Gemeinsam mit Kaden mische ich mich unter die Partygäste und klammere mich hilfesuchend an meinem Sektglas fest.
Neben den ganzen Frauen, die trotz der Kälte elegante Kleider oder Röcke tragen, komme ich mir etwas fehl am Platz vor. In meiner dicken Winterjacke leiste ich vermutlich eher einem Schneemann, statt einem Partygast Konkurrenz.
Hoffentlich bin ich Kaden nicht peinlich, immerhin bin ich die Einzige, die nicht in dieses schicke Gesamtbild passen möchte.
Das hier ist einfach nicht meine Welt.
„Nun schau doch nicht so leidend", stupst mich Kaden aufmunternd von der Seite an. „Das wird bestimmt ein lustiger Abend."
„Mhm." Alles andere als überzeugt starre ich in seine giftgrünen Augen. Nach langer Zeit finde ich dort mal wieder den Spott vor, dem ich auch an dem Tag meines Unfalls begegnet bin.
„Kann es sein, dass du ein totaler Partymuffel bist?" Kaden kneift mir belustigt in die Wangen. „Oder vermisst du etwa deinen Herd?"
Im Gegensatz zu ihm finde ich das gar nicht amüsant und schlage deshalb seine Hand wieder weg. Ich bin kein kleines Kind mehr, das man verarschen kann.
„Spar dir deinen Sarkasmus. Der steht dir nicht", murmele ich genervt. „Und falls du es wissen möchtest: Meine wilden Partyzeiten sind vorbei."
Dass sie nicht einmal richtig angefangen haben, muss Kaden ja nicht wissen.
Natürlich war ich das ein oder andere Mal mit Carry in einem Club feiern, aber sonderlich Spaß hat es mir nie gemacht. Viel lieber saß ich mit meiner Freundin unter Decken eingekuschelt auf dem Sofa und habe mir mit ihr ein Glas Rotwein genehmigt.
Um mich zu betrinken, muss ich nicht extra in einen Club gehen.
Außerdem nehmen Alkohol und Partys keinen wichtigen Stellenwert in meinem Leben ein. Da gibt es andere Sachen, die ich deutlich höher priorisieren würde.
Glücklicherweise kann Kaden nichts mehr auf meine Aussage erwidern, da in diesem Moment ein lautes Räuspern ertönt.
Mister Thompson steht in der Mitte des Gartens und hat sich ein Mikrofon geschnappt. Die bunten Scheinwerfer, die zuvor die Luftballons angestrahlt haben, sind nun auf ihn gerichtet.
Dass er seinen Auftritt im Mittelpunkt genießt, ist nicht zu übersehen.
Mit gestrafften Schultern, erhobenem Kinn und einem stolzen Lächeln säuselt er: „Schön, dass sie alle meiner Einladung gefolgt sind und heute Abend hier erschienen sind. Ich freue mich darauf, meinen Geburtstag gebührend mit ihnen ausklingen zu lassen."
Applaus und vereinzelte Pfiffe ertönen.
„Deshalb lasset uns die Gläser erheben und gemeinsam anstoßen!"
Im Einklang mit seinen Worten streckt Mister Thompson sein Sektglas in die Höhe, was ihm seine Gäste sofort gleichtun. Auch Kaden und ich heben unsere Gläser.
„Auf einen schönen Abend!"
Während sich die Menschen um mich herum gierig auf den Sekt stürzen, nippe ich erstmal vorsichtig an der grüngelblich schimmernden Flüssigkeit.
Sofort breitet sich ein prickelndes Gefühl in meinem Mund aus, welches meine Zunge betäubt.
Bestimmt ist dieser Sekt verdammt teuer und edel, aber schmecken tut er nicht.
Gott sei Dank wird Sekt nicht wie ein Shot heruntergekippt, sodass es nicht auffällt, wenn ich nur einen kleinen Schluck trinke. Den Rest werde ich aber unbemerkt verschütten müssen, ansonsten wiederholt sich das Drama in Mister Thompsons Vorgarten.
DU LIEST GERADE
Don't mess with a cop
Literatura FemininaEin normales Leben: Das ist es, was sich die 20-jährige Helin Wright wünscht. Leider machen ihr der Tod ihrer Eltern, ihr drogenabhängiger Bruder, ihre wütende beste Freundin und ihr toxischer Freund einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Volle...