two - men just wanna have fun

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Jonathan Black hätte vermutlich alles dafür getan, die Zeit um ein paar Tage zurückzudrehen. Mit dröhnendem Kopf saß er vor seinem Computerbildschirm und las die Zeilen der E-Mail, die ihm sein Vater vor wenigen Minuten geschickt hatte, immer und immer wieder. Die Buchstaben verschwommen bereits vor seinem Auge und er hätte am liebsten den Computer heruntergefahren und wäre in seine Wohnung gefahren – doch die Sorgen, die ihm sein Vater in der Mail offenbarte, hielten ihn davon ab. Er wusste, wie schwer es ihm gefallen ist, in den Ruhestand zu gehen und er konnte seinen Vater nur zu gut verstehen: sein ganzes Leben drehte sich nur um die Firma und die Karriere kam immer zuerst, an Kinderplanung hatte er erst mit Anfang 40 gedacht. In den letzten fünfzig Jahren hatte Arthur Black diese Firma aus dem Nichts erschaffen, aufgebaut, sie ausgeweitet und in andere Länder expandiert. Und nun sollte er sich nach und nach komplett aus dem Firmenleben ausklinken und seinem jüngsten Sohn das Ruder überlassen? Loslassen war noch nie eine von Arthur Blacks Stärken gewesen. In den letzten Wochen verging kaum ein Tag, an dem keine Mail von Arthur Black seinen Weg in das Postfach seines Sohnes oder in das seiner Assistentin fand.

Insgeheim fragte sich Jonathan, ob die Mails seines Vaters an seine Assistentin genauso persönlich waren wie die heutige an ihn, doch er verdrängte den Gedanken schnell wieder. Als Arthur Black vor einigen Monaten seinem Sohn den Schlüssel zu seinem Büro übergeben hatte, hatte er ihn nachdrücklich daran erinnert, dass Summer Langston von unschätzbarem Wert sei und es seine Aufgabe wäre, sie glücklich zu machen. Er verschwieg seinem Vater, dass sie beide wohl eine unterschiedliche Auffassung von glücklich machen hatten und nickte nur ergeben. Er wollte ihm keinen Anlass geben, sich Sorgen zu machen, auch wenn die Tatsache, dass Summer Langston nun zu seiner Assistentin wurde, Jonathan selbst schwer im Magen lag. Doch Jonathan hatte größere Probleme als eine junge Frau, die ihm täglich seinen Kaffee brachte und seinen Terminkalender organisierte. Auf ihm lastete durch die Übernahme der Firma eine unglaubliche Verantwortung, doch er war bereit, genauso viel für diese Firma zu geben und zu tun, wie sein Vater – wenn nicht sogar noch mehr.

Seine blauen Augen flogen erneut über die wenigen Zeilen, während sich sein Magen schmerzhaft zusammenkrampfte. Sein Vater war sein Vorbild, sein Idol. Bereits seit er ein kleiner Junge war, wollte er so werden wie sein Vater und seinen Lebenstraum weiterleben und weiterentwickeln. Er sollte stolz auf ihn sein und ihm blind vertrauen können, doch die E-Mail verriet ihm, dass sein Vater nicht genauso dachte. Einerseits betrübte ihn diese Einsicht, andererseits machte sie ihn wütend. Er hatte so hart gearbeitet, hatte sich die Nächte um die Ohren geschlagen, um seinen Abschluss zu schaffen und hatte auf Dinge verzichtet, die jeder andere normale Teenager genießen konnte. Er hatte die Chance auf eine Profisportlerkarriere aufgegeben, weil es bedeutet hätte, die Übernahme des Familienbetriebs um weitere zehn oder gar fünfzehn Jahre hinauszuzögern. Und jetzt teilte ihm sein Vater mit, dass er befürchtet, dass dies keine gute Idee war.

"Verdammt", knurrte er wütend, ehe er sich mit seiner rechten Hand durch die braunen Haare fuhr und sie in seinem Nacken ruhen ließ. Mit leerem Blick starrte er auf die große Glastür und wartete auf eine Art Erleuchtung. Auf eine Idee, wie er dafür sorgen konnte, dass sein Vater ihm vertraute. In den wenigen Monaten, in denen er nun in dieser Firma war, hatte er bereits wichtige Konzepte ausgehandelt und Verhandlungen geführt, die dafür sorgen könnten, dass die Realisierung des Sitzes in Russland, den sein Vater schon seit Jahren plante, in nur wenigen Wochen endlich Realität werden könnte. Das morgige Meeting stellt den wegweisenden Punkt in dieser Sache dar – weshalb alles perfekt verlaufen musste. Nein, sogar noch perfekter als nur perfekt. Doch selbst die Expansion in solch ein großes Land schien seinen Vater nicht zu besänftigen und dafür zu sorgen, dass er seine Sorgen unter den Tisch kehrte. Die Firma hatte keinen Einbruch erlitten, nur weil er seinem Sohn die Führung übergab. Jonathan würde sich sogar so weit aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass durch ihn der durchschnittliche Umsatz der letzten Wochen gestiegen ist und in Zukunft auch noch deutlich wachsen wird – dafür machte er sein Alter verantwortlich, denn während manche der Verträge und auch Aktionen seines Vaters altmodisch und festgefahren schienen, so brachte er frischen Wind in das Unternehmen und lockerte die festgefahrenen Strukturen, bezog neue Technik und die sozialen Medien in seinen Plan mit ein. Vielleicht war auch genau das der Grund, weshalb sein Vater sich solche Sorgen machte; der Mensch war schließlich ein Gewohnheitstier. Wieso sollte Arthur Black etwas in der Firma ändern, wenn bislang alles klappt, so wie es bisher gemacht wurde?

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