four - nobody said it was easy

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Das zaghafte Klopfen an der angelehnten Tür bemerkte Jonathan Black beinahe kaum, so vertieft war er in den Monolog, den er mit sich selbst führte. Innerlich verfluchte er sich selbst, dass er sich an dem gestrigen Abend erneut von Hannah überreden ließ. Sie wusste zwar durchaus, wie sie ihren Mund einzusetzen hatte, hatte aber keine Ahnung, wann sie den Bogen vollends überspannt hatte. So hatte er sie mitten in der Nacht in ein Taxi gesetzt und sich drauf und dran gemacht, endlich die längst überfällige Mail mit einer kläglich wirkenden Entschuldigung an seinen Vertragspartner zu schreiben, welche seit Mittag unberührt in seinen Entwürfen lag. Hätte Hannah auf ihn gehört, den Vertrag fristgerecht fertiggestellt und sich ihm dann nicht auch noch an den Hals geschmissen, so gäbe es jetzt keine Probleme und er könnte guten Gewissens genüsslich seinen morgendlichen Kaffee trinken und seinen Terminkalender für die nächsten zwei Wochen durchgehen. Stattdessen aber musste er besänftigende Mails schreiben und aufwühlende Telefonate führen, während ihm die Deadline im Nacken saß. Wie schon so oft in den letzten Wochen schüttelte er unwirsch den Kopf und fragte sich, wie er sich auf eine Frau wie Hannah Stover einlassen konnte. Dafür, dass er seinen Job scheinbar so ernst nahm, passte es überhaupt nicht in das Bild eines seriösen Geschäftsmanns, dass er sich so um den Finger wickeln ließ. Und dass er sich auch noch darauf einließ. Er hatte hart gearbeitet und wollte diese Firma an der Spitze sehen und seinem Vater damit beweisen, dass er es nicht bereuen sollte, seinem jüngsten Sohn die Zügel in die Hand gedrückt zu haben. Die besorgte Mail seines Vaters kam ihm dabei wieder in den Sinn. Natürlich hatte er Arthur Black am gestrigen Abend nicht mehr angerufen, geschweige denn besucht.

"Verdammt nochmal", fluchte er vor sich her, als sich Summer klammheimlich durch die angelehnte Tür drückte. "Verdammt", fluchte er erneut, dieses Mal eine Spur nachdrücklicher, ehe er entnervt von seinem Bildschirm aufblickte und direkt in ein paar blauer Augen sah. Summer Langston stand still, aber mit unbeeindruckter Miene neben dem großen braunen Ledersessel und dem Bild direkt neben der Tür, das seiner Meinung nach nicht zu dem restlichen Interieur des Büros passte – gedanklich machte er sich eine Notiz, die Sachen in den nächsten Tagen entfernen und durch etwas Passenderes ersetzen zu lassen. Vielleicht eine Vitrine. Oder vielleicht sollte er sich doch ein Aquarium zulegen, anscheinend soll solch ein Ding ja beruhigend wirken.

"Miss Langston", nickte Jonathan seiner Assistentin grummelnd zu.

"Guten Morgen", entgegnete Summer mit kratziger Stimme und räusperte sich. Sie sah ein wenig durch den Wind aus und Jonathan Black entging auch nicht der offene Parka, den sie trug und die schwarze Tasche, die ihr über die Schulter hing. "Ihr Kaffee." In den Händen hielt sie zwei dampfende Kaffeebecher, die sie bei ihren Worten leicht nach oben hob. Ungeschickt trat Summer einen Schritt auf Jonathans Schreibtisch vor, doch sie fing sich sofort wieder. Ihre Augen schlossen sich für einen kurzen Augenblick, und Jonathan hatte die Möglichkeit, sie für einen Sekundenbruchteil näher zu betrachten. Ihr sonst so perfekt geschminktes Gesicht wirkte blass, die Haare waren statt dem strengen Dutt locker nach oben gebunden und die Bluse, die sonst immer faltenfrei in dem knappen Bleistiftrock steckte, lug nun zerknittert heraus. Sie sah aus, als hätte sie sich die letzte Nacht um die Ohren geschlagen, stundenlang mit irgendwelchen Kerlen getanzt und ihre Augen wirkten so klein und glänzten, als hätte sie immer noch ordentlich einen sitzen. Summers Lider flackerten und ihr unsicherer Gesichtsausdruck wich einem kleinen, wenn auch gezwungenem Lächeln, das jedoch sofort erstarb, als seine Worte an ihr Ohr drangen.

"Stellen Sie ihn auf den Tisch", befahl Jonathan barsch. Seine Laune war dank der Vorkommnisse der vergangenen fünf Tage rapide auf den Nullpunkt gesunken und so wie es schien, sollte sie die nächsten Stunden auch nicht mehr steigen. Zufrieden war er erst, wenn dieser Vertrag endlich unter Dach und Fach war. Mit zusammengezogenen Augenbrauen beobachtete er Summer, wie sie den Kaffeebecher mit zitternden Fingern aus der Papphalterung nahm und ihn neben einen hohen Stapel Aufträge stellte.

Beautiful MistakeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt