18 - Künstliches Koma

1.3K 57 61
                                    

Den ganzen Nachmittag fachsimpeln Carry und ich darüber, ob es die richtige Entscheidung war, Kadens Kuss abzulehnen oder nicht.

Auch Granny mischt sich zwischenzeitlich in unsere Diskussion ein, allerdings sind ihre voreingenommenen Kommentare nicht sehr hilfreich.

Dass sie Kaden bereits als meinen zukünftigen Ehemann betrachtet, ist mir spätestens jetzt bewusst.

Letztendlich kommen Carry und ich zu dem Entschluss, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Wenn ich mir nicht absolut sicher bin, Kaden küssen zu wollen, sollte ich es lieber lassen.

Neben diesem Entschluss habe ich dank Carry eine weitere Sache gelernt.

Ich vergleiche Kaden nicht mit Hutson. Ich habe bloß Angst davor, mich erneut in einem Menschen, der sich einen Platz in meinem Herzen erschlichen hat, zu täuschen.

„Danke, dass du da warst, Carry", bedanke ich mich mit einer Umarmung bei meiner besten Freundin.

Ohne sie wäre ich an diesem Nachmittag in den Fluten meines Gefühlschaos ertrunken.

„Kein Problem", winkt Carry lächelnd ab. „Für solche Notfälle gibt es ja beste Freundinnen."

Bei ihren Worten schwillt mein Herz an.

Es bedeutet mir unfassbar viel, dass unsere Freundschaft zu ihrer alten Stärke zurückfindet.

Nie wieder werde ich Carry so dermaßen hintergehen, wie ich es vor einigen Monaten getan habe. Sie ist einer der wenigen Menschen, der immer zu mir hält und mich unterstützt, wo er nur kann.

Carry ist die beste Freundin, die man sich wünschen kann!

„Jetzt muss ich aber echt los." Sie wirft einen nervösen Blick auf ihre Armbanduhr. „Ich möchte Ana ja schließlich nicht warten lassen."

„Schon klar", erwidere ich grinsend. „Hau ab und wickele Ana um deinen kleinen Finger. Oder um deinen Hintern. Der ist nämlich schöner als dein kleiner Finger."

Ein letztes Mal fallen wir uns in die Arme, bevor Carry mit schnellen Schritten in der Dunkelheit verschwindet – geradewegs in die Richtung des Italieners, bei dem sie sich mit ihrer Herzdame Ana trifft.

Ich drücke Carry ganz fest die Daumen, dass Ana die Frau für ihr Leben sein wird.

Carry hat es nämlich verdient, glücklich zu sein.

Begleitet von einem wehmütigen Seufzen schlendere ich ins Wohnzimmer zurück, wo Granny mit einer dampfenden Tasse Tee auf dem Sofa sitzt. Im Fernsehen läuft ein Weihnachtsfilm, in dem gerade gesungen wird.

Als ich noch kleiner war, mochte ich solche Filme, aber mittlerweile sind sie mir viel zu kitschig.

„Setz dich doch zu mir, Schätzchen", lächelt mich Granny liebevoll an, als sie mich im Türrahmen entdeckt. „Dann kann ich wenigstens mit jemandem über den grauenvollen Gesang lästern."

Unwillkürlich muss ich lachen.

Grannys Humor ist Weltklasse. Ohne es absichtlich zu versuchen, bringt sie mich verdammt oft zum Lachen.

Diese besondere Eigenschaft habe ich bereits an Mum geschätzt.

Auch wenn mich der Weihnachtsfilm nicht interessiert und ich die ersten Minuten verpasst habe, setze ich mich Granny zuliebe neben sie.

Lange schaffe ich es jedoch nicht, stumm den Film zu verfolgen, denn schon den ganzen Nachmittag brennen verschiedene Fragen auf meiner Zunge.

„Granny?", wende ich mich vorsichtig an sie.

Don't mess with a copWo Geschichten leben. Entdecke jetzt