite wurde ihr allein bei dem Gedanken, ihrem neuen Chef zu widersprechen, übel. Also ließ sie ihr Schicksal stumm über sich ergehen, behielt ihre Zweifel für sich und nickte ergeben.
Seit Jonathan Black vor wenigen Monaten die Position seines Vaters Arthur Black, CEO von Black Industries, ein- und damit übernommen hatte, kamen ihr viele Dinge sinnlos vor, doch er war ihr Chef. Da konnte sie noch so oft innerlich über ihn abkotzen, es half alles nichts. Sie musste tun, was er ihr sagte und befahl. Es sei denn, sie wollte sich schon morgen auf der Straße sitzen sehen.
"Sieh das Ganze doch positiv", versuchte Charlotte Summer aufzumuntern, während sie mit einem gequälten Lächeln einen Stapel Unterlagen, der neben dem großen Schreibtisch stand, vom Boden aufhob und ihn auf den Beistelltisch neben dem schulterhohen Aquarium absetzte. "Überstunden bedeuten mehr Geld und mehr Geld bedeutet mehr Unterstützung für––"
"Ich weiß, was das bedeutet", entgegnet Summer gereizter als beabsichtigt. Sie wusste nur zu gut, warum sie das Geld brauchte und warum sie – immer noch – ihre Zeit in dieser Firma verbrachte. "Du brauchst mich nicht die ganze Zeit daran zu erinnern. Als ich gestern in das Flugzeug gestiegen bin, war ich heilfroh darüber, alles wieder hinter mir zu lassen. Von der einen Hölle in die andere."
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Beautiful Mistake
Romance. BEAUTIFUL MISTAKE » How far would you go for the person you love? « » Sie sollten eines nicht vergessen, Miss Langston: Sie sind hier, weil ich es so will! Ich bin immer noch Ihr Chef und Sie meine...