5.

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Margaret

Ich atmete einmal tief ein und aus, dann schritt ich langsam und bedacht die Stufen zum Empfangssaal hinab, in dem er wartete. ER.

Mir stockte der Atem als ich ihn vor mir sah. Er wusste bestimmt, dass er gut aussah und mir war das auch bewusst, aber dass er so gut aussah hatte ich nicht bedacht.

Seine blonden Haare waren in eine zazzera gekämmt und seinen großen Hut zierte eine große Feder. Er trug eine weiße, schlichte Srumpfhose und einen roten, pelzbesetzten Tappert.

Eigentlich hielt ich nicht viel von der Mode des Adels, aber an ihm sah sie irgendwie gut aus.

Als er mich kommen sah, umspielte ein Lächeln seine Mundwinkel und ich bemerkte, dass er Grübchen hatte, wenn er lächelte. Er nahm sanft meine Hand und warf ihr einen schüchternen Kuss zu. Henry strengte sich wohl anscheinend ziemlich an, um meine Gunst zu gewinnen. Vielleicht war er gar nicht so übel?

"Ich konnte diesen Tag nicht erwarten und noch weniger werde ich den Tag unserer Hochzeit abwarten können, Miss..."

Da war es wieder, dieser Mann sollte wohl besser den Mund halten. Allein die Art wie selbstgefällig er "Miss" sagte, löste das undurchdringliche Bedürfnis aus, ihm vor die Füße zu spucken, aber ich sollte ja nichts dummes anstellen und ich denke ihm vor die Füße zu spucken wäre alles andere als schlau.

"Noch sind wir nicht einmal verlobt.", ich versuchte dabei nicht auf sein hämisches Grinsen zu achten.

"Nun wir sind daran es zu ändern.", er zwinkerte, aber es klang wie eine Drohung.

In diesem Moment ertönte unser Zeichen. Es war soweit, unsere Verlobung wurde also bereits bekannt gemacht. Nun hieß es wohl oder übel: Augen zu und durch.

Ich legte meine Hand in seine und schon wurden die großen Türen zum Ballsaal feierlich geöffnet. Alle Augen waren auf uns gerichtet. Bloß nicht stolpern, bloß nicht stolpern...

Die Musik begann zu spielen und wir beide gaben unser Bestes, aber schnell wurde uns klar, dass unser Gegenüber genau so wenig vom Tanzen verstand, wie man selbst. Irgendwie schafften wir es das Lied durchzuhalten und uns nicht auf die Füße zu trampeln. Als die Musik endlich vorbei war entfuhr mir ein erleichtertes Seufzen und ich merkte wie auch Henry sich die Schweißperlen von der Stirn rieb.

Eilig wurden wir von der Masse umringt und mit Glückwünschen überhäuft, so viele Leute, die ich nur vom Sehen - oder gar nicht kannte, aufeinmal taten alle, als würden sie mich schon ewig kennen. Ich war angewidert von der heuchlerischen Masse, aber noch angewiderter war ich von mir selbst, wie ich lächelte und höflich war und wie ich all den Heuchlern selbst Freundlichkeit vorheuchelte.

Während wir Zwei nun so dastanden und freundlich unsere Glückwünsche entgegen nahmen, spürte ich plötzlich Henrys Arm auf meiner Hüfte. Zuers wollte ich sie wegstoßen, aber richtig...wir waren ja jetzt verlobt und ich fing an mich selber noch ein bisschen mehr zu hassen. Mir blieb nichts anderes übrig, als es hinzunehmen und mich ein bisschen umzuschauen, da die Mehrzahl der Gratulanten sowieso den Kontakt zu meinem Verlobten preferierten.

Die Damen des Abends waren haupsächlich in blauen oder gelben Gewändern zu bestaunen, da hatte ich wohl Glück mit meinem grünen Kleid... Ich stach heraus, wie ein schwarzes Schaf, aber war ich das nicht? Ein schwarzes Schaf? Ich meine welches Mädchen hätte sich in meiner Situation nicht glücklich geschäzt und ich stand da, so gar nicht wie eine zukünftige Lady und machte ein Gesicht, als wäre mein Pferd gestorben und meine Eltern gleich mit...

Apropos Eltern...Wo war mein Vater? Ich hatte ihn den ganzen Tag noch nicht gesehen. Mein Blick schweifte wieder, ich hielt es für angebracht ihn suchen zu gehen, da mein Verlobter sehr gut ohne mich zurecht kam. So entfernte ich mich unbemerkt von der gackernden Traube um Henry und lief orientierungslos durch den Saal. Die Tanzfläche war nun voll und auch das Essen schien vielen zu schmecken, aber weder auf der Tanzfläche, noch an der Tafel schien mein Vater zu sein...

GreensleevesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt